Anderlecht gewinnt Krisen-Clasico: „Heute ging es um Einsatz und Mentalität“

<p>Mit einem Tor und einer Vorlage der „Man of the Match“: Anderlechts Francis Amuzu (links).</p>
Mit einem Tor und einer Vorlage der „Man of the Match“: Anderlechts Francis Amuzu (links). | Fotos: belga

Standard Lüttich gegen Anderlecht – schon beim Klang dieser Paarung kamen die Fußballfans in Belgien lange ins Schwärmen. Doch in dieser Saison flößen beide Teams niemandem so wirklich Respekt ein. Zu schlecht liest sich ihre Bilanz im Kalenderjahr 2021, in dem Anderlecht vor diesem Wochenende nur zwei von neun Ligaspielen gewann und Standard seit fünf Partien auf einen Sieg wartet.

Dementsprechend war ein Sieg im belgischen „Clasico“ für die „Rouches“ und die „Veilchen“ Pflicht. Und das hatten die Spieler auch verstanden. Es waren nicht einmal zwei Minuten gespielt, da sah Anderlechts Kemar Lawrence schon die erste Gelbe Karte – und war damit noch gut bedient. Zudem standen bereits nach zehn Minuten mehr Torchancen auf dem Zettel als beim unwürdigen Hinspiel im Herbst (0:0). Vincent Kompany durfte im Duell der angezählten Trainer mit Mbaye Leye dann als erster jubeln: Francis Amuzu profitierte von einem kollektiven Blackout der Lütticher Defensive, um mit seinem zweiten Saisontor das 1:0 zu erzielen (23.). Endlich nochmal ein Tor aus dem Spiel heraus, wird sich Kompany gedacht haben, dessen Mannschaft zuletzt nur sechs Mal in neun Partien getroffen hatte – die Hälfte davon per Elfmeter.

Kampf ja, spielerische Klasse eher nein

Die Hausherren, bis dahin eigentlich die feldüberlegene Mannschaft, reagierten mit einem Schuss von Mehdi Carcela, den Wellenreuther aber abwehren konnte. Die Führung verlieh den Anderlechtern aber Flügel, die Kontrolle über das Geschehen wechselte die Seite. Dennoch gehört auch zur Wahrheit, dass bei aller Mentalität auf beiden Seiten das spielerische Niveau eher bescheiden blieb.

Zu Beginn der zweiten Hälfte unterlief Anderlecht fast derselbe Fehler wie den Lüttichern beim 0:1: Wellenreuther zögerte damit, den Ball aus dem Sechszehner zu dreschen, Joao Klauss hielt seinen Fuß dazwischen und sorgte beinahe für den Ausgleich. Seinen Fuß setzte auch Nicolas Gavory ein, der bei Anderlechts voll auf den Knöchel ging. Der zweite Gastspieler, der um einen Platzverweis herumkam.

<p>Während Vincent Kompany (rechts) wieder fester im Trainerstuhl sitzt, muss Mbaye Leye mehr denn je um seinen Job bangen.</p>
Während Vincent Kompany (rechts) wieder fester im Trainerstuhl sitzt, muss Mbaye Leye mehr denn je um seinen Job bangen.

Ein wenig Glück hatte der Rekordmeister auch in der 71. Minute: Über Umwege kam ein Freistoß zu Lawrence, der vielleicht gar nicht mehr auf dem Platz hätte stehen dürfen und aus 25 Metern abfeuerte. Der Ball flog abgefälscht ins Netz, 2:0 für die Gäste. Einen dritten Standard-Gegentreffer verhinderte Keeper Arnaud Bodart vorerst. Stattdessen brachte Selim Amallah mit dem schönsten Tor des Tages, einem Schlenzer in den Winkel, die Lütticher noch einmal heran. Es folgten weitere Hochkaräter auf beiden Seiten, doch das letzte Wort sprach Joker Mohammed Dauda, der per Konter auf 3:1 stellte. Der Auswärtssieg Anderlechts war definitiv – und Kompanys Trainerstuhl wieder um einiges fester geschraubt. „Heute ging es um Einsatz und Mentalität. Und das habe ich auf dem Platz gesehen, ich bin glücklich mit dieser Leistung“, freute sich der ehemalige Rote Teufel, auch wenn er zugibt, dass ihn die Chancenverwertung bei weitem nicht zufriedenstellte.

Die Luft für Mbaye Leye dürfte in Sclessin derweil immer dünner werden. „Die Niederlage schmerzt sehr. Zumal wir zu Beginn des Spiels alles in der eigenen Hand hatten. Das war gegen Zulte Waregem genau so...“, versucht, ein konsternierter Leye den Punkteverlust zu erklären: „Es fehlen einige Dinge. Ich glaube, dass das Material, das uns zur Verfügung steht, nicht reicht, um unsere Ziele zu erreichen.“ Der Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Geschäftsführung könnte nicht deutlicher sein.

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