Rechtsruck in Italien beschäftigt auch ostbelgische Politik

<p>Der EVP-Vorsitzende Manfred Weber (Bild) hatte Wahlkampf für Forza Italia von Berlusconi gemacht. Deshalb baten die Jusos Weber-Parteifreund Pascal Arimont um eine Stellungnahme.</p>
Der EVP-Vorsitzende Manfred Weber (Bild) hatte Wahlkampf für Forza Italia von Berlusconi gemacht. Deshalb baten die Jusos Weber-Parteifreund Pascal Arimont um eine Stellungnahme. | Foto: belga

„Wie positioniert sich die CSP zur EVP-Spitze?“, fragen die Jungen Sozialdemokraten und Sozialisten in Ostbelgien (Jusos) in einer Pressemitteilung. Im Heute-Journal vom 26. September werde der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, in einem Atemzug mit anderen Berlusconi-Gratulanten wie Viktor Orban, die Polen und die AfD genannt. „Die Jusos Ostbelgien vermissen hierzu derzeit ein Statement des hiesigen EU-Abgeordneten und der CSP im Allgemeinen“, schreiben sie. In einem Wahlvideo stelle sich der Parteivorsitzende der EVP, der Christlich-Sozialen, Manfred Weber gemeinsam „mit den für Korruption und Steuerhinterziehung verurteilten Silvio Berlusconi vor die Kamera, um eine Wahlempfehlung abzugeben. Als wäre die Schmach nicht groß genug, den Putin-Versteher Berlusconi vor der Wahl zu unterstützen, obschon Forza Italia eine postfaschistische Partei an die Macht verhilft, stellt sich der Parteivorsitzende der EVP nach der Wahl vor das Rednerpult des EU-Parlaments, um zu seiner Wahlwerbung zu stehen“, so die Jusos.

Das Wählervotum in Italien zu akzeptieren, gehöre zu den demokratischen Regeln. „Darum geht’s nicht. Aber welche Werte vertritt die EVP, wenn ihr Vorsitzender den radikalen Rechtsruck in Italien unterstützt und sogar öffentlich bewirbt? Wo bleibt die Brandmauer gegen Rechts und gegen den Faschismus? Ist es nicht beschämend für alle gemäßigten Christdemokraten zu sehen, wie ihr Vorsitzender auf europäischer Ebene in einem Atemzug mit anderen Gratulanten wie Viktor Orban, die Polen und die AfD genannt wird?“

Welche Position nehme Arimont und welche Position nehme die CSP ein. Schließlich gehöre Arimont zur EVP-Fraktion, und die CSP sei Mitglied der EVP. „Distanziert man sich von den Aussagen und Handlungen des eigenen Parteivorsitzenden, mit dem man sich in der Vergangenheit gerne ablichten ließ? Oder schweigt man. Die Unterstützung von Rattenfängern in Italien sollte man nicht verschweigen. Es reicht auch nicht, die Beruhigungspille in Ostbelgien zu verteilen und in Brüssel zu schweigen. Schweigen wäre in dem Fall befürworten“, stellen die Jusos Ostbelgien fest.

Der EU-Abgeordnete Pascal Arimont reagierte am Dienstagabend: „Erst einmal muss man das Ergebnis der demokratischen Wahlen in Italien akzeptieren. Das heißt aber nicht, dass ich mich über das Ergebnis dieser Wahlen freue. Ganz im Gegenteil, denn die Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten wird leiden, wie die Beispiele Polen und Ungarn zeigen. Das Ergebnis dieser Wahl ist ein erneutes Warnzeichen, das zeigt, dass die Populisten und Extremisten es in einigen Mitgliedstaaten mit ihren einfachen Parolen besser als die staatstragenden Parteien verstehen, einen beachtlichen Teil der Wählerschaft hinter sich zu bringen. Und eine Zusammenarbeit mit einer rechtsextremen Partei ist etwas, was ich absolut nicht befürworte“, schreibt Arimont.

„Denn diese Parteien bringen nur neuen Hass und weitere Polarisierung in die Politik und damit auch in den Alltag der Menschen. An konkreten Lösungen komplexer Probleme sind sie nicht interessiert. Das ist jedenfalls die Erfahrung, die ich mit den Mitgliedern der ID-Fraktion (Fraktion rechtsextremer Parteien wie AfD und Lega Nord) im Europäischen Parlament tagtäglich mache. Rechts- oder auch linksextremes Gedankengut funktioniert immer in Schwarz-Weiß-Kategorien. Das Leben oder die Gesellschaft in all ihrer Komplexität funktioniert aber nicht in diesen Kategorien. Demnach kann Politik auch nicht so funktionieren.“ In Bezug auf die Forza Italia habe er diese im Parlament immer als eine eindeutig proeuropäische Kraft erlebt. „Ich hätte mir gewünscht, dass Forza Italia dieses Bündnis nicht anstrebt, weder vor der Wahl noch jetzt nach der Wahl. Wenn es nun dazu kommen sollte, dass eine Regierung unter Beteiligung der Forza Italia einen antieuropäischen Kurs fährt oder eine Putin-freundliche Politik vertritt, ist das für mich nicht akzeptabel“, sagt Arimont. Weiter führt er fort: „Übrigens haben die italienischen Sozialisten auch mit der Lega von Salvini, die im EU-Parlament in der rechtsextremen ID-Fraktion sitzt, die vorherige Regierung unter Mario Draghi unterstützt. Vielleicht noch wichtiger ist aber zu verstehen, warum Menschen in Italien oder anderswo extreme Thesen oder Programme wählen. Sie tun das u.a., weil sie zum Ausdruck bringen möchten, dass ihre jeweilige persönliche Situation, ihr Berufsstand oder ihre Vorstellung eines einfachen und guten Lebens nicht genügend berücksichtigt wird. Diese Frage beschäftigt mich sehr und sollte uns alle beschäftigen. Aber die Antwort darauf ist oder kann auch nicht schwarz-weiß sein“, so Pascal Arimont. (red/sc)

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