Ukraine-Krieg schwebt auch über Karlspreis-Verleihung

<p>Blick in den Krönungssaal des Aachener Rathauses bei der Verleihung des Karlspreises an den damaligen EU-Chefdiplomaten Solana im Jahr 2007.</p>
Blick in den Krönungssaal des Aachener Rathauses bei der Verleihung des Karlspreises an den damaligen EU-Chefdiplomaten Solana im Jahr 2007. | Archivfoto: Rolf Vennenbernd/dpa

Wenn am Himmelfahrtstag in Aachen der Internationale Karlspreis verliehen wird, ist das bisher auch ein Volksfest gewesen - mit Musik, Essen und Trinken vor dem historischen Rathaus.

Doch dieses Jahr geht es ernster zu. Und das hängt mit den Preisträgerinnen und dem Krieg in der Ukraine zusammen. Mit dem Preis werden drei Frauen aus Belarus ausgezeichnet, die dem autoritären Machthaber Alexander Lukaschenko die Stirn bieten. Swetlana Tichanowskaja und Veronika Zepkalo leben im Exil und kommen nach Aachen. Die Dritte im Bunde, Maria Kolesnikowa, sitzt in Belarus im Gefängnis. Stattdessen reist ihre Schwester Tatjana Chomitsch an. Mit dem Karlspreis werden die Frauen gewürdigt für ihren mutigen Einsatz gegen brutale staatliche Willkür, Folter und Unterdrückung durch das autoritäre Regime in Belarus. Die Laudatio hält die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne).

Als Ende 2021 die Namen der Preisträgerinnen verkündet wurden, gab es noch keinen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Doch der Krieg im Nachbarland von Belarus (Weißrussland) prägt die Verleihung. „Es ist kein üblicher Karlspreis“, sagte der Vorsitzende des Karlspreisdirektoriums Jürgen Linden, als er das Programm vorstellte. Nach der Zeremonie im Rathaus ist eine politische Kundgebung mit Reden geplant. Sprechen werden unter anderem die Preisträgerinnen und Außenministerin Baerbock.

Vor allem an Menschen verliehen, die in Amt und Würden sind.

Seit dem Jahr 1950 wird der Karlspreis vor allem an Menschen verliehen, die in Amt und Würden sind. Angela Merkel, Papst Franziskus, Emmanuel Macron, Bill Clinton und Tony Blair gehören dazu. Anders bei den Preisträgerinnen dieses Jahres: Zwei der Bürgerrechtlerinnen leben im Exil. Die Dritte, Maria Kolesnikowa, sitzt im Gefängnis. Sie wurde 2021 in einem international kritisierten Prozess zu elf Jahren Straflager verurteilt. Die immer wieder gezeigten Gesten der drei Frauen sind Faust, Victory-Zeichen und Herz. Linden sagte, hinter der Preisvergabe stehe auch die Vorstellung, dass der osteuropäische Raum mit Belarus, Ukraine, Georgien oder Moldawien Teil Europas sei. Der Vorschlag einer Gruppe von Europaabgeordneten, einen Sonder-Karlspreis an den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und an das ukrainische Volk zu verleihen, sei intensiv diskutiert worden, auch zwischen dem Karlspreisdirektorium und der Ukraine. „Aber die Beteiligten sind übereinstimmend der Auffassung, dass die Ukraine im Moment materielle Unterstützung der Europäer verlangt und dass eine symbolische Ehrung durch den Karlspreis ein Thema für die Zeit nach dem Kriegsende ist“, meinte der Vorsitzende des Gremiums. (dpa/sc)

Kommentare

Kommentar verfassen

0 Comment