Ecolo räumt wegen Tauschbörse Fehler ein, fühlt sich aber vorgeführt

<p>„Farde wechsel dich“ ist Tauschportal für ausrangiertes Schulmaterial.</p>
„Farde wechsel dich“ ist Tauschportal für ausrangiertes Schulmaterial. | Foto: privat

Der Gemeinschaftsabgeordnete Charles Servaty (SP) hatte am letzten Montag Bildungsministerin Lydia Klinkenberg zu der Ecolo-Aktion befragt und darauf hingewiesen, dass laut gesetzlichen Bestimmungen „parteipolitische Werbung oder Propaganda“ in den Schulen verboten sei. Auch wenn die Absicht der Aktion „löblich“ sei, verstoße das von Ecolo initiierte Vorhaben offenbar dagegen, meinte Charles Servaty.

Bildungsministerin Lydia Klinkenberg erklärte in ihrer Antwort, der Fall sei tatsächlich „juristisch klar“: Auch wenn weder ein Logo noch ein Parteiname auf dem entsprechenden Plakat zu sehen seien, habe es einen politischen Charakter. Zudem sei die Partei Ecolo im Begleitschreiben zu der Aktion erkennbar. Sie habe Ecolo bereits im Dezember darauf hingewiesen, doch nun habe die Aktion dennoch stattgefunden. Auch sie finde die Aktion sinnvoll, doch gelte im Unterrichtswesen nun einmal das Neutralitätsprinzip.

Der Ecolo-Abgeordnete Andreas Jerusalem steht hinter der Aktion und reagierte bei der Plenarsitzung am Montag sichtlich enttäuscht und verärgert, unter anderem weil man nicht das Gespräch mit ihm gesucht habe und die Aktion „jetzt in einer solchen Form“ behandele. Er kündigte an, die Aktion einzustellen, wenn es sein muss.

Inzwischen hat Ecolo ebenfalls mit einer Pressemitteilung reagiert, in der man zu den Vorwürfen Stellung bezieht: „Farde wechsel dich“ sei ein solidarisches Tauschportal für ausrangiertes Schulmaterial, heißt es darin: „Kinder und Jugendliche, die sich kein neues Material leisten können, finden in den Tauschregalen Stifte, Hefte, Ordner usw., die andere nicht mehr brauchen, aber noch absolut in Ordnung sind. Da vor allem in den Schulen solches Material aussortiert wird, haben wir uns an diese gewandt. Politisch motiviert war das beileibe nicht. Wir möchten nachdrücklich betonen, dass die Aktion von uns nie als ‘grüne Werbekampagne’ gedacht war, sondern als Reaktion auf einen realen Bedarf von vielen Kindern und Jugendlichen in den Schulen. Trotz guter Absichten haben wir dabei aber offenbar Fehler gemacht, für die wir uns in aller Form entschuldigen“, so Ecolo.

„Die Neutralität der Schulen ist für uns ein hohes Gut und wir haben nach Rücksprache mit der Ministerin gedacht, alles getan zu haben, um diese zu gewährleisten. So haben wir zum Beispiel bewusst darauf verzichtet, Parteinamen und/oder -Logo auf Plakate oder Flyer zu drucken.“ Als dann am Montagabend während der Sitzung im Parlament klar geworden sei, dass das nicht ausreiche, „haben wir uns umgehend aus der Aktion zurückgezogen“, erklären die Grünen in ihrer Stellungnahme.

„Wir waren im Fehler und wir sind bereit, daraus die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Trotzdem bleibt für uns nach der Fragestunde ein bitterer Beigeschmack. Warum haben uns weder Fragesteller Charles Servaty, noch Ministerin Klinkenberg direkt angesprochen? Der kurze Dienstweg, auf den wir hier in Ostbelgien zurecht stolz sind, funktioniert doch sonst auch. Ein Gespräch hätte die Möglichkeit geboten, die Aktion kurzerhand anzupassen.“

Letztes Jahr habe „Farde wechsel dich“ reibungslos stattgefunden und keiner der Redner im Parlament habe die Aktion an sich infrage gestellt. „Die Art und Weise, wie Mehrheit und Regierung diese Angelegenheit angesprochen und gehandhabt haben, wirft aus unserer Sicht die Frage auf, ob es hier wirklich um die Sache ging - oder ob man eine gute Aktion geopfert hat, um die Opposition im Parlament vorzuführen. Wir wollen nicht, dass ‘Farde wechsel dich’, das von allen Seiten als sinnvoll und nützlich anerkannt wurde, für unsere Fehler bezahlt, deshalb würden wir uns freuen, wenn der Rückzug von Ecolo nicht das Ende des Projekts bedeutet.“

Statt des Schulmaterials soll das Projekt selbst den Besitzer wechseln.

Das bedeutet: Statt des Schulmaterials soll nun das Projekt selbst den Besitzer wechseln. „Wenn also ein Verein oder eine andere Organisation ‘Farde wechsel dich’ adoptieren möchte, stellen wir gerne sämtliches Material, Kontakte und Erfahrungen zur Verfügung. Das würde auch den enormen Einsatz der vielen, nicht politisch engagierten Freiwilligen aus allen Gemeinden würdigen, die die einzelnen Tauschregale betreuen.“

„Farde“ ist eine in Ostbelgien gebräuchliche Bezeichnung, die vom französischen Wort „farde“ für Aktenordner übernommen worden ist.

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