Mordprozess Lenaerts: Angeklagte des Mordes schuldig gesprochen

<p>Kathrin Hilpert und Christian Karkuth wurden am Dienstag schuldig gesprochen.</p>
Kathrin Hilpert und Christian Karkuth wurden am Dienstag schuldig gesprochen. | Foto: David Hagemann

Die langjährige Freundin des Opfers und ihr Sohn sind seit dem 14. September angeklagt, vorsätzlich, mit Tötungsabsicht und mit Vorbedacht, was durch das Gesetz als Mord bezeichnet wird, Joseph Lenaerts aus dem Leben gerissen zu haben. Die Leiche des 54-Jährigen war am 3. Februar 2018 in seiner Wohnung in der Eupener Bergstraße in einem fortgeschrittenen Zustand der Verwesung aufgefunden worden war. Die Autopsie des gebürtigen Kelmisers hatte ergeben, dass „Juppi“, wie ihn sein Freundeskreis nannte, mit einer Axt getötet worden war. Zwölf Hiebe im Kopf-, Nacken- und Schulterbereich hatten ihn das Leben gekostet. Die Gerichtsmediziner stellten ein schweres Schädeltrauma mit Hirnzerstörung fest.

Über 49.000 Euro von den Konten des Opfers abgezweigt.

Im Gegensatz zu Kathrin Hilpert nutzte Christian Karkuth am Dienstagmorgen die Gelegenheit, ein letztes Mal das Wort zu ergreifen: „Ich stelle mir seit zweieinhalb Jahren die Frage, warum ich überhaupt die Tat begangen habe. Selbst ich finde keine Antwort auf diese Frage.“

Nach dieser Stellungnahme schloss der Vorsitzende des Assisenhofes, Philippe Gorlé, die Verhandlung. Die zwölf Geschworenen zogen sich mit den Berufsrichtern zurück. Die vier stellvertretenden Jurymitglieder spielten keine Rolle mehr und treten nur noch dann in Erscheinung, wenn einem Geschworenen etwas zustoßen sollte. Die Beratung fand unter der Aufsicht von Polizeibeamten im Beratungszimmer im Eupener Gerichtsgebäude statt. Den entsprechenden Befehl zur Einsperrung händigte Gerichtsrat Philippe Gorlé dem zuständigen Polizeibeamten aus. Für den Magistraten ist es der 70. Assisenprozess in seiner langen Karriere.

Die Geschworenen mussten dann hinter verschlossenen Türen sieben Fragen beantworten. Dabei ging es vor allem um die Qualifizierung der Tat. Waren die Angeklagten Täter, Mittäter oder Komplize? Und: Haben sie mit Vorbedacht gehandelt, als Joseph Lenaerts in der Nacht vom 8. auf den 9. Januar 2019 getötet wurde? Für Kathrin Hilpert geht es zusätzlich noch um die Anklage wegen Computerbetrugs, da sie von den Konten des Mordopfers mindestens 49.000 Euro abgezweigt hatte.

Die Geschworenen bekommen bei der Beratung eine Kopie der Akte, doch sie dürfen nur dem Rechnung tragen, was mündlich gesagt wurde. „Sie können einen Angeklagten nur verurteilen, wenn Ihrer Meinung nach aus den in diesem Raum vorgelegten Beweisen hervorgeht, dass seine Schuld über jeden Zweifel hinaus erwiesen und begründet ist“, so Gorlé in seiner Ansprache vor dem Beginn der Beratungen.

Durch den Eid haben sich die Geschworenen verpflichtet, die Anschuldigung mit größtmöglicher Sorgfalt zu prüfen. „Bis jetzt hatten Sie eine eher passive Rolle, die jetzt aktiv wird“, erläuterte der Vorsitzendes des Assisenhofes vor dem Rückzug ins Beratungszimmer. Bei der Beantwortung des Fragebogens und der Begründung wurde die Jury von den drei Berufsrichtern (Philippe Gorlé, Cathèrine Brocal und Nathalie Corman) beraten. Die Magistraten hatten am Dienstag kein Stimmrecht. Alle sieben Fragen beantwortete die Jury in einer geheimen Abstimmung mit „Ja“.

Den Entscheid begründete der Vorsitzende Richter kurz nach 14 Uhr. Die beiden Angeklagten wurden schuldig gesprochen, vorsätzlich, mit Tötungsabsicht und mit Vorbedacht den Lkw-Fahrer getötet zu haben, der durch verschiedene Erbschaften ein Vermögen von 160.000 Euro verwaltete, auf das es die Angeklagte abgesehen hatte.

Die sechsfache Mutter wollte mit ihren Kindern einen Neuanfang auf einem Bauernhof in Ostdeutschland wagen. Und das ohne ihren langjährigen Partner, mit dem sie insgesamt acht Jahre zusammen war. Der Vorsitzende Richter skizzierte noch einmal kurz die Lebenswege der Angeklagten und ging noch einmal genauer auf die Tatzeitperiode ein. Ab Oktober 2017 hatte sie sich um Beruhigungsmittel bemüht. Im November 2017 habe sie Kontakt zu Karkuth aufgenommen, um ihn wieder in die Familie zu integrieren. Am 30. Dezember erwarb sie in einem Eupener Baumarkt eine Axt. Dieser Kauf habe in Verbindung mit dem Gedanken gestanden, Joseph Lenaerts zu ermorden: nicht, um ihn zu erschlagen, aber um die Leiche zu zerstückeln.

Ihren Sohn habe sie überredet, die Leiche verschwinden zu lassen. Schon Anfang Januar habe sie ihn darauf hingewiesen, dass Versuche, ihn mit Medikamente umzubringen, gescheitert seien. In der Mordnacht führten zwölf Axtschläge zum Tod, nachdem Schlafmittel verabreicht worden waren. Mit Falschaussagen führte sie in der Folgezeit verschiedene Menschen in die Irre bezüglich des Gesundheitszustandes und des Aufenthalts ihres Lebensgefährten. Am 3. Februar wurde seine Leiche aufgefunden, was die Ermittlungen ins Rollen brachte. Karkuth gab zu, die tödlichen Axthiebe versetzt zu haben.

Aus all den Elementen, so Philippe Gorlé, habe die Jury geschlussfolgert, dass Karkuth als Täter gehandelt hat, weil er den Tötungsakt verübt hat. Die Angeklagte Hilpert habe ihn dazu angestiftet. Sie hat ihn, mit der Absicht Joseph Lenaerts zu töten, nach Belgien geholt. Dadurch sei sie Mittäterin und durch die Beschaffung der Tatwaffe auch Komplizin. Die Tötungsabsicht ist durch die Hiebe in Kopf-, Nacken- und Schulterbereich belegt. Dass die Tatwaffe gekauft und sich mehrere Tage vorher abgesprochen wurde, spreche für den Vorbedacht. Außerdem hatten sie sich um eine Schusswaffe bemüht und sich bezüglich tödlicher Medikamente und giftiger Pflanzen im Internet informiert, erläuterte er den Schuldspruch.

Heute entscheiden die Geschworenen in Sachen Strafmaß.

Am Mittwoch wird über das Strafmaß entschieden. Wie Philippe Gorlé betonte, ist der Spielraum bei der Strafbemessung groß. „Das Strafgesetzbuch sieht für Mord die lebenslange Einschließung vor. Es ist aber durchaus möglich, dass eine mildere Strafe verhängt wird. Wenn der Assisenhof mildernde Umstände anerkennt, dann kann die Strafe herabgesetzt werden. Das Minimum wäre dann drei Jahre Gefängnis“, hatte Generalstaatsanwalt Frédéric Renier vor Prozessbeginn erläutert.

Nach erneuter Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und der Verteidigung ab 9 Uhr wird die Beratung über das Strafmaß beginnen. In dieser zweiten Phase sind die Berufsrichter gleichermaßen stimmberechtigt.

Kommentare

Kommentar verfassen

0 Comment