„Das kleinere Übel“: DG-Minister verteidigt Maskenpflicht an Schulen

<p>Masken werden ab dem 1. September zur Schulausrüstung dazu gehören.</p>
Masken werden ab dem 1. September zur Schulausrüstung dazu gehören. | Illustrationsbild: dpa

Kurz nach der Bekanntgabe der Einführung einer weitgehenden Maskenpflicht in allen Sekundarschulen des Landes gab es mächtig Kritik. In den sozialen Medien beklagen Eltern lauthals, dass es für die Schüler eine Zumutung sei, in der Schule die ganze Zeit einen Mund-Nasen-Schutz tragen zu müssen. Auch die Politik macht mobil. So hat unter anderem die Vivant-Fraktion den Unterrichtsminister der DG, Harald Mollers (ProDG), öffentlich dazu aufgefordert, „jeglichen Maskenzwang an den Sekundarschulen der DG“ unverzüglich aufzuheben.

Der „Bitte“ wird Harald Mollers aber nicht nachkommen. Das macht der Bildungsminister in einer schriftlichen Stellungnahme deutlich. „Wir dürfen uns nicht aufgrund der derzeit geringen Fallzahlen in Ostbelgien in Sicherheit wähnen. Präventiv handeln heißt: Handeln, bevor es zu weiteren Ansteckungen, beispielsweise durch asymptomatische Infizierte, kommt“, erklärt der Minister in seinem Rundschreiben und gibt zu verstehen, dass er sich von Vivant eine verantwortungsvollere Herangehensweise gewünscht hätte. „Was die DG braucht, ist seriöse Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit für sinnvolle und notwendige Präventionsmaßnahmen und nicht das Aufgreifen von Stimmungen und ‚gefühlten Wahrheiten‘ durch Parlamentarier.“

Dass es nicht angenehm ist, stundenlang eine Maske zu tragen, könnte der ProDG-Politiker derweil bestens nachvollziehen. „Dennoch denke ich, dass es das kleinere Übel ist, wenn wir einer erneuten Verbreitung des Virus zuvorkommen wollen.“

<p>Hat sich für die Maskenpflicht stark gemacht: DG-Minister Harald Mollers (ProDG).</p>
Hat sich für die Maskenpflicht stark gemacht: DG-Minister Harald Mollers (ProDG). | Foto: David Hagemann

Mollers weist in seinem Kommuniqué auch noch einmal darauf hin, dass durch die Ausweitung der Maskenpflicht erreicht werden konnte, dass ab dem 1. September der Unterricht an fünf Tagen pro Woche über die Bühne gehen kann, statt der zu Beginn angepeilten vier Tage. Und das sei extrem wichtig. Denn es sollte nicht vergessen werden, dass zahlreiche Sekundarschüler seit dem 16. März 2020 keinen Präsenzunterricht mehr gehabt hätten. „Viele Kinder haben unter dieser Isolation sehr gelitten. Wenn wir langfristige Folgen in der Entwicklung der Kinder vermeiden wollen, muss das Recht auf Bildung und die Rückkehr der Kinder in die Schulen oberste Priorität haben“, unterstreicht Mollers.

Auch wenn das Tragen von Masken in den Sekundarschulen eine wichtige Präventionsmaßnahme sei, brauche es noch weitere Schutzvorkehrungen, um dem Virus zu wenig Angriffsfläche wie nur möglich zu bieten. Deshalb würden in den hiesigen Bildungsstätten auch weiterhin die wichtigen Grundprinzipien gelten, die da wären: die (Hand-)Hygiene, das Einhalten des Sicherheitsabstands von 1,5 Metern, das Einhalten der Kontaktblasen sowie das regelmäßige Lüften der Räumlichkeiten. (red/calü)

Hintergrund: Harald Mollers vertraut auf die Wissenschaft

Die Behauptungen über den Nutzen von Masken gehen weit auseinander. Kaum ein Thema wird aktuell in der Gesellschaft heftiger diskutiert. Auch deshalb hat Harald Mollers in seinem Kommuniqué einige wissenschaftliche Erkenntnisse angefügt, die die Maskenpflicht in den Sekundarschulen zusätzlich untermauern:

- Verschiedene Studien belegen, dass die Maske zum Eindämmen der Pandemie beiträgt. Zu diesem Ergebnis kamen u.a. auch Wissenschaftler von vier Universitäten, darunter Prof. Dr. Klaus Wälde, Volkswirt an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), nachdem sie die Entwicklung der Covid-19-Fallzahlen in Jena mit der Entwicklung in ähnlichen Städten verglichen hatten. In Jena war die Maskenpflicht bereits am 6. April 2020 eingeführt worden, wesentlich früher als in allen anderen Landkreisen und kreisfreien Städten Deutschlands. Daraufhin war die Zahl der registrierten Infektionen in Jena nur noch schwach gestiegen.

- Das Tragen einer Maske verlangsamt die Infektionsdynamik. Das belegt eine von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Auftrag gegebene Meta-Analyse. Laut der aktuellen Studie senke ein Mund-Nase-Schutz das Infektionsrisiko um 85 Prozent. Ohne Mund-Nase-Schutz betrug das absolute Infektionsrisiko in den Studien 17,4 Prozent, mit Maske fiel es auf 3,1 Prozent.

- Die frühe Empfehlung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes war maßgeblich daran beteiligt, dass die Zahl derCOVID-19-Erkrankungen in China schneller zurückging als in den meisten westlichen Ländern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Gruppe von Forschern in den Proceedings of the National Academy of Sciences.

- Mehrere Studien haben unabhängig voneinander ergeben,dass jüngere Kinder unter zwölf Jahren keine große Rolle bei der Weitergabe des Virus spielen. Kinder ab zwölf Jahren und insbesondere Erwachsene jedoch umso mehr. Eine Studie der Uni Heidelberg belegt beispielsweise, dass sich Kinder wohl seltener mit dem Coronavirus anstecken als ihre Eltern.

Kommentare

  • „Mollers wies in seinem Kommuniqué auch noch einmal darauf hin, dass durch die Ausweitung der Maskenpflicht erreicht werden konnte, dass ab dem 1. September der Unterricht an fünf Tagen pro Woche über die Bühne gehen kann, statt der zu Beginn angepeilten vier Tage. Und das sei extrem wichtig.“
    Diesen Satz musste ich mehrere Male lesen, um letztendlich das Groteske darin umfänglich zu erfassen. Also Herr Mollers will sagen, dass er vor der Wahl stand, entweder „Mittwochs kein Präsenzunterricht“ oder „Maskenpflicht an fünf Tagen“. Wo in aller Welt haben Experten und Wissenschaftler denn diese Alternativen auf Gleichwertigkeit hin untersucht? Im Grunde werden zwei völlig aus der Luft gegriffene „Schutzmaßnahmen“, deren Nutzen mehr als zweifelhaft und wohl im Wesentlichen nur von den Befürwortern „gefühlt“ wird, gegeneinander aufgewogen, um dann das kleinere Übel zu wählen.

    Sogar die Autoren einer Studie zur Schutzwirkung der Alltagsmaske - laut deren Meinung die Einzige dieser Art - begnügen sich mit dem Konjunktiv, wenn sie schlussfolgern: „Eine frühe Einführung der Maskenpflicht dürfte in den jeweiligen Kreisen zu einer Verlangsamung der Covid-19 Entwicklung beigetragen haben, das zeigt eine neue Studie aus Deutschland.“ ((https://www.oekonomenstimme.org/artikel/2020/06/maskenpflicht-und-ihre-w...).

    Auf die Gefahr des Vorwurfs hin, mich zu wiederholen, empfehle ich jedem, insbesondere Herrn Mollers, die Infektionszahlen von Deutschland (seit über drei Monaten Maskenpflicht in Geschäften und ÖPV) und den Niederlanden (keine Maskenpflicht in Geschäften, aber in ÖPV) zu vergleichen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Die kumulierten Infektionszahlen stiegen von Mitte Mai bis Mitte Juli in Deutschland um 15,2% und in den Niederlanden um 16,7%.

    Letztendlich haben unsere Politiker und Experten offenkundig vor nichts mehr Angst, als vor dem eventuellen Vorwurf, in Anbetracht der „gefühlten“ Bedrohung NICHT GEHANDELT zu haben. Ein besseres Anschauungsbeispiel für panischen Aktionismus auf Kosten der Bevölkerung, in diesem Falle insbesondere auf Kosten der Schüler, Studenten und Lehrer, kann ich mir im Moment nicht vorstellen.

  • Jetzt würde mich interessieren wie hoch die "Die kumulierten Infektionszahlen" die uns der allwissende Herr G. Schmitz hier präsentiert wären ohne Maskenpflicht. Doch bestimmt nicht bei NULL

Kommentar verfassen

2 Comments