Sonnengruß mit Seelenklau? Orthodoxe Christen machen gegen Yoga Front

<p>Eine Frau macht Yoga auf einer Wiese.</p>
Eine Frau macht Yoga auf einer Wiese. | Foto: Monika Skolimowska/dpa

Yoga macht die Gelenke flexibler, stärkt die Muskeln und lässt den Atem freier fließen. Viele Menschen machen regelmäßig Yoga. Doch kann hinter der Praxis auch etwas ganz anderes stecken? Die orthodoxen Kirchen Griechenlands und des griechischen Teils Zyperns haben ihre Gläubigen im Juni davor gewarnt, Yoga zu praktizieren. In Malaysia hatten muslimische Religionsgelehrte Yoga vor Jahren auch schon einmal zur Glaubensfrage erklärt und Muslimen die Praxis verboten.

Kaum waren die Corona-Ausgehbeschränkungen gelockert, tauchten Yoga-Gruppen in Parks oder an Stränden auf: An der frischen Luft praktizierten sie den Sonnengruß (Surya Namaskar), Posen wie Krieger (Virabhadrasana), Kobra (Bhujangasana) oder Kopfstand (Shirshasana). In Griechenland hat das die Kirche auf den Plan gerufen. „Yoga ist mit dem Glauben orthodoxer Christen absolut unvereinbar und hat im Leben von Christen nichts zu suchen“, beschied die Synode Anfang Juni. Ähnlich äußerte sich die Synode im griechischen Teil Zyperns kurz darauf. Was ist da los?

Einer, der die Beweggründe aber erklären kann, ist der aus Hessen stammende Priester Stefanos Athanasiou. Er ist Lehrbeauftragter für Orthodoxes Christentum an der Universität Fribourg in der Schweiz. „Die Synoden betrachten Yoga als spirituell gefährlich, weil man damit nicht erreicht, was man in der christlichen Orthodoxie erreichen will“, sagt er. Im Gebet strebten die Gläubigen nach der Öffnung des Herzens zu Gott und den Mitmenschen, beim Yoga gehe es dagegen darum, in sich selbst hineinzugehen.

Der Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland sieht das anders. „Die Meinung, Yoga sei etwas Asketisches, Weltabgewandtes oder Religiös-Hindustisches ist eigentlich kaum noch verbreitet“, sagt Sprecherin Jessica Fink. Der Verband sagt „DER Yoga“, weil das Wort in der altindischen Gelehrtensprache Sanskrit maskulin ist.

„Natürlich geht es beim Yoga erstmal darum, dass man nach innen schaut und sich selbst reflektiert. Aber die Erkenntnis, die man daraus gewinnt, soll man dann in die Gesellschaft hinaustragen“, sagt Fink. „Wir stehen für einen Yoga, der offen für Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen und der Welt zugewandt ist.“

Spirituelle Veränderungen

Yoga als Sport? Für Athanasiou funktioniert das nicht. „Yoga hat einen religiösen Anhauch, es ist eine Gebetspraxis“, sagt er. „Yoga transportiert die Intention, in sich hinein zu gehen. Das kann gefährlich werden, weil spirituelle Veränderungen stattfinden können, die mit dem Glauben der Orthodoxen Kirche nicht vereinbar sind.“ Athanasiou betont, die orthodoxe Kirche verurteile die hinduistische Gebetspraxis nicht. Vielmehr gehe es um die spirituelle Fürsorge der eigenen Gläubigen. „Wer das spirituelle Ziel der orthodoxen Kirche anstrebt, der lässt lieber die Finger weg von Yoga.“

Dagegen sagt Fink, es sei eine Minderheit, die Yoga aus spirituellem Interesse praktiziere. Kritiker aus der Kirchenecke empfänden Yoga vielleicht als Konkurrenz, wenn Menschen dabei mehr Spiritualität fänden als in ihrer Religionsgemeinschaft.

Die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) differenziert. „Es kommt immer auf die Zielsetzung des Yoga-Angebots an“, sagt Diplompsychologe Michael Utsch, wissenschaftlicher Referent der EZW. „Zur Entspannung und verbesserten Körperwahrnehmung sind solche Verfahren aus christlicher Sicht sicher nützlich.“ Aber es gebe eine Zunahme an spirituellen Angeboten, bei denen über Körperübungen ideologische Inhalte transportiert werden sollen. Das müsse transparent gemacht werden.

Auch die Erzdiözese München und Freising versucht, bei Angeboten klar zu unterschieden, wie der katholische Diplomtheologe Axel Seegers sagt, dort zuständig für Weltanschauungsfragen. Langjährige Erfahrungen zeigten den Wert etwa von Yoga „im Hinblick auf die Suche heutiger Menschen nach Wegen zu innerer Ruhe und psychischem Gleichgewicht mit dem Ziel, den oft hektischen Lebensalltag besser bewältigen zu können“, heißt es in den Rahmen-Regelungen der Erzdiözese. Es komme bei fernöstlichen Bewegungs- und Meditationsformen auf die Interpretation an: Wichtig sei, das Erlebte aus der Sicht des christlichen Glaubens an Gott zu interpretieren. (dpa)

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