Grüne Welle in der Schweiz

<p>Regula Rytz, Präsidentin der Grünen Partei.</p>
Regula Rytz, Präsidentin der Grünen Partei. | Foto: dpa

Mit dem Thema Klimawandel in aller Munde haben die Schweizer Grünen bei der Parlamentswahl am Sonntag selbst die kühnsten Vorhersagen übertroffen. Nach einer ersten Hochrechnung überholten sie mit fast 13 Prozent eine der vier Regierungsparteien in der Wählergunst. Sollten sich die Hochrechnungen bestätigen, würden die Grünen viertstärkste Kraft.

Zusammen mit den Grünliberalen, die Umweltschutz mit liberaler Wirtschaftspolitik verbinden, kämen die Grünen nach der Hochrechnung sogar auf gut 20 Prozent und würden zweitstärkste Kraft. Allerdings liegen die Parteien außer beim Umweltschutz in ihren Positionen weit auseinander.

Dennoch dürfte sich der grüne Erdrutsch zunächst nicht in der Regierung niederschlagen: Nach Schweizer Gewohnheit wird eine Partei erst nach zwei Wahlen mit starkem Wählerzuwachs in die Regierung aufgenommen. So war es bei der rechtskonservativen SVP: sie bekam 2003 erst einen zusätzlichen Sitz in der Regierung, nachdem sie ihren Wähleranteil bei zwei Wahlen auf 26,7 Prozent fast verdoppelt hatte.

Die Grünen-Vorsitzende Regula Rytz ließ sich in ersten Interviews nicht darauf ein, ob sie einen grünen Bundesratssitz fordern will. Der Wählerwille müsse sich aber niederschlagen. Sie verlangte einen Klimagipfel mit Parteien und Klima-Forschern, um schnell konkrete Maßnahmen zur Begrenzung der Klimaerwärmung auf den Weg zu bringen.

Die SVP, die von der AfD als großes Vorbild bezeichnet wird, war am Sonntag der große Verlierer. Die Partei, die gegen Migration und eine weitere Annäherung der Schweiz an die Europäische Union ist, büßte voraussichtlich drei Prozentpunkte ein, bleibt aber stärkste Partei, mit voraussichtlich gut 26 Prozent.

Das Land mit rund 8,4 Millionen Einwohnern wird seit Jahrzehnten von den vier größten Parteien mit klarer Mitte-Rechts-Mehrheit regiert. Diese Parteien stellen sieben Bundesräte, die die Ministerien unter sich aufteilen. Sie suche bei allen Politikgeschäften über die Parteigrenzen hinweg Kompromisse.

Im Kanton Genf steuerten die Grünen auf einen Wähleranteil von 20 Prozent zu und könnten dort stärkste Partei werden. Im konservativen Kanton Glarus rund 70 Kilometer südöstlich von Zürich schaffte ein grüner Politiker eine kleine Sensation. Mathias Zopfi stieß den amtierenden SVP-Vertreter in der kleineren Parlamentskammer, dem Ständerat, vom Sockel und gewann dessen Sitz. In Zürich waren die Grünen nach Hochrechnungen mit plus 4,4 Prozentpunkten und die Grünliberalen mit plus 6,8 Prozentpunkten erfolgreich.

Die Sitzverteilung in der großen Kammer, dem Nationalrat, stand noch nicht fest. Das Ergebnis deutete darauf hin, dass die beiden konservativsten Parteien dort ihre hauchdünne absolute Mehrheit verlieren. Die Fraktion der SVP und gleichgesinnter Parteien und die FDP hatten im alten Parlament 101 der 200 Sitze. Den Hochrechnungen zufolge könnten die Grünen im Nationalrat auf 15 Sitze kommen. Im Ständerat werden mehrere der 46 Sitze erst durch Stichwahl im November entschieden.

Wahlberechtigt waren knapp 5,4 Millionen Bürger. Die Wahlbeteiligung lag aber zuletzt unter 50 Prozent. Politologen erklären das damit, dass die Schweizer mindestens vier mal im Jahr bei Volksabstimmungen ihre Meinung sagen können. (dpa)

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