„Wereldkampioen“ und Volksheld: Max Verstappen lässt die Niederlande träumen

<p>Löste nationale Begeisterung aus: Formel-1-Weltmeister Max Verstappen</p>
Löste nationale Begeisterung aus: Formel-1-Weltmeister Max Verstappen | Foto: isopix

Das kleine Königreich der Niederlande lag am Sonntagabend ganz weit weg von Abu Dhabi - in jeder Hinsicht. Die Kontroversen um Max Verstappens WM-Triumph hatten hier keinen Platz, ein ganzes Land huldigte seinem neuen Volkshelden, selbst die Königliche Familie machte mit. Willem-Alexander, Maxima und auch die drei Töchter haben die Formel 1 „mit Spannung verfolgt“, ließ die Krone mitteilen: „So, wie die ganzen Niederlande.“

„Historischer Tag für den niederländischen Sport“, so der Premier.

Und das war ja nicht mal übertrieben. Sechs Millionen Landsleute sahen Verstappens entscheidendes Überholmanöver gegen Rekordweltmeister Lewis Hamilton, und kaum jemand sah etwas anderes: Der Marktanteil lag bei 87 Prozent. Was in Deutschland einst der Hype um Michael Schumacher war, wird im Nachbarland gerade wiederaufgeführt – dieses Mal in Orange statt Ferrari-Rot.

Für Verstappen und Red Bull begannen die Feierlichkeiten in Abu Dhabi erst spät am Abend, Hamiltons Mercedes-Team hatte Protest eingelegt gegen den entscheidenden Sieg. Die Stewards wiesen das ab, beigelegt war der Streit damit nicht. In Verstappens Heimat war das allerdings weitgehend bedeutungslos.

Einen „historischen Tag für den niederländischen Sport“ sah Premierminister Mark Rutte, und dieser kam keineswegs aus dem Nichts. Schon lange hatte man auf diesen Moment gewartet. Seit Verstappen vor zehn Jahren begann, die internationalen Kart-Serien zu dominieren, wurde er als künftiger Superstar gehandelt.

Nach dem Einstieg in die Formel 1 als 17-Jähriger wuchs die Fangemeinde rasant, die „Orange Army“ reist mit ihm rund um die Welt, Ähnliches hatte es tatsächlich nur zu Schumachers Zeiten gegeben. Am Sonntag nun erfüllte der 24-Jährige die Prophezeiungen, der Sohn des früheren Grand-Prix-Piloten Jos Verstappen ist erster Formel-1-Weltmeister der Niederlande. Und damit gleich auch einer der größten Sportler in der Geschichte des Landes.

Auf einem Level mit Joop Zoetemelk und Richard Krajicek

„Dieser Titel“, schrieb die Tageszeitung „NRC“, „gehört in dieselbe Kategorie wie der EM-Sieg der Fußball-Nationalmannschaft 1988, wie Richard Krajiceks Triumph in Wimbledon 1996 und Joop Zoetemelks Sieg bei der Tour de France 1980.“

Doch große Leistungen wecken große Erwartungen. Und nun, da die sieben Jahre andauernde Titelserie von Mercedes gebrochen ist, soll Verstappen eine Ära prägen. Der „Telegraaf“ widmete dem neuen „Wereldkampioen“ eine Spezialbeilage. „SuperMax“ habe die Formel 1 „seit seiner Ankunft auf den Kopf gestellt“, war darin zu lesen: „Nun ist er Weltmeister - es muss der Auftakt sein für weitere Erfolge.“

Max Verstappen: Wilhelmus statt Brabançonne

Wenn Max Verstappen nach einem Formel-1-Rennen auf dem obersten Treppchen steht, dann könnte statt des Wilhelmus, der niederländischen Nationalhymne, durchaus auch die Brabançonne erklingen, denn der hochtalentierte Rennfahrer hatte bis zu seinem 18. Geburtstag sowohl die belgische wie die niederländische Nationalhymne.

Max Verstappen wurde am 30. September 1997 in Hasselt als Sohn eines Rennfahrerehepaars geboren: des Niederländers Jos Verstappen und der Belgierin Sophie Kumpen.

Verstappen wuchs in Maaseik auf und machte seine erste motorsportliche Schritte auf dem Kartingcircuit in Genk. In dieser Kategorie wurde er auch mehrmals belgischer Meister.

Als er als 17-Jähriger seine ersten „Gehversuche“ in der Formel 1 machte, besaß er also noch beide Nationalitäten, doch sein Herz schlug bereits für die Niederlande: Auf seinem Rennoverall prangte eine niederländische Flagge. Mit dem Eintritt in die Großjährigkeit entschied sich Verstappen dann endgültig für Oranje, ohne seine belgischen Wurzeln zu vergessen: „Ich denke ab und an an meine Zeit in Belgien zurück. Ich werde von beiden Seiten unterstützt und habe Freunde und Familie auf beiden Seiten.“

Mercedes muss bis Donnerstag über Berufung entscheiden

Das Mercedes-Team von Formel-1-Rekordweltmeister Lewis Hamilton muss bis Donnerstagabend entscheiden, ob es formal gegen den abgewiesenen Protest vom Saisonfinale in Abu Dhabi im Berufung geht. Dies bestätigte ein Sprecher am Montag.

Red-Bull-Pilot Max Verstappen ist gemäß des endgültigen Rennergebnisses, das in Abu Dhabi am Montag um 0.05 Uhr Ortszeit verschickt wurde, offiziell Weltmeister - allerdings unter Vorbehalt.

Erst wenn Mercedes die am späten Donnerstagabend (MEZ) ablaufende Frist verstreichen lässt oder offiziell seinen Verzicht auf weitere rechtliche Schritte erklärt, ist dem Niederländer der Titel nicht mehr zu nehmen. Ansonsten wird der Fall vor dem Berufungsgericht der FIA in Paris verhandelt.

Eigentlich soll der neue Weltmeister bei der FIA-Gala am Donnerstagabend in der französischen Hauptstadt seinen WM-Pokal erhalten.

Verstappen hatte Mercedes-Star Hamilton am Sonntag in der letzten Runde des Großen Preises von Abu Dhabi überholt und sich damit im Duell der zuvor punktgleichen WM-Anwärter seinen ersten Titel geholt. Vorausgegangen war eine umstrittene Entscheidung der Rennleitung zuungunsten Hamiltons, gegen die Mercedes am Sonntag zunächst erfolglos protestierte. (sid/jph)

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