Haus, Hof und Garten wachsen

Während ein Bürger vor zehn Jahren nur 255 Quadratmeter für Haus/Wohnung, Garten, Hof und Garage/Carport „benötigte“, sind es in der Zwischenzeit 305 Quadratmeter. Hierzu tragen vor allem zwei Faktoren bei: Im Erhebungszeitraum kannte die demografische Entwicklung in der Wallonie ein Plus von fünfzehn Prozent, vielfach bedingt durch „Zuwachs“ aus Flandern und Brüssel, von wo viele Bürger einen Zweitwohnsitz in den fünf wallonischen Provinzen unterhalten.

Einzig in einem Fünftel der Gemeinden spürbar

Zugleich stieg die verfügbare Bau- und Wohnfläche um ungeahnte fünfzig Prozent, vor allem „angeschoben“ durch den regen Anstieg im Segment Residenzen, die auf geringer Grundfläche ein Höchstmaß an Lebens- und Wohnraum konzentrieren, ferner eine gestiegene Zahl an Parzellierungen. Zwei Trends, die in dieser Zeit ebenfalls in gestiegenem Maße in Ostbelgien zu beobachten sind.

Dennoch kann der ebenso beachtliche wie beständige Anstieg der individuellen „Verbrauchs“fläche nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Entwicklung von Region zu Region stark variiert. Denn von diesem Boom profitieren letztlich nur Bürger in 53 der 262 Gemeinden (inklusive Ostbelgien), heißt: genau ein Fünftel.

Keinen Nutzen aus dem Trend ziehen dagegen vor allem die Gemeinden im Süden der Provinz Luxemburg und in weiten Teilen der Provinzen Hennegau und Namur, wo die Landflucht weiter anhält. In den Ardennen, wie gesagt, auch durch den gestiegenen „Zugriff“ während der Pandemie auf möglichst alle (noch) verfügbaren Häuser durch eine betuchte auswärtige Klientel.



Hintergrund

Eigenbedarf auf „lokalem“ Markt

Zur Steigerung des Bau- und Wohngrunds im südlichen Landesteil haben besonders auch vier Eifeler Gemeinden beigetragen, die im Erhebungszeitraum ein Plus zwischen zwanzig und dreißig Prozent an „Eigenbedarf“ für Haus, Hof und Garten verzeichneten. Eine Quote, die ansonsten in der Wallonie nur noch zwei Gemeinden erreichen: La-Roche-en-Ardenne und Saint-Hubert. Ähnlich hoch war der individuell beanspruchte Geländezuwachs nur noch in Burg-Reuland (108,96 Quadratkilometer Fläche), Amel (125,15), St.Vith (146,93) und Büllingen (150,48), wo allein mit Blick auf die Gesamtfläche deutlich mehr (Bau)grund zur Verfügung steht als vielfach anderswo. Und wo die zum (Eigen)bau genutzten Parzellen in der Tat seit langen Jahren sichtbar „aus dem Rahmen fallen“ und die Bauherren deutlich mehr „Platz“ beanspruchen als anderswo in Ostbelgien. Eine Entwicklung, die erst seit kurzem zumindest gebremst scheint. Ob sich der Trend fortsetzt, bleibt abzuwarten. Wichtiger ist vor allem, dass überhaupt Baugrund zur Verfügung steht. Bei steigender Nachfrage mancherorts nach wie vor das größte Problem auf dem „lokalen“ Markt.

Nachfrage

„Besessenheit“ leicht abgeflaut

In der Zwischenzeit ist ein wenig Ruhe auf dem Ardenner Immobilienmarkt eingekehrt. Endlich, mag mancher sagen. Der Grund ist ein einfacher: In manchen besonders stark gefragten Regionen ist schlichtweg alles „abgegrast“, gibt es nichts mehr zu veräußern. Zumindest nichts mit einer passablen Attraktivität.

Jedenfalls ist die „Besessenheit“ (wie es eine erfahrene Maklerin zuletzt nannte) zwischenzeitlich abgeflaut, „pilgern“ die potenziellen Kunden aus dem „Norden“, sprich: Flandern und Niederlande, nicht mehr Woche für Woche in die Ardennen, um - nach eigenen vorherigen Recherchen im Internet - reihenweise interessante Objekte zu begutachten. Wenn überhaupt… In den Monaten zwischen dem ersten und zweiten Lockdown, also zwischen Juni und Oktober letzten Jahres, bemühten sich manche Interessenten erst gar um einen Ortstermin, sondern kauften das anvisierte Objekt quasi blind, also einzig auf Basis der Informationen im Web und des Austauschs mit dem Makler.

Die Folge: Anwesen unterschiedlichster Größe und Substanz, die im Laufe der Zeit zu „Ladenhütern“ zu verkommen drohten, gingen teils mit Übergeboten „über den Ladentisch“. Nach dem Motto: Wer zuerst kommt und auch noch ordentlich zahlt…

Während einerseits in exponierten Gemeinden (etwa im Landstrich von La-Roche-en-Ardenne bis Durbuy) das verfügbare Angebot in der Zwischenzeit veräußert ist, wird andererseits in bisher weniger frequentierten Gemeinden plötzlich der Markt befeuert. So gibt es nach dem Sommer bei den meisten Maklern unerwartet „Nachschub“.

Nachdem manche Eigentümer vor Jahresfrist noch eher zögerlich auf die ungebremste Nachfrage reagiert hatten, konnten sie nun nicht mehr widerstehen. Denn die allseits explodierten Preise waren letztlich eine zu große Versuchung - und so entschieden sie sich zum Verkauf ihres meist älteren Anwesens. Wodurch die Agenturen in den Ardennen in den Wintermonaten einen neuerlichen „Rush“ auf Zweitresidenzen erwarten, für die die Kundschaft nach (oder in) der Pandemie gerne ungewohnt tief in die Tasche greift.

Ardennen

„Preise, von denen vor zwei Jahren keiner zu träumen wagte“

Wohl dem, der aktuell in den Ardennen ein Haus „in der Hinterhand hat“, heißt: ein Anwesen, das er selbst nicht zwingend bewohnen muss, von daher also veräußern kann. Denn genau dort, wo die Immobilienpreise über Jahre dem wallonischen Schnitt hinterherhinkten, geht das Preisgefüge seit kurzem buchstäblich „durch die Decke“.

Gefragt sind besonders so genannte Chalets, also keine übergroßen Anwesen, teils aus Holz, in ländlichem Umfeld. „Die Nachfrage nach Chalets reißt einfach nicht ab“, so die Erkenntnis von Céline Frippiat von der angesehenen Agentur BIA mit Sitz in La-Roche-en-Ardenne. „Wo vor der Pandemie 120.000 € auf dem Preisschild standen, werden heute leicht und locker 175.000 € gefragt - und gezahlt.“ Eine Steigerung von ungeahnten 46 Prozent.

Etwas weniger groß ist die Nachfrage nach Bauernhäusern („style fermette“), wo der Preisanstieg denn auch weniger auffällig ist, „da die neuen Eigentümer vielfach noch Geld für Umbau und Renovierung in die Hand nehmen müssen“, so die Fachfrau. Im Gegenzug werden für ein älteres, aber bereits renoviertes Anwesen bis zu 350.000 € gezahlt. „Ohne Zweifel ein stolzer Preis, von dem vor zwei Jahren hier keiner auch nur zu träumen wagte.“

Sofern das Anwesen aber zu groß ist (und auch noch über Ländereien verfügt), klopfen verstärkt professionelle Tourismusbetreiber an - meist mit der Absicht, ein weiteres „gite“ zu schaffen. Was aber in manchen Orten aufgrund der unschönen „Nebenwirkungen“ auf Widerstand stößt.

Weshalb solche Gehöfte auch wieder für lokale Interessenten reizvoll werden könnten. Sofern sie denn den in den vergangenen Monaten merklich gestiegenen preislichen Erwartungen überhaupt nachkommen können. „Da reicht das Budget dann bestenfalls für den Ankauf, die notwendige Renovierung muss vornehmlich durch Eigenleistung über mehrere Jahre gestreckt werden“, weiß Céline Frippiat.

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