Jamaika oder Neuanfang: Was wird aus Laschet?

<p>Armin Laschets Zukunft an der CDU-Spitze bleibt offen.</p>
Armin Laschets Zukunft an der CDU-Spitze bleibt offen. | Foto: Michael Kappeler/dpa

Peinlicher Realitätsverweigerer, klarer Wahlverlierer, wer sagt Armin Laschet, dass es vorbei ist? Am Tag zwei nach dem historischen Unionsdesaster bei der Bundestagswahl ist die Kommentarlage für den CDU-Chef katastrophal. Selbst in der eigenen Parteispitze heißt es zur Frage, ob der schwer angezählte Kanzlerkandidat am Ende doch noch eine Jamaika-Koalition mit Grünen und FDP schmieden und sich ins Kanzleramt retten kann: „Das wird sehr, sehr schwer.“

Ralph Brinkhaus (CDU) wurde erneut zum Fraktionschef gewählt.

In der Unionsfraktion wurden am Dienstagabend wichtige Weichen gestellt - unabhängig davon, ob die Union in die Opposition stürzt oder es noch in die Regierung schafft. Der bisherige Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) wurde wiedergewählt - jedoch nur für sieben Monate bis Ende April und nicht wie üblich für ein ganzes Jahr. In der auf 196 Abgeordnete geschrumpften Fraktion erhielt er am Abend nach Angaben aus Teilnehmerkreisen 164 Ja-Stimmen.

Die Dynamik in den Unionsparteien ist immens. Zwar glaubt ein Teil auch in der CDU-Spitze eher nicht, dass Laschet schnell aus dem Amt als Parteichef gefegt werden könnte. Solange SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz noch keine Ampel-Regierung mit Grünen und FDP gebildet hat und noch eine Machtoption für Laschet und die Union besteht, werde der Parteichef kaum hinwerfen. Wie Laschet kämpfen kann, habe er schon mehrfach unter Beweis gestellt. Zumal es für ihn (wieder) um alles oder nichts gehe. Eine Rückkehr nach Düsseldorf im Falle eines Scheiterns in Berlin hatte der NRW-Ministerpräsident ausgeschlossen.

Am Dienstagmittag machen dann passend zur allgemeinen Lage neue Gerüchte in Berlin die Runde: So wünschten sich Teile der CDU, dass CSU-Chef Markus Söder bei möglichen Jamaika-Verhandlungen eine führende Rolle übernehme, um sich im Erfolgsfall für die Wahl zum Bundeskanzler aufstellen zu lassen, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Aus der CSU-Landesgruppe heißt es nach DPA-Informationen, es gebe hierzu keine Bestrebungen, das Drängen komme aus einigen CDU-Landesgruppen.

Tatsache ist, dass Söder in der Unionsfraktion schon im April im Machtkampf mit Laschet um die Kanzlerkandidatur großen Rückhalt erfahren hatte. Damals ergriffen auch viele CDU-Abgeordnete das Wort für den bayerischen Ministerpräsidenten. Söder berichtete später auch von Zuspruch aus der CDU-Basis, sogar von Personen, die er zuvor nicht einmal gekannt hatte. In München stößt das neueste Gerücht auf durchaus offene Ohren. „Der Gedanke hat Charme“, heißt es etwa.

Die Bundestagsfraktion ist massiv geschrumpft, um 50 Parlamentarier. Fraktionschef Ralph Brinkhaus, der eine besondere Rolle im unionsinternen Machtgerangel nach dem desaströsen Ergebnis der Bundestagswahl spielt, stellte sich am Dienstag noch vor der ersten Fraktionssitzung klar hinter Laschet - trotz aller Kritik an dessen Performance im Wahlkampf. „Armin Laschet ist der Parteivorsitzende der CDU, deswegen ist er der geborene Verhandler“, genauso, wie es Söder als CSU-Chef sei, betont Brinkhaus.

Anschließend pocht Brinkhaus noch darauf, dass die Fraktion selbstverständlich ein gewichtiges Wörtchen bei Gesprächen mit Grünen und FDP mitreden werde. „Es kann keine Sondierungen geben ohne die Fraktion“, sagt er. Und sicherheitshalber gibt er Laschet schon eine Vorgabe mit: Sehr, sehr offen gehe man in solche Gespräche und auch demütig. „Aber wir werden nicht alles mitmachen, weil wir unseren Markenkern natürlich auch erhalten wollen.“

Die Befürchtung: Armin Laschet könne das konservative „Tafelsilber“ den Grünen hinwerfen.

Hintergrund: In den Spitzen von CDU und CSU gibt es Befürchtungen, Laschet könne vor allem den Grünen auch das nach 16 Jahren der Ära von Angela Merkel verbliebene konservative „Tafelsilber“ hinterherwerfen, nur um sich mit deren Hilfe ins Kanzleramt zu retten. Beispielsweise bei Grünen-Forderungen wie nach einem Tempolimit 130 oder anderen für die Grünen wichtigen Symbolprojekten.

Der Druck ist groß auf den Bergmannssohn Laschet - gut möglich, dass er in den nächsten Tagen weiter zunimmt. (dpa/ab)

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