„Niemand braucht sich zu schämen“, Spendengelder werden formlos verteilt

<p>Bruno Creutz, Martine Engels, Isabelle Schunck, Christiane Villers und Freddy Genten (v.l.) stellten der Presse vor, wie die über die gemeinsame Spendenaktion zusammengetragenen Gelder bereits ab nächster Woche verteilt werden sollen.</p>
Bruno Creutz, Martine Engels, Isabelle Schunck, Christiane Villers und Freddy Genten (v.l.) stellten der Presse vor, wie die über die gemeinsame Spendenaktion zusammengetragenen Gelder bereits ab nächster Woche verteilt werden sollen. | Foto: Ulrike Mockel

ÖSHZ Eupen, Vinzenzverein Eupen und der Bürgerfonds der König-Baudouin-Stiftung haben schon wenige Tage nach der Flutkatastrophe zusammengefunden und gemeinsam überlegt, wie sie schnell und vor allem auch effektiv den vielen Opfern helfen können. Doch eigentlich schon am Tag nach der Katastrophe, als mit zunehmendem Rückgang des Wasserstands das wahre Ausmaß der Katastrophe zwischen Hütte und Haasstraße sichtbar wurde, hat sich innerhalb der Bevölkerung eine Solidarität entwickelt, die ihresgleichen sucht. Von der Spendenbereitschaft und der Solidarität sei man überwältigt gewesen, sagt ÖSHZ-Präsidentin Martine Engels und fügt hinzu: „Mit solch großem Spendenvolumen hatten wir nicht gerechnet.“

Das ÖSHZ Eupen befindet sich aktuell in einer Ausnahmesituation. Dank der Spendenbereitschaft der Bevölkerung stehen Gelder zur Verfügung, die jetzt schnell und unkompliziert an die Opfer der Hochwasserkatastrophe verteilt werden müssen. „Ausnahmesituationen bedürfen auch Ausnahmeregeln“, so Martine Engels. Deshalb habe man ein System gefunden, von dem in einer ersten Phase ausnahmslos jeder Hochwassergeschädigte profitieren könne. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich beim Antragsteller um einen „Ur-Eupener“, einen Papierlosen oder aber um jemanden handelt, der sein Hab und Gut verloren hat, aber nicht versichert ist.

Das Einzige, was das ÖSHZ prüfen werde, sei die Herkunft des Antrags: Wurde der Antrag tatsächlich von jemandem ausgefüllt, der aus einer der von der Katastrophe stark betroffenen Straße kommt. „Niemand braucht sich zu schämen, wir wollen jedem helfen“, so Engels.

Wer beim ÖSHZ einen Antrag auf Unterstützung stellt, muss sich normalerweise in Geduld üben, da jeder Antrag einzeln und von verschiedenen Gremien geprüft werden muss. Die finanzielle Unterstützung, die man jetzt gewähre, könnten auch Personen beantragen, die in Straßen wohnten, die weniger vom Hochwasser betroffen seien als gewisse Straßenzüge in der Unterstadt, unterstreicht die ÖSHZ-Präsidentin. Fünf Kriterien sollen dabei helfen, die Höhe der ersten Pauschale, die zeitnah ausbezahlt werden soll, festzulegen: Bewohnbarkeit der Wohnung, des Hauses, Kinder bzw. Kinder, die ständig dort wohnen, wieviel Hausrat, Kleidung und Elektrogeräte zerstört oder nicht mehr brauchbar sind. Die erste Pauschale, die das ÖSHZ gewähren wird, beträgt je nach Schweregrad zwischen 500 und 2.500 Euro.

Normalerweise arbeite das ÖSHZ nach strengen Richtlinien. Aber angesichts der aktuellen Situation habe man ein simples System ausgearbeitet, das einfach und schnell Hilfe verspricht, unterstreicht Martine Engels. Das ÖSHZ werde jedenfalls nicht untersuchen, wer wieviel Geld auf dem Konto hat. Jedem vom Hochwasser Betroffenen werde geholfen.

Für den Bürgerfonds der König-Baudouin-Stiftung zeichnet Freddy Genten verantwortlich. Er unterstrich, dass die Vorgehensweise, die das ÖSHZ für die Betroffenen ausgearbeitet habe, auch von den Sozialhilfezentren der anderen vom Hochwasser betroffenen Gemeinden in Ostbelgien angewandt werde. Auch in Raeren, Burg-Reuland und in St.Vith werden Hochwasseropfer mittels des erwähnten, einfachen Formulars einen Antrag auf finanzielle Unterstützung stellen können.

Die ersten Hilfsgelder sollen bereits in der kommenden Woche fließen, so Freddy Genten. Erstaunt sei man darüber, wie viel Geld innerhalb von kurzer Zeit zusammengekommen sei. Und dabei hätten nicht nur Ostbelgier gespendet – aus dem Landesinneren, aus Deutschland und Österreich, aus der Schweiz und sogar aus Irland seien Überweisungen eingegangen.

Und wie viel Geld kam zusammen? Den Betrag wolle man noch nicht nennen, antwortet Freddy Genten auf unsere Frage. Es handele sich aber um einen „großen sechsstelligen Betrag“. Vor allem unterstütze der Bürgerfonds nicht nur Betroffene in den deutschsprachigen Gemeinden. Er sei auch in den angrenzenden wallonischen Gebieten oder auch in deutschen Eifelgemeinden aktiv. Deshalb habe man auch zusammen mit dem Vinzenzverein Eupen beschlossen, beispielsweise Hochwasseropfer in der Gemeinde Baelen, wozu ja auch Membach gehört, zu unterstützen.

Es handele sich um eine Ausnahmesituation und man werde natürlich, sobald alles wieder in geregelte Bahnen laufe, sich wieder auf die Arbeit in Eupen-Kettenis konzentrieren, unterstreicht Bruno Creutz, Präsident des Vinzenzvereins Eupen. Schon zu normalen Zeiten gebe es in Eupen mehr als genug Arbeit für die Ehrenamtlichen des Vinzenzvereins.

Das Antragsformular für die Spendenpauschale kann ab Freitagnachmittag online ausgefüllt werden (www.oshz-eupen.be). Abgesehen davon wolle man die Formulare über sämtliche Kanäle verteilen, so Bruno Creutz, der, wie Freddy Genten und Martine Engels, immer wieder darauf hinweist, dass man jedem Hochwasseropfer helfen werde und wolle. Das Problem sei, dass sich immer noch viele Leute schämen würden, sich an das ÖSHZ zu wenden. „Die Hemmschwelle ist zu groß“, sagt Creutz.

Für den Vinzenzverein ergriff auch Christiane Villers das Wort, die ebenfalls im Viertelhaus Cardijn in der Unterstadt engagiert ist. Sie weiß aus Erfahrung, dass viele der Hochwasseropfer Hilfe beim Ausfüllen des Antragsformulars benötigen. „Deshalb werden wir auf die Leute zugehen, so sei das zumindest geplant.“ Die Anträge auf Unterstützung können bis Ende September eingereicht werden und werden in Deutsch, Französisch, Russisch und Türkisch zur Verfügung stehen, so Engels, die auch unterstreicht, dass sich dieses Hilfsangebot nicht an Unternehmen richtet.

Der Bürgerfonds der König-Baudouin-Stiftung wurde erst vergangenes Jahr unter dem Motto „Gemeinsam mehr bewegen“ ins Leben gerufen. Das Motto habe sich in den vergangenen zwei Wochen jedenfalls bewährt, so Freddy Genten. Die unkomplizierten Absprachen zwischen Bürgerfonds, Vinzenzverein und ÖSHZ hätten dazu geführt, dass jetzt genauso unkompliziert und vor allem auch schnell erste Gelder fließen würden.

Geldspenden können auf das Konto BE10 0000 0000 0404 mit dem Vermerk Bürgerfonds Ostbelgien - Hochwasser überwiesen werden.

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