Eine Sonderrolle für König Fußball? Fall Müller sorgt für Verwunderung

<p>Wenige Stunden vor dem Finale der Club-WM war Thomas Müller positiv auf das Coronavirus getestet worden.</p>
Wenige Stunden vor dem Finale der Club-WM war Thomas Müller positiv auf das Coronavirus getestet worden. | Foto: dpa

Als Thomas Müller nach seinem positiven Coronatest in Katar auf seine Rückreise wartete, war in der Heimat die Diskussion über eine Sonderrolle für König Fußball längst entbrannt. Der unterschiedliche Umgang bei den Quarantänemaßnahmen sorgt bei den Verantwortlichen der anderen Mannschaftssportarten für Verwunderung. „Ich erwarte durch die Gesundheitsämter eine Gleichbehandlung aller Berufssportler“, sagte Handball-Ligachef Frank Bohmann im SID-Gespräch. Auch Stefan Holz, Geschäftsführer der Basketball Bundesliga (BBL), sieht die Situation kritisch. „Vielleicht ist da bei einem Gesundheitsamt die Beißhemmung eine andere. Da hängt mehr dran. Da kommen 150 TV-Leute, bei uns eine Handvoll.“

Müller war vor dem Triumph des Rekordmeisters Bayern München bei der Klub-WM positiv getestet worden. Das Finale gegen Tigres UANL (1:0) fand dennoch statt, die übrigen Bayern-Profis müssen auch nach ihrer Rückkehr nicht in Quarantäne und werden bereits am Montag (20.30 Uhr) gegen Arminia Bielefeld wieder auf dem Rasen stehen.

„Es gibt keine unterschiedlichen Risiken zwischen Freiluft und professionell durchgeführten Indoorveranstaltungen.“

„Ich würde mir wünschen, dass in allen Ballsportarten die gleichen Regeln gelten“, sagte Sportmediziner Wilhelm Bloch. Wenn man das Vorgehen im Profifußball „im Sinne der Gleichbehandlung sieht, ob das richtig ist, das kann man mit einem großem Fragezeichen versehen“, sagte der Professor der Deutschen Sporthochschule Köln. Die Ämter würden es sich „vielleicht dreimal mehr“ überlegen, „eine Mannschaft in Quarantäne zu schicken und damit ein Fußball-Bundesligaspiel abzusagen als ein Handball-, Drittliga- oder Basketballspiel“, ergänzte Holz.

In der Fußball-Bundesliga wurde trotz einiger Coronafälle noch kein Spiel verlegt, in anderen Sportarten wurden regelmäßig Spiele abgesagt und verschoben. Ganz im Gegensatz zur 1. Division in Belgien, wo vor allem vor der Jahreswende zahlreiche Begegnungen wegen zu vieler positiver Tests verlegt werden mussten – die AS Eupen kann ein Lied davon singen. In Belgien besagt die Regeln: Ab einer Anzahl positiver Tests von sieben darf die betroffene Mannschaft eine Spielverlegung beim Verband beantragen.

Mit zweierlei Maß gemessen?

Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg befindet sich derzeit in Quarantäne, die Löwen Braunschweig wurden bereits mehrfach in Isolation geschickt. In der Deutschen Eishockey Liga (DEL) konnten die Grizzlys Wolfsburg zwei Partien nicht wie geplant austragen. Nach zwei Fällen in der vergangenen Woche wurde das Team direkt vom zuständigen Gesundheitsamt in Quarantäne geschickt. Handball-Rekordmeister THW Kiel weiß schon gar nicht mehr, wie und wann er seine Nachholspiele im eng getakteten Kalender überhaupt noch absolvieren soll.

Die Annahme, dass bei Hallensportarten ein anderer Maßstab bei der Risikobetrachtung anzulegen sei, „ist wissenschaftlich widerlegt. Es gibt keine unterschiedlichen Risiken zwischen Freiluft und professionell durchgeführten Indoorveranstaltungen“, erklärte Bohmann: „Von daher fordern wir nicht eine Quarantäne für den FC Bayern, wenden uns aber an die Politik und Behörden, bei ihrer Risiko-Einschätzung dies zu berücksichtigen.“

Holz sieht das ähnlich. Auch ihn ärgere „überhaupt nicht“, dass es in der höchsten deutschen Fußball-Liga noch keine Verlegung gab. „Ich freue mich, wenn in anderen Mannschaftssportarten keine Quarantänemaßnahmen ausgesprochen werden“, sagte der BBL-Boss. Trotzdem wüsste Holz auch gerne, warum der Fußball eher von Quarantänemaßnahmen verschont bleibt: „Die Frage stellen wir uns ja auch.“ Er sei sich „offen gestanden nicht ganz sicher“, ob mit zweierlei Maß gemessen werde. (sid/tf)

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