Krisenduell als Endspiel für Wagner – Coronafall wirft Planung durcheinander

<p>David Wagner war bereits vor der Saison bei Wettanbietern der heißeste Kandidat auf den ersten Trainer-Rauswurf in der Bundesliga.</p>
David Wagner war bereits vor der Saison bei Wettanbietern der heißeste Kandidat auf den ersten Trainer-Rauswurf in der Bundesliga. | Foto: Reuters

Der nächste Schock kurz vor seinem Endspiel hatte David Wagner gerade noch gefehlt. „Da sind einige Gedankengänge hinfällig“, sagte der umstrittene Trainer von Schalke 04 nach einem neuen Coronafall in seiner Mannschaft: „Die Gesundheitsbehörden übernehmen jetzt.“ Ausgerechnet vor dem Krisenduell am Samstag (18.30 Uhr) gegen Werder Bremen, das für ihn das letzte sein könnte, warf ein positiver Test die Planungen über den Haufen.

Der namentlich nicht genannte Profi, der nach der Testreihe am Donnerstag ein positives Ergebnis erhielt, begab sich in häusliche Quarantäne. Ob weitere Spieler als Kontaktpersonen nicht eingesetzt werden dürfen, wusste Wagner am Freitag noch nicht. „Ich halte bei den Ergebnissen jedes Mal die Luft an“, berichtete der Coach, der nach der Horrorserie von 17 Bundesligaspielen ohne Sieg um seinen Job kämpft. Schon das Trainingslager in Österreich hatte ein Coronafall empfindlich gestört.

Offen war am Freitag auch noch, ob erstmals nach 203 Tagen wieder Zuschauer in die Schalker Arena dürfen. Die Sieben-Tage-Inzidenz war auf 33,4 Neuinfektionen unter den kritischen Wert gesunken, die Stadt Gelsenkirchen wollte aber die Zahl am Samstagmorgen abwarten.

Wagner selbst fühlte sich nach „all der Kritik und Häme“ nach dem 0:8-Debakel bei Bayern München „mit dem Rücken zur Wand“ und fügte an: „Jetzt geht's nur noch in eine Richtung.“ Die Situation sei „wahnsinnig schwierig“, an Rücktritt wie im Januar 2019 bei Huddersfield Town denkt der 48-Jährige aber nicht: „Die Überzeugung, dass es zu drehen ist, ist zu 100 Prozent da.“

Sportvorstand Jochen Schneider war unter der Woche erstmals auf Distanz zu seinem Wunschtrainer gegangen und hatte den Druck erhöht – mit einem Ultimatum, das er nicht Ultimatum nennen wollte. Schalke könne sich „nicht noch einmal so präsentieren, das ist so nicht akzeptabel“, sagte Schneider, der Wagner in der katastrophalen Rückrunde mehrmals eine Jobgarantie ausgestellt hatte.

„Die Kernfrage ist, ob wir den Turnaround schaffen.“

Die gab er diesmal nicht. Im Gegenteil: „Die Kernfrage ist, ob wir den Turnaround schaffen. Ob es uns gelingt, den Karren, der ein Stück im Dreck steckt, wieder rauszuziehen“, betonte er – und meinte damit auch den Trainer: „Das klappt nur mit einem Erfolgserlebnis, weil das das Selbstvertrauen zurückbringt.“ Er sei aber niemand, der „öffentlich ein Ultimatum von sich gibt“. Die Argumente, mit denen er in der Sommerpause Wagner trotz interner Widerstände im Amt hielt, gehen Schneider langsam aus. Nach der Horrorserie ohne Sieg mit 45 Gegentoren ist der Coach schon in einen sehr kleinen Kreis vorgestoßen. Nur zwei Trainer in der Bundesliga-Geschichte blieben noch länger sieglos, ohne gefeuert zu werden: Bernd Hoss, der mit Blau-Weiß 90 Berlin 1987 nach 21 Spielen ohne Erfolg Letzter wurde, und Heinz-Ludwig Schmidt, der mit dem Rekord-Verlierer Tasmania Berlin 1965/66 20 Mal in Folge nicht gewann.

Bislang blieb Wagner nicht nur das Schicksal vieler seiner Vorgänger erspart, die nach deutlich kürzeren Negativserien gefeuert wurden. Auch die Wut der Schalker Fans hat er wegen der Corona-Pandemie und der Geisterspiele noch nicht erlebt. Nach dem 1:1 gegen Hoffenheim am 7. März, dem letzten Spiel vor dem Lockdown, waren die Schalker noch Sechster. (sid)

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