Eine Queen im Kino und auf der Bühne - Helen Mirren wird 75

<p>27.02.2020, Berlin: 70. Berlinale, Verleihung Goldener Ehrenbär an Mirren.</p>
27.02.2020, Berlin: 70. Berlinale, Verleihung Goldener Ehrenbär an Mirren. | Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Auch nach Jahrzehnten im Filmgeschäft hat Helen Mirren immer noch Angst davor, neue Rollen anzunehmen. „Man hat Angst vorm Scheitern, weil man dort etwas von sich preisgibt“, sagte sie im vergangenen Jahr der Deutschen Presse-Agentur. „Man möchte seine Schauspielkollegen, den Regisseur und natürlich das Publikum nicht enttäuschen. Man will ja nicht, dass die sagen: ‚ Naja, irgendwie hat sie das nicht hingekriegt, oder?‘“

Bisher ist allerdings kein Fall bekannt, in dem Mirren es nicht hingekriegt hat. Im Gegenteil: Selbst in weniger gelungenen Produktionen wird sie meist noch als Lichtblick gelobt. An ihrem 75. Geburtstag kann die britische Schauspielerin auf eine überaus erfolgreiche Karriere zurückblicken, deren Ende nicht in Sicht ist.

Helen Mirren wurde als Helen Lydia Mironoff am 26. Juli 1945 in London geboren. Ihre Mutter war Engländerin. Ihr russischer Vater war im Kindesalter kurz vor der russischen Revolution mit seinen Eltern nach Großbritannien gekommen.

Den Familiennamen änderte Mirrens Vater, damit er nicht russisch klang. „Er hat gesagt: ‚Wir sind jetzt britisch, wir vergessen das alles, das ist vorbei‘“, erzählte sie dpa zum Start ihrer Miniserie „Catherine the Great“. Ihre russischen Wurzeln seien für sie trotzdem immer präsent. In der Serie spielte sie die russische Kaiserin Katharina die Große.

Ihre Kindheit und Jugend verbrachte Mirren im Küstenstädtchen Southend-on-Sea und dem Vorort Westcliff-on-Sea. Schon in der Schule spielte sie Theater. Später wechselte sie ans New College of Speech and Drama, eine unabhängige Schauspielschule in London. Denn „Schauspielerei war das einzige, worin ich was taugte“, erklärte sie.

Mit 18 Jahren sprach sie am National Youth Theatre vor und wurde engagiert. Kurz darauf spielte Mirren am Londoner Old Vic-Theater die Rolle der Cleopatra in Shakespeares „Antonius und Cleopatra“. „Das war eine großartige Plattform für mich“, sagte sie dem „Telegraph“, „und das hat meine Karriere gestartet.“ Es folgten ein Angebot der Royal Shakespeare Company und erste Filmrollen – in der Konsum-Satire „Herostratus“ (1967) und Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ (1968).

Auch Mirrens Sexappeal sorgte damals für Aufsehen. In „Das Mädchen vom Korallenriff“ (1969) zeigte sich die Schauspielerin erstmals sehr freizügig. In dem biografischen Drama „Savage Messiah“ (1972) über den französischen Bildhauer Henri Gaudier-Brzeska trat sie sogar für mehrere Szenen nackt vor die Kamera.

Auch in dem beinahe pornografischen Historienfilm „Caligula“ (1979) wirkte sie mit. Mirren nannte ihn eine „unwiderstehliche Mischung aus Kunst und Genitalien“ und verglich die Dreharbeiten mit einem Nudisten-Camp. Mit Nacktheit hat sie kein Problem – im Gegenteil. „Ich bin von Herzen Nudistin“, gestand sie vor einigen Jahren der „Radio Times“, „ich bin gern an Stränden, wo alle nackt sind.“

Der Durchbruch als Filmschauspielerin gelang Mirren 1980 mit dem Gangsterfilm „The Long Good Friday“ („Rififi am Karfreitag“) – heute ein Klassiker des Genres. Sie hatte die Macher zuvor nach eigener Aussage überzeugt, ihre Rolle als Gangsterbraut Victoria auszubauen.

2006 kam dann ihr größter Erfolg: als britische Königin Elizabeth II. in dem Drama „The Queen“. Dafür bekam sie den Oscar als Beste Hauptdarstellerin, den Golden Globe, den BAFTA-Award und zahlreiche andere Preise. In ihrer Oscar-Rede lobte sie den Mut und die Beständigkeit der Queen. „Und ich danke ihr, denn ohne sie wäre ich mit ziemlicher Sicherheit nicht hier.“

Einige Jahre zuvor hatte sie Queen Elizabeth II. schon am Theater dargestellt. Außerdem spielte sie in der Miniserie „Elizabeth I.“ die Titelheldin, die im 16. Jahrhundert regierte. All das, obwohl sie in einem antimonarchistischen Haus groß wurde. „Ich weiß nicht, was meine Eltern davon gehalten hätten, dass ich die Königin spiele“, scherzte Mirren vor der Oscar-Verleihung in einem TV-Interview.

Die Filmdatenbank IMDB listet rund 130 Rollen in unterschiedlichen Genres für Helen Mirren – biografische und Historienfilme, künstlerisch anspruchsvolle Produktionen, Krimis und Komödien. Auch vor typischem Popcorn-Kino schreckt die Britin nicht zurück. In der Comic-Komödie „R.E.D.: Älter. Härter. Besser.“ (2010) überzeugte sie als coole Agentin. In Luc Bessons Actionthriller „Anna“ (2019) gab sie eine eiskalte russische Geheimdienst-Ausbilderin.

Sogar in der etwas trashigen „The Fast and the Furious“-Reihe mit den muskelbepackten Actionstars Dwaye „The Rock“ Johnson und Vin Diesel gehört sie zur wiederkehrenden Besetzung. Mit amüsanter Ironie spielt sie die prollige Mutter eines Ex-Soldaten. Auch in „Fast & Furious 9“ wird die 75-Jährige wieder mitwirken. Ihr Name im Film: Queenie.

Seit 1997 ist Mirren mit dem US-Regisseur Taylor Hackford verheiratet, den sie 1985 beim Dreh zu „White Nights“ – sie spielte in dem Drama eine russische Ballerina – kennengelernt hatte. Kinder hat sie nicht.

Die Angst vorm Scheitern ist für Helen Mirren inzwischen übrigens eher ein Ansporn als ein Hindernis. Denn eins habe sie als Schauspielerin mit den Jahren festgestellt. „Die Dinge, die dir wirklich Angst machen, sind die Dinge, die du machen solltest. Denn es bedeutet, dass sie anspruchsvoll sind und dir eine Menge abverlangen. Aber sie machen auch Spaß. Wenn man die Angst einmal überwunden hat, dann wird es großartig.“ (dpa)

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