Gemeinschaftssenator Miesen: Alleinstehende sollten mehr Beachtung erhalten

<p>Alexander Miesen</p>
Alexander Miesen | Foto: David Hagemann

Die Gruppe der Alleinstehenden habe in Politik und Gesellschaft „wenig Lobby“, während das Eltern-Kind(er)-Familienmodell ständig im Fokus politischer Entscheidungen stehe. Der Senator unterstreicht die Bedeutung der Alleinstehenden anhand von Zahlenmaterial: Laut dem belgischen Statistikbüro lag der Anteil an Single-Haushalten Anfang 2019 in Belgien bei etwa 35 Prozent. Zähle man die Haushalte mit einem alleinerziehenden Elternteil hinzu, liegt der Anteil bereits bei 45 Prozent. „Schon heute ist also fast jeder zweite Haushalt ein Single-Haushalt. Tendenz steigend“, so Miesen. Ihm sei bewusst, dass diese Statistiken eine Dunkelziffer enthielten. So seien nicht alle Personen, die einen Single-Haushalt bildeten, automatisch alleinstehend. Gleichermaßen sei es gut möglich, dass Menschen aus einem Mehrpersonenhaushalt alleinstehend sind. Die Haushaltszusammensetzung sei dennoch ein guter Indikator, so Miesen in seiner Interpellation. Ihm zufolge gebe es eine gesellschaftliche, aber auch politische Erwartungshaltung, die vorsieht, dass das Leben in einer Partnerschaft stattzufinden habe. Dies führe zu gesellschaftlichem und sozialem Druck, vor allem für Alleinstehende, die sich nicht gezielt für diesen Lebensweg entschieden hätten. Darüber hinaus gebe es auch „handfeste Lebensrealitäten“, die Alleinstehende nahezu täglich mit Nachteilen gegenüber Familien konfrontieren, wie Miesen ausführt. „Der Steuerkeil für einen alleinstehenden Durchschnittsverdiener lag 2019 in Belgien bei 52,2 Prozent (OECD-Durchschnitt: 36 Prozent). Damit liegt Belgien trotz der steuerlichen Maßnahmen der Michel-Regierung an der Spitze“, so Miesen. Der Steuerkeil misst die Differenz zwischen den Arbeitskosten des Arbeitgebers und dem, was der Arbeitnehmer letztendlich netto in der Tasche hat.

Ein weiterer Aspekt betreffe die Energiekosten: „Sicherlich sind diese Kosten teilweise auch variable Kosten, doch eben bei weitem nicht alle. Die Energiekosten beinhalten immer einen gewissen Fixanteil. So verwundert es auch nicht, dass der Energiearmutsbarometer der König-Baudouin-Stiftung 2019 angibt, dass 21,7 Prozent der Familien von Energiearmut betroffen sind. Bei Singles hingegen sind es 36,1 Prozent“, so Miesen.

Nicht zu unterschätzen seien auch die Gebühren im Zusammenhang mit dem Erwerb von Immobilien: „Die Einregistrierungsgebühr, die Notariatskosten und nicht zuletzt die Investitionskosten aus einer einzigen Tasche zu bezahlen, ist für viele Alleinstehende schlichtweg nicht möglich“.

Die Nachlassregelung eines kinderlosen Alleinstehenden wirft in den Augen des Gemeinschaftssenators ebenfalls Fragen auf: „Ist es gerecht, dass eine alleinstehende Person nicht wenigstens teilweise über seinen Nachlass frei bestimmen kann, ohne dass der Fiskus unerhört tief in die Tasche greift? Warum verfügt eine Person, die Kinder hat, über deutlich günstigere Erbschaftskonditionen als eine Person, die keine Kinder hat?“

Die Interpellation sei ein erster Schritt gewesen, erläuterte Alexander Miesen bei der Ausschusssitzung. „Es ist meines Erachtens höchste Zeit, dass die Lebenssituation der Alleinstehenden auf die politische Agenda gesetzt wird“, so der Senator. Um die Situation von Alleinstehenden ausführlicher zu thematisieren, kündigte Miesen für den Herbst eine Veranstaltung an, sofern die Corona-Pandemie dies zulasse. (red/sc)

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