Als Fitzcarraldo sein Schiff über das Venn hieven ließ

<p>Galia De Backer glänzt in dem Ein-Frau-Stück Cuts, Pieces and Sounds</p>
Galia De Backer glänzt in dem Ein-Frau-Stück Cuts, Pieces and Sounds | Foto: Willi Filz

Wenn im Oktober das 30. TheaterFest steigt, kommen wieder Theatermacher und -freunde aus ganz Europa nach St.Vith, um eine Woche lang der Bühne die Bühne zu geben. Und in einer Woche steigt im Triangel, ein Kulturzentrum, um das viele Städte die Deutschsprachige Gemeinschaft beneiden, die 50. Premiere eines Agora-Stückes.

Zur Aufführung kommt ein Stoff, der für viele Theaterfreunde der Klassiker unter den Tragödien ist: Antigone. Nicht die von Sophokles, aber die von Slavoj Žižek, dem weltbekannten wortgewaltigen Philosophen aus Ljubljana. Regie führt Felix Ensslin, der eine Professur in Stuttgart hat und in St.Vith regelmäßig mit den Spielern der Agora arbeitet, wenn er nicht gerade mit dem künstlerischen Leiter der Agora, Kurt Pothen, neue Projekte entwickelt.

Das erste Stück, das unter der Regie von Ensslin entstand, „Animal Farm – Theater im Menschenpark!“ erntetete höchstes Lob von anerkannten Theaterkritikern. Auch von Žižek gab es Lob – und so viel Anerkennung, dass er der Agora und Ensslin die deutsche Welturaufführung seines einzigen Theaterstückes „Die drei Leben der Antigone“ anvertraute. Dem GrenzEcho gegenüber sprach Žižek von der DG als einer „marginalen Gemeinschaft“: im Sinne einer Gemeinschaft am Rande bzw. Schnittpunkt mehrerer Kulturen. „Kreativität braucht diese Marginalität“, so der Philosoph. Ensslin erinnern die Agora und das Triangel an den bekannten Film „Fitzcarraldo“ von Werner Herzog, in dem der Protagonist einen tonnenschweren Flussdampfer über einen Urwaldberg hieven lässt, weil er von der Idee besessen ist, mitten im Urwald ein Opernhaus zu errichten. Das Schiff soll ihm helfen, Kautschuk zu ernten, um das nötige Kleingeld für sein Projekt zu verdienen.

Die Agora hat keine Angst anzuecken, sie beugt sich auch nicht dem immer wieder erklingenden Ruf nach Mittelmaß. Nicht alle ihre Stücke ernten vor Ort den verdienten Applaus, und mancher Ostbelgier geht sich lieber „seine“ Dorfbühne anschauen. Das ist ok. Es ehrt aber die Deutschsprachige Gemeinschaft, dass sie Ausnahmetalenten wie einem Marcel Cremer ermöglicht, ihren Traum vor Ort zu verwirklichen und von hier auszustrahlen und andere Talente nach Ostbelgien zu locken. So kann man (über sich hinaus) wachsen.

Kommentare

Kommentar verfassen

0 Comment