Verhandlung gegen Weinstein startet am Montag

<p>Harvey Weinstein (Mitte) kommt zu einer Kautionsanhörung vor Gericht: Sein Fall sorgte weltweit für Erschütterung und löste die MeToo-Bewegung aus.</p>
Harvey Weinstein (Mitte) kommt zu einer Kautionsanhörung vor Gericht: Sein Fall sorgte weltweit für Erschütterung und löste die MeToo-Bewegung aus. | Foto: Mark Lennihan/AP/dpa

Wenn Harvey Weinstein am Montag das Oberste Gericht des Staates New York betreten wird, ist die Welt eine andere als 2017, als der Filmmogul zum Symbol sexueller Übergriffe geworden ist. Zum Hassobjekt einer weltweiten Bewegung, die in der Zwischenzeit eine Lawine der Vorwürfe auch gegen unzählige weitere Männer losgetreten hat.

Entscheidend beim Prozess des Jahres wird ab dem 6. Januar sein, ob der Fall, der die MeToo-Ära eingeläutet hat, auch vor einem Strafgericht besteht. Der Ausgang ist völlig offen. Doch beim Prozess geht es nicht nur um Gerechtigkeit für Weinsteins mutmaßliche Opfer.

Das Urteil dürfte entweder Genugtuung oder Entsetzen bei Millionen Opfern von sexueller Gewalt auslösen. Für viele wird nicht nur über den Multi-Millionär Gericht gehalten, sondern über ein Muster männlichen Machtmissbrauchs. Und Weinstein gilt für viele als ihr krassestes Beispiel. Nun müssen die Staatsanwälte juristisch beweisen, dass der 67-Jährige sich der Vergewaltigung, krimineller sexueller Handlungen und räuberischer sexueller Übergriffe schuldig gemacht habe. Weinstein betonte immer wieder, jegliche Handlungen seien einvernehmlich gewesen.

Die Geschichte der Vorwürfe von Dutzenden Frauen gegen den Produzenten begann lange vor dem Dammbruch 2017, denn seine angeblichen sexuellen Übergriffe waren in Hollywood und in der Schauspielszene New Yorks jahrzehntelang ein offenes Geheimnis. Bereits 1998 sagte Schauspielerin Gwyneth Paltrow über Weinstein: „Er wird dich zu ein oder zwei Sachen zwingen.“ Später jedoch erklärte sie, von ihm belästigt worden zu sein.

Sängerin Courtney Love antwortete 2005 auf die Frage einer Reporterin, was sie jungen Schauspielern in Hollywood rate: „Wenn Harvey Weinstein dich zu einer privaten Party ins ‘Four Seasons’ einlädt, gehe nicht hin.“ Es dauerte trotzdem bis zum Oktober 2017, dass die „New York Times“ und der „New Yorker“ trotz aggressiver Klage-Drohungen über die Vorwürfe mehrerer Frauen berichteten. Den später mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Artikeln folgte eine Welle neuer Enthüllungen.

Dutzende Frauen - darunter bekannte Schauspielerinnen wie Angelina Jolie, Ashley Judd, Uma Thurman oder Salma Hayek - beschuldigten Weinstein, sie angefasst, sich ihnen aufgedrängt und ein einzelnen Fällen auch vergewaltigt zu haben. Weinstein gab Fehler zu, bestritt aber kriminelle Handlungen.

Die Vorwürfe ergaben ein Muster: Der schwerreiche Weinstein, der die Branche dominierte und mit Filmen wie „Pulp Fiction“ Oscars einheimste, nutzte seine Macht und versprach jungen Frauen die große Karriere, um sie gefügig zu machen.

Und wenn es doch Probleme gab, erkaufte er sich ihr Schweigen mit außergerichtlichen Einigungen. Als die Anschuldigungen ans Tageslicht kamen, erkannten viele Frauen und auch einige Männer überall auf der Welt ihre eigenen Geschichten in denen der Weinstein-Opfer wieder. Sie begannen, sie unter dem Schlagwort „Metoo“ („ich auch“) zu sammeln.

Das Spektrum reichte von blöden Sprüchen, unflätigem Verhalten bis hin zu jahrelanger Gewalt. Ein Jahr später gab es insgesamt 19 Millionen Tweets mit dem mittlerweile weltbekannten Hashtag. Die entfesselten Geschichten brachten vor allem in den USA eine Reihe von mächtigen Männern zu Fall, die „New York Times“ zählte vergangenen Herbst 201, darunter der Komiker Louis C.K. und Oscar-Preisträger Kevin Spacey.

Harvey Weinstein unterdessen freut sich auf seinen Prozess, um sich von den Vorwürfen reinwaschen zu können, wie seine Anwältin Donna Rotunna kürzlich sagte. Sie kündigte eine aggressive Verteidigung für ihren Mandanten an: „Nur, weil jemand etwas behauptet, macht es das noch nicht wahr“. Daniel Richman, Jura-Professor an der Columbia Universität in New York, sagt unterdessen, dass es für das Weinstein-Lager darauf ankommt, Zweifel zu säen: „Generell sieht man in Fällen wie diesen Versuche, die Erinnerung von Zeugen anzugreifen oder nahezulegen, dass sie ein Motiv haben, sich Dinge auszudenken.“ (dpa)

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