Der tiefere Sumpf kurz hinter dem Hohen Venn

<p>2009 gehörte René Thissen noch dem wallonischen Parlament an. Jetzt ruft er die Region als Aufsichtsbehörde der Gemeinde Malmedy an</p>
2009 gehörte René Thissen noch dem wallonischen Parlament an. Jetzt ruft er die Region als Aufsichtsbehörde der Gemeinde Malmedy an | Foto: belga

Der Rücktritt des Malmedyer Ärztlichen Direktors, Dr. Bleus, wenige Stunden nach Bekanntgabe der Entscheidung des Verwaltungsrates der Klinik Reine Astrid zugunsten des CHU spricht Bände. Sie zeigt, dass auch nach 50 Jahren Staatsreform, die man durchaus als einen Versuch werten kann, die Macht der politischen „Säulen“ in Belgien zu brechen, die Parteien in unserem Land immer noch das Sagen haben. Diese Erkenntnis schmerzt umso mehr, als sich gerade zeigt, dass die gleichen Parteien sich ach so schwer damit tun, wozu sie eigentlich da sind: das Land zu regieren. Stattdessen üben sie ihre Macht aus, um in Verwaltungsräten, die oft interkommunale Strukturen leiten, Entscheidungen nach ihrem Gusto und Vorteil herbeizuführen.

Genau das ist auch in Verviers und Malmedy passiert, wo PS und MR ihr ganzes Gewicht in die Waagschale geworfen haben, um eine zusammenhängende Krankenhausregion im Bezirk Verviers zu verhindern. Es wäre in der Tat im Sinne der Menschen gewesen, wenn die Krankenhäuser von Verviers, Eupen, St.Vith und Malmedy konkurrenzlos zum Wohle der Bevölkerung hätten arbeiten können.

Manch einer mag die harschen Worte eines René Thissen mit dem Argument relativieren wollen, er sei schließlich ein früherer CDH-Mann, wenn der ehemalige Politiker aus Weismes von einer „verpassten historischen Chance“ und selbst von „Betrug an der Bevölkerung“ spricht. Das wäre aber zu kurz gegriffen, denn Thissen hat ganz einfach recht, wenn er feststellt, dass eine kohärente Gesundheitsregion die beste Lösung für die Menschen hierzulande gewesen wäre.

Man fühlt sich als politischer Beobachter unweigerlich an den erst vor Kurzem publik gewordenen Skandal um Enodia, Nethys und deren Tochterunternehmen erinnert. Es macht sich einem dieser unangenehme Geschmack im Mund breit, wenn man an die Millionen von Steuergeldern denkt, die Manager, die im Dunstkreis der traditionellen politischen Parteien rekrutiert wurden, sich ruch- und instinktlos in die eigene Tasche gesteckt haben.

Als Ostbelgier ist man froh, dass die beiden ostbelgischen Krankenhäuser einem lokoregionalen Netz angehören, das privatrechtlich organisiert ist. Zwar ist auch das keine Garantie gegen Geldverschwendung und -entwendung, aber man hätte das auch gerne den Kliniken in Malmedy und Verviers gewünscht. Und man fragt sich, ob Belgien sich, wie einst Münchhausen, jemals am eigenen Schopf aus diesem Morast wird befreien können.

Kommentare

  • Nur am Rande der Krankenhaussaga.

    Der GE-Chefredakteur spricht in seinem Kommentar von 2 ostbelgischen Krankenhäusern, der BRF-Chefredakteur in seinem Kommentar hingegen von 3 ostbelgischen Krankenhäusern.
    So ist es in Zeiten von Branding und Standortmarketing in Ostbelgien wohl: nichts Genaues weiß man nicht.

    Sumpf gibt es in diesen Zeiten jedoch überall. Vom Kaperberg bis zum ... Capitol Hill.

    Auf letzterem zeigt sich dieser Tage, dass Sümpfe noch tiefer gründen, als es die Vorstellungskraft vermuten lässt und ein Präsident mitsamt seiner willfährigen Parteimarionetten sich genüsslich darin suhlen.

    Da wirkt auf dem heimischen Berg ein Edmund Stoffels wie aus der Zeit gefallen. Geradeaus und nicht korrumpierbar.

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