Von der Kunst, Klang zu vernehmen

<p>Das Meakusma-Festival ist stets eine Plattform für Innovation, die sich in diesem Jahr unter anderem im Kiosk, einer begehbaren Soundinstallation und Bühne, widerspiegelt.</p>
Das Meakusma-Festival ist stets eine Plattform für Innovation, die sich in diesem Jahr unter anderem im Kiosk, einer begehbaren Soundinstallation und Bühne, widerspiegelt. | Foto: Veranstalter

Besagte Innovation steht nicht nur für unkonventionelle Klangstrukturen oder die Mittel, mit denen diese ins Leben gerufen werden, sondern in den Augen – und Ohren – der Meakusma-Verantwortlichen auch für die Wahrnehmung von Klängen. Die Art und Weise demnach, wie Klang vernommen werden kann.

Auf dieser Prämisse basiert einer der konzeptionellen Höhepunkte des diesjährigen, vierten Meakusma-Festivals: Der Kiosk ist eine sechseckige Holz- und Metallkonstruktion, die im Durchmesser 13 Meter beträgt, begehbar ist und auf dessen Bühne besondere Darbietungen stattfinden können. Diese Installation wird in den Ettersten-Wiesen aufgebaut und kann so genutzt werden, dass Spezialmikrofone Umgebungsgeräusche einfangen und diese ins Innere der Box transportieren. Somit entsteht eine stets einzigartige, da nicht reproduzierbare Geräuschkulisse, die der Zuhörer aus allen Richtungen wahrnimmt.

Idealismus findet über die Grenzen hinaus Gehör.

Bereits genutzt wurde der Kiosk beispielsweise beim Terraforma-Festival in Mailand, wo die Installation erstmals in Zusammenarbeit verschiedener Akteure zusammengebaut wurde – sie kann später als dauerhafte Installation in Ostbelgien errichtet werden. Beim Meakusma-Festival wird der Kiosk als Schauplatz für besondere Performances dienen, unter anderem wird man die Ergebnisse der beim Meakusma-Festival 2018 durchgeführten Aufnahmen der „Soundwalks“ mit Field-Recording-Ikone Chris Watson auf den sechs Lautsprechern hören können. Im letzten Jahr hatten sieben Teilnehmer unter Anleitung von Watson und seinem Mitstreiter Mike Harding im Naturpark Hohes Venn die natürlichen Klänge der Umgebung mit speziellen Mikrofonen eingefangen. Die daraus entstandene CD „Memory Room“ wird pünktlich zum Festival veröffentlicht und erstmals öffentlich zu hören sein.

Ladr.ache, ein sechsköpfiger Frauenchor, der sich scharf an der Grenze zeitgenössischer Polyphony bewegt, wird ebenfalls am Kiosk spielen. Beim Zusammenbau der Installation und der Peripherie waren die Meakusma-Verantwortlichen selbst dabei: im Frühsommer trafen sie sich mit jungen Menschen aus Italien, Griechenland und Belgien beim Terraforma Festival in Mailand und schufen dort gemeinsam das Konstrukt, das am kommenden Wochenende in Eupen aufgestellt sein wird. Der Kiosk wird in Zusammenarbeit mit dem Terraforma Festival präsentiert und wurde im Rahmen eines Erasmus+-Projektes, dem Programm für Bildung, Jugend und Sport der Europäischen Union, entworfen und gebaut.

Austausch und Dialog auf internationaler Ebene erfolgt beim Meakusma-Festival nicht nur im Kiosk, sondern auch bei der Durchführung der Veranstaltung. Mittlerweile dürfte sich herumgesprochen haben, dass sich Experimentalmusikliebhaber aus mindestens ganz Europa zu Beginn des Monats September in Eupen versammeln und Ostbelgien einen multiethischen Stempel aufdrücken. Weniger bekannt vielleicht ist die Tatsache, dass unter den etwa 100 größtenteils ehrenamtlichen Helfern etwa 30 bis 40 sind, die sich in Eigeninitiative bei Meakusma melden und beispielsweise aus Großbritannien, Italien und Deutschland anreisen.

Der Idealismus der Meakusma-Verantwortlichen findet also über die Grenzen hinaus Gehör. Nicht nur die Lobpreisung in der englischen Tageszeitung „The Guardian“, die Meakusma vor drei Jahren internationale Aufmerksamkeit bescherte, dürfte dazu beigetragen haben, dass inzwischen auch Besucher aus Russland und Australien der Veranstaltung beiwohnen. Auch in Fachmedien wie Resident Advisor, FACT Magazin oder The Wire ist das Festival mittlerweile Bestandteil der redaktionellen Inhalte – und der Nabel, um den sich der Fokus der Organisatoren inzwischen das gesamte Jahr über dreht.

Weiterhin finden Clubnächte, Kinokonzerte oder Kooperationen, beispielsweise mit der Galerie vorn und oben, statt, doch kommt den Verantwortlichen zufolge beim Festival „alles zusammen“. Und mehr als das: neben Innovationen wie dem Kiosk und weiteren „Specials“, beispielsweise dem im Rahmen des Siegels „100 Jahre Ostbelgien“ aufgeführten „Zamenhof-Project“, werden die Darbietungen auf dem Festival um interaktive Elemente wie Diskussionsrunden ergänzt. Ein Ansatz, der das dem Festival eigene Demokratieverständnis um eine weitere Komponente bereichert.


meakusma-festival.be

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