Tanz-Austausch in Mexiko neigt sich dem Ende zu

<p>Die Tänzer beim Training in Mexiko.</p>
Die Tänzer beim Training in Mexiko. | Foto: Griseldis Cormann

Tagsüber herrscht bei hoher Luftfeuchtigkeit mit über 35 Grad warmes Wetter. Abends kommt es immer wieder zu starken Gewittern und Regenfällen: „Wir sind in der Hauptregenzeit gekommen“, erklären Anna Edelhoff und Fernando Flores, die Leiter des Tanzzentrums „Bewegung & Tanz“ in Walhorn, die den Austausch mit der Escuela Superior de Danza „Ana Rosa Cáceres de Baquiero“ in Campeche vor fünf Jahren ins Leben gerufen haben. Doch nicht nur die ungewohnten Wetterverhältnisse, sondern das Andere im Allgemeinen, Alltag und Kultur sollen kennengelernt und hautnah erlebt werden.

Der Alltag in den Gastfamilien kann von den Tänzerinnen und Tänzern immer besser eingeschätzt werden: „Es gibt schon hier und da kleine Unterschiede. Aber ich glaube, wenn man sich auf das Große und Ganze konzentriert, fällt das nicht so krass auf und man ist sich doch recht gleich“, sagt Lena Krebs.

Das enge Zusammenleben der Familien kommt ausgesprochen gut an: „Die Großeltern fahren uns jeden Morgen zur Tanzschule“, erklärt Hannah Marowietz, die inzwischen die ganze Familie kennengelernt hat. Bereits bei der Ankunft seien sie von der Tante und einem Cousin abgeholt worden. Eine andere Tante und eine Oma sowie der Vater erwarteten sie Zuhause: „Wie ich verstanden habe, übernachten zwei Tanten jeden Freitag bei ihnen. Das ganze Familienleben ist viel enger“, sagt sie auch mit Blick darauf, dass sie ihre Verwandten nur zu Geburtstagen sowie Weihnachten und Ostern sehe. Sie leben weit auseinander.

Bei Casey Herbrand ist dies nicht der Fall: „Wir wohnen schon alle recht nah beieinander. Aber erst hier in Mexiko wird mir bewusst, dass wir doch gar nicht so viel zusammen machen. Am zweiten Abend waren wir schon auf dem Geburtstag des Opas eingeladen. Sie waren alle sehr herzlich, offen und an einem interessiert. Es ist schön, dass alles so familiär ist.“ In diese Kerbe schlägt auch Maira Bauer, die das Gefühl hat, dazuzugehören und froh ist, in einer Familie gelandet zu sein, in der alle Englisch sprechen: „Die Menschen hier sind viel offener. Sie gehen auf andere zu, fragen, ob man Spanisch spricht und woher man kommt. Sie versuchen, mit Fremden ins Gespräch zu kommen.“ Maraliya Koch berichtet über einen Tag, als ihre Austauschschülerin noch eine Freundin mitbrachte: „Die Atmosphäre war nochmal ganz anders. Wir haben Musik gehört und viel gelacht.“

In der Tanzschule sehen sich die Tänzerinnen auch angekommen. Drei Tanzstile werden täglich geübt: Urban Dance, Afro Jazz und Broadway Jazz: „Es sind ganz andere Tanzstile. Es war eine Umstellung, die aber allen Spaß gemacht hat“, befindet Maraliya Koch. Die Umstellung gilt auch für die Zusammenarbeit mit den Trainern, so Lena Krebs: „Die Tanzlehrer sprechen kein oder nicht fließend Englisch. Die spanischen Schüler übersetzen, aber beim Tanzen zählt man hauptsächlich von eins bis acht – in Spanisch kriegen wir schon hin“, erklärt sie mit einem Lachen im Gesicht. Es gehe total nett und locker zu. An den Abenden dieser zweiten Tanzwoche kommen mehrstündige Wiederholungseinheiten der belgisch-mexikanischen Co-Produktionen und der in Belgien noch einstudierten Choreographien hinzu.

Doch davor gab es noch ein fast freies Wochenende in den Familien und einen gemeinsamen Ausflug am Samstag zu den Maya-Ruinen in Edzná. Maestro Josue David Yam Yam, der selbst vom Stamm der Maya abstammt und heute bei der Stadt Campeche mit der Maya-Geschichte befasst ist, führte durch das steinerne Weltkulturerbe. Dabei erzählte er nicht nur von den überbrachten Weisheiten, sondern bezog die Jugendlichen und Eltern aktiv mit ein, sie vollzogen Rituale: „Er hat auch viele alte Geschichten erzählt, die in seiner Generation noch forterzählt wurden. Es war interessant, auch wenn ich Probleme beim Nachsprechen hatte“, so Hannah Marowietz. Aber keiner habe gelacht und die Rituale wurden gewissenhaft mit Yam Yam vollzogen, wobei Casey Herbrand zugibt: „Mein erster Eindruck war: ´Was ist das jetzt?!´ Ich musste schon etwas lachen.“ Letztlich habe man die Rituale fühlen können, aber nicht unbedingt danach und stattdessen andere Gefühle gehabt. Beeindruckend war das mit rund 40 Personen erzeugte Echo durch das gemeinsame rhythmische Klatschen auf der gegenüberliegenden Seite des Tempels: „Die Maya haben das mit 5.000 Personen gemacht“, regte Anna Edelhoff die Vorstellungskraft an.

Und jetzt? Das Training ist hart. Die Tage sind lang. Die Auftritte rücken von Tag zu Tag näher. Nervosität ist nicht spürbar, aber das eine oder andere Wehwehchen. Trotzdem steigt die Vorfreude. An die Rückreise, die am Montagmorgen beginnt, will man noch nicht denken: „Mexiko steckt voller Überraschungen und man muss einfach offen für alles sein“, war und ist Lena Krebs Devise und Casey Herbrand sagt: „Wenn wir in Belgien sind, wollen wir wieder nach Mexiko. Also: Mexiko genießen, bevor wir wieder an Belgien denken.“

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