Immer dem Wattführer hinterher

<p>Im Wattenmeer leben etwa 10.000 verschiedene Pflanzenarten und Tierarten</p>
Im Wattenmeer leben etwa 10.000 verschiedene Pflanzenarten und Tierarten | Foto: dpa

Es quietscht und schmatzt! Bei jedem Schritt versinken die Gummistiefel von Albertus Akkermann im schlammigen Boden. Er läuft durch das Watt an der Nordseeküste vor der Insel Borkum. Das geht nur, weil gerade Ebbe herrscht. Anstelle des Meeres ist jetzt nur das graubraune Watt zu sehen, also Sand und Schlick.

Herr Akkermann ist nicht alleine unterwegs. Eine Schulklasse mit ihren Lehrern stapft hinter ihm her. Herr Akkermann ist von Beruf Wattführer. Seine Aufgabe ist es, Urlaubern die Tiere und Pflanzen im Wattenmeer zu zeigen. Und dafür zu sorgen, dass ihnen nichts passiert. Mit den Schülern macht Herr Akkermann erst einmal ein Experiment: Zusammen graben sie vorsichtig Herzmuscheln aus dem Watt aus und legen sie in eine Pfütze. Zunächst passiert nichts.

Doch nach einer Weile öffnen die Muscheln vorsichtig ihre Schalen. Blasen steigen im Wasser auf. Wenige Minuten später beobachten die Schüler, wie sich die Muscheln im Boden eingraben. „Das machen sie, um sich vor Feinden zu schützen und damit sie nicht bei Flut weggespült werden“, erklärt Herr Akkermann. Er kennt sich sehr gut mit dem Watt und seinen Bewohnern aus. Das musste er auch in einer Wattführer-Prüfung beweisen. Trotzdem darf er nicht überall an der Nordsee arbeiten.

Das hat einen besonderen Grund: Das Wattenmeer ist an jedem Abschnitt der Küste anders. Hinzu kommt: Die Meeresströmung und der Wind verändern das Watt ständig. So entstehen immer wieder neue Flüsse und Wasserrinnen im Watt. Sie heißen Priele. An einigen Stellen siedeln sich auch Muscheln an. Die sollen Urlauber nicht in die Füße piksen, wenn sie barfuß unterwegs sind. „Deshalb kann ich bei meinen Wattwanderungen heute nicht mehr die gleiche Strecke laufen wie vor 30 Jahren“, erklärt Albertus Akkermann. Er muss sich immer gut auskennen.

Herr Akkermann passt genau auf, dass die Schüler nicht versehentlich an eine falsche Stelle treten. Kein Schüler darf sich zu weit von der Gruppe entfernen. Das ist nicht so einfach, denn häufig sind eine Menge Leute mit ihm unterwegs. Natürlich kann sich Herr Akkermann nicht immer alle Gesichter von den Schülerinnen und Schülern merken, die mit ihm unterwegs sind. Die Kinder und Jugendlichen erinnern sich aber oft an ihn. „Manchmal kommen Lehrer zu mir und erzählen, dass sie schon als Kinder mit mir im Watt waren“, erzählt der Wattführer.

Zum Wattenmeer an der Nordseeküste gehören zum Beispiel Salzwiesen, Dünen und das eigentliche Watt.

Zum Wattenmeer an der Nordseeküste gehören zum Beispiel Salzwiesen, Dünen und das eigentliche Watt. Das sind Flächen aus Sand und Schlick, die bei Flut mit Meerwasser überspült sind. Bei Ebbe geht das Wasser zurück, das Watt fällt trocken. Dann gibt es viel zu entdecken, denn im Watt leben etwa 10.000 verschiedene Pflanzenarten und Tierarten. Manche von ihnen kann man gut erkennen, zum Beispiel die Herzmuschel. Sie heißt so, weil ihre Schale ein bisschen wie ein Herz geformt ist. Ein berühmter Wattbewohner ist zwar meist nicht zu sehen, aber er hinterlässt viele Spuren: der Wattwurm. Er lebt in U-förmigen Röhren, die er in den Boden gräbt. Seine gekringelten Kothaufen liegen überall im Watt. Eklig ist das aber nicht. Denn der Wurm frisst Sand und holt sich damit Nährstoffe, die er zum Leben benötigt. Den restlichen Sand stößt er wieder aus - so entstehen die Haufen. Und andere Tiere freuen sich über einen lockeren Wattboden.

Bei Ebbe durch das Wattenmeer zu laufen, gehört in den Ferien übrigens an der Nordsee dazu. Allerdings ist das Wattenmeer nicht so harmlos, wie es aussieht. Denn im Watt ist einiges anders als an Land. Zum Beispiel gibt es Priele. Diese Wasserläufe sind bei Ebbe oft so flach, dass man sie bequem durchqueren kann. Wenn das Meer mit der Flut zurückkehrt, füllen sich die Priele aber schnell mit mehr Wasser. Sie sind dann plötzlich so tief, dass man nicht mehr durchlaufen kann und der Weg abgeschnitten ist. Gefährlich sind auch Stellen, an denen das Watt besonders weich ist. Wanderer können dort tief in den Boden einsinken - und dann ohne Hilfe nicht mehr herauskommen. Deshalb sollte man immer nur tagsüber ins Watt gehen und nie alleine. Wer die Tiere und Pflanzen dort entdecken möchte, kann an einer Wattwanderung teilnehmen. Die Wattführer erklären alles genau und kennen die sicheren Wege. (dpa)

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