Das neue Bauhaus-Museum in Weimar

<p>Der Arbeitstisch von Henry van de Velde im Neuen Museum Weimar</p>
Der Arbeitstisch von Henry van de Velde im Neuen Museum Weimar | Foto: Martin Schutt/dpa

Auf den ersten Blick mag es in der Klassikstadt von Goethe und Schiller fehl am Platz wirken: das neue Bauhaus-Museum, ein riesiger grauer Betonkubus, durchzogen von horizontalen Lichtstreifen. Aber die Bezüge zum heute vor allem mit schlichter, klarer Architektur und reduziertem Design verbundenen Bauhaus sind deutlich zu sehen. Sie habe ein Haus schaffen wollen, das sich schon als Museum verstehe, sagt die Berliner Architektin des Hauses, Heike Hanada. „Aber ich wollte die freien und experimentellen Impulse des Bauhauses aufgreifen.“ Sie sieht Bezüge zu Fabrik- und Industriehallen.

Vor 100 Jahren gründete der Architekt Walter Gropius das Staatliche Bauhaus in Weimar. Dort nahmen die Ideen und Entwürfe der Gestaltungsschule erstmals Gestalt an. Noch heute gibt es dort die Bauhaus-Uni. In den neuen Räumen in Weimar sind nun gut 1.000 Objekte zu sehen - eine Auswahl aus der etwa 13.000 Objekte umfassenden Bauhaus-Sammlung der Klassik Stiftung Weimar. Auch bislang nicht gezeigte Zeitdokumente und multimediale Elemente sind dabei.

Zu den besonders bekannten Stücken zählen etwa die nach der Form- und Farblehre Wassily Kandinskys entstandene Wiege von Peter Keler oder die Teekanne von Marianne Brandt. Daneben sind aber auch Stücke aus dem Grundstock der Sammlung zu sehen, den Gropius noch persönlich zusammengestellt hatte.

Wenn das Museum am Freitag offiziell eröffnet wird, sind die Arbeiten noch nicht ganz abgeschlossen. Vor allem im Außenbereich ist noch zu tun. Die Kosten für den Bau seien am Ende von veranschlagten rund 22 Millionen Euro auf etwa 27 Millionen Euro gestiegen, sagt Stiftungspräsident Hellmut Seemann. Geldgeber sind der Bund und das Land Thüringen. „Das Bauhaus wurde in Weimar lange zurückhaltend behandelt“, sagt Architektin Hanada. Tatsächlich wurden das Bauhaus und seine Avantgardisten von Beginn an in Weimar auch kritisch beäugt. Gropius selbst verwies mal auf das „blöde Spießertum“ Weimars. 1925 zog das Bauhaus schließlich auf politischen Druck von rechts nach Dessau um, später dann nach Berlin, wo es 1933 von den Nazis geschlossen wurde.

Der Weg zum neuen Museum war steinig und lang. Neben einem Streit über die Fassade wurde vor allem der Standort kritisiert. Das Museum steht nun an einem sensiblen Ort, an der Schnittstelle - manche sagen Bruchstelle - zwischen dem klassischen Weimar und dem einstigen NS-Gauforum. Bei dessen Bau wurden auch Häftlinge des am Rande Weimars gelegenen einstigen Konzentrationslagers Buchenwald eingesetzt. Die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora plant an dem Forum nun eine Dauerausstellung über die NS-Zwangsarbeit.

Auch gegen diesen ehemaligen Prestigebau der Nazis muss sich das neue Bauhaus-Museum behaupten, oder es muss jedenfalls in Bezug dazu gesehen werden. Denn so soll ein Kulturquartier der „Weimarer Moderne“ entstehen, zu dem auch das Neue Museum zählen soll. Dort wird am Freitag die neue Dauerschau „Van de Velde, Nietzsche und die Moderne um 1900“ eröffnet. Sie handelt gewissermaßen von der Vorgeschichte des Bauhauses.

In Weimar, sagt Thüringens Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke), zeigen sich Brüche und die Ambivalenz der Moderne. „Diese Bündelungs- und Brennglasfunktion, die Weimar für die Moderne hat, drückt sich auch im Bauhaus-Museum aus.“ Die Verbindung wird der Architektin Hanada zufolge besonders an einem Ort im Museum deutlich: Von der Empore lässt sich auf die verspiegelte, unter der Decke an netzartigen Schnüren befestigte „Wolkencluster“-Installation des Berliner Künstler Tomás Saraceno blicken. „Sie filtert den Blick auf das benachbarte Gauforum.“ So entstehe eine Verbindung zwischen dem Heute, der Vergangenheit und der Zukunft. (dpa)

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