Menschenrechte und Auslosung: Katar gerät wieder in den Mittelpunkt

<p>Ein Blick in das 80.000 Zuschauer fassende Lusail-Stadium: Hier findet im Dezember das WM-Finale statt.</p>
Ein Blick in das 80.000 Zuschauer fassende Lusail-Stadium: Hier findet im Dezember das WM-Finale statt. | Foto: belga

Wenige Tage vor der Hochglanzauslosung der FIFA in Doha stellen Menschenrechtsorganisationen dem WM-Gastgeber Katar ein desolates Zeugnis aus. Keine acht Monate vor dem Anpfiff der Endrunde (21. November bis 18. Dezember) sieht Human Rights Watch (HRW) auch den Fußball-Weltverband mitverantwortlich. Amnesty International urteilt in seinem Jahresbericht, dass Arbeitsmigranten in 2021 trotz staatlicher Reformen „weiterhin von Ausbeutung betroffen“ seien. Auch für den belgischen Fußballverband werden die kommenden Monate deshalb zur Gratwanderung.

Die Gruppen für die WM werden am Freitagabend (18 Uhr) ausgelost.

Was wird Katar vorgeworfen?

Der WM-Gastgeber steht praktisch seit der fragwürdigen Vergabe Ende 2010 wegen der Menschenrechtslage und der Bedingungen für ausländische Arbeiter in der Kritik. Im Mittelpunkt stand und steht das sogenannte Kafala-System, das Arbeitnehmern aus dem Ausland praktisch alle Rechte nimmt. Laut der Zeitung „Guardian“ sind seit der Vergabe mehr als 6500 Arbeiter aus Südostasien gestorben. Amnesty zufolge schränkten die Behörden das Recht auf Meinungsfreiheit vor der WM „noch stärker ein“. Frauen sowie lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI+) seien zudem „sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben weiterhin diskriminiert“ worden.

Wie argumentiert der WM-Gastgeber Katar?

Die Regierung des Emirats verweist immer wieder auf zahlreiche Reformen – insbesondere für die Arbeitnehmerrechte. Im Gegensatz zu anderen Ländern der Region ist das Kafala-System in Katar abgeschafft. Verstöße gegen die neuen Gesetze würden rigoros verfolgt, heißt es aus dem Emirat, das Fehler eingesteht und Geduld einfordert. Mit Bezug auf die gestorbenen Arbeiter argumentiert Katar, die Sterberate liege angesichts von mehr als 1,4 Millionen Menschen aus der Region im zu erwartenden Bereich.

Welche Position nimmt der Fußball-Weltverband FIFA in der Diskussion ein?

FIFA-Präsident Gianni Infantino hat inzwischen einen Wohnsitz im WM-Gastgeberland, dies hatte der Weltverband bereits im vergangenen Jahr angekündigt. Der Schweizer, der Arabisch spricht, verweist auf die große Kraft des Fußballs, Veränderungen herbeizuführen. Ohne die Weltmeisterschaft, so die Argumentation, würde nie von anderen Ländern mit dieser Sorgfalt auf die Menschenrechtslage in Katar geschaut werden. Infantino dürfte den Kongress am Donnerstag (10 Uhr MESZ) sowie die Auslosung am Freitag (18 Uhr) für weitere Werbung nutzen. Großen Diskussionsstoff birgt die Kongress-Tagesordnung dieses Mal nicht, der Streit um eine Verkürzung des WM-Rhythmus auf zwei statt vier Jahre wird nicht offiziell aufgeführt und könnte erst wieder im Sommer offiziell auf die Agenda rücken. (dpa/mn)

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