„Unser wichtigster Spieler“: Southgate nimmt angezählten Kane in Schutz

<p>Gareth Southgate (links) nimmt Harry Kane in Schutz: „Er hat sowas schon 100-mal durchgemacht.“</p>
Gareth Southgate (links) nimmt Harry Kane in Schutz: „Er hat sowas schon 100-mal durchgemacht.“ | Foto: belga

Englands hochgelobtes Offensivtrio hat einen Marktwert von fast 300 Millionen Euro – die Ausbeute mit lediglich einem Tor ist dafür äußerst dürftig. Klar, dass die Medien nicht mit Kritik sparen, und insbesondere Harry Kane muss sich in diesen Tagen einiges anhören. Der WM-Torschützenkönig ist noch ohne Treffer, ganze 16 Ballkontakte hatte er beim biederen 0:0 der Three Lions in der Battle of Britain gegen Schottland am vergangenen Freitag. Kane bat um Geduld, vor dem finalen Gruppenspiel gegen Tschechien (Dienstag, 21 Uhr) lautete seine Nachricht an die Fans: „Don't panic“ – nur keine Panik!

Teammanager Gareth Southgate war ebenfalls bemüht, die Wogen zu glätten. Die leiderprobten Fans haben wenig Geduld mit den Premier-League-Stars, im Duell mit dem Erzrivalen mussten sich die englischen Spieler gar Pfiffe anhören. Southgate jedoch lobte seinen glücklosen Torjäger - und sprach ihm eine Stammplatzgarantie aus. „Er ist enorm wichtig. Nicht nur wegen seiner Tore, sondern auch im Aufbauspiel und bei vielen anderen Dingen, die er einbringt“, sagte der 50-Jährige: „Ich weiß, dass im Moment viele Fragen über ihn gestellt werden. Aber er hat sowas schon 100-mal durchgemacht.“

Kane wird bislang von seinen Mitspielern noch nicht eingebunden.

Kane, so Southgate, sei „unser wichtigster Spieler, daran gibt es keinen Zweifel. Um zu erkennen, wie wichtig er ist, muss man sich nur seine Torbilanz bei uns anschauen.“ Natürlich sind Kanes Qualitäten unbestritten, bei der WM 2018 kam er auf sechs Tore, in der abgelaufenen Saison war er mit 23 Treffern für Tottenham Hotspur Torschützenkönig. Sein Abschied von den Spurs ist wohl nur eine Frage der Zeit, Manchester United, Manchester City und der FC Chelsea locken den 27-Jährigen.

Englands Offensivprobleme allein an Kane festzumachen, wäre jedoch zu einfach. Der Kapitän, dessen Marktwert von Transfermarkt.de auf 120 Millionen Euro beziffert wird, braucht Zuspiele, um seine Stärken auszuspielen. Die Außenspieler Phil Foden (80 Millionen Euro) und Raheem Sterling (90), der bislang einzige EM-Torschütze der Three Lions, können Kane aber bislang nicht einbinden.

Die andere Seite der Medaille: England hat noch kein Tor kassiert.

Mehr Schwung könnte unter anderem Borussia Dortmunds Jadon Sancho bringen, der noch nicht zum Zug gekommen ist. Auch Jack Grealish oder Marcus Rashford haben sich auf höchstem Niveau bereits bewiesen und wären Alternativen. So aber ist das englische Spiel zu statisch und berechenbar, Schottland hat allen künftigen Gegner vorgemacht, wie man die Three Lions stört. Mit viel Einsatz, Disziplin und Härte.

Die Suche nach den Gründen für den harmlosen Angriff lässt derweil die starke englische Defensive in den Hintergrund rücken. Southgate hatte schon vor Turnierbeginn betont, wie wichtig die Balance im Spiel sei und um Verständnis gebeten – seine bisherige Bilanz gibt ihm recht. In den ersten zwei Spielen musste England kein Gegentor schlucken, dies gelang sonst nur den Schweden und Italien.

Überhaupt ist die Ausgangslage Englands deutlich besser, als man bei der lauten Kritik annehmen könnte. Mit einem Sieg gegen Tschechien wäre der Gruppensieg sicher, ein Unentschieden reicht für Platz zwei. „Wir wollen“, betonte Kane, „die Gruppe ganz vorne abschließen.“ Dann hätten die Engländer im Achtelfinale am 29. Juni ein weiteres Heimspiel gegen den zweiten der Gruppe F – womöglich gegen Deutschland. (sid/tf)

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