„Den wichtigsten Kampf gewonnen“: Eriksen nach Kollaps weiter „stabil“

<p>Das EM-Spiel zwischen Dänemark und Finnland ist am Samstag nach einem tragischen Zwischenfall um Christian Eriksen unterbrochen worden.</p>
Das EM-Spiel zwischen Dänemark und Finnland ist am Samstag nach einem tragischen Zwischenfall um Christian Eriksen unterbrochen worden. | Foto: afp

Auch nach dem Tag, an dem der Fußball einer seiner größten Tragödien entronnen war, befand sich ganz Dänemark noch im Schockzustand. Das Drama um Mittelfeldstar Christian Eriksen ließ niemanden kalt. Die Nationalmannschaft sagte alle Aktivitäten ab, die Fernsehsender des Landes kannten am Sonntag kein anderes Thema. Sogar das Königshaus zeigte sich tief betroffen.

„Das Wichtigste ist, dass es Christian Eriksen den Umständen entsprechend gut geht“, schrieb das dänische Kronprinzenpaar Frederik und Mary bei Instagram und würdigte den Umgang mit der Situation: „Es war rührend, den fantastischen Teamgeist und die Unterstützung von Spielern und Fans zu sehen, nachdem wir alle einen großen Schrecken erlebt hatten.“

Und dieser Schrecken wirkt nach, auch wenn es aus dem dänischen Lager, das von einem Kriseninterventionsteam betreut wird, am Sonntagvormittag erneut positive Nachrichten gab. Eriksen sei nach wie vor „stabil“, teilte der nationale Verband DBU mit. Man habe am Morgen mit ihm sprechen können, er werde jedoch für weitere Untersuchungen im Krankenhaus bleiben.

Quälende und schier endlose 50 Minuten lang herrschte am Samstag die große Ungewissheit, nachdem Eriksen im Spiel gegen Finnland (0:1) kurz vor der Pause kollabiert war. Rettungskräfte waren danach schnell bei ihm. „Er lag auf der Seite, atmete und hatte auch Puls. Aber plötzlich änderte sich das, und wir haben mit der Herzmassage begonnen. Wir haben es geschafft, ihn zurückzuholen“, schilderte Dänemarks Mannschaftsarzt Martin Boesen sichtlich mitgenommen die dramatischen Szenen.

<p>Eriksens Freundin Sabrina Kvist Jensen, beide habe zusammen zwei Kinder, kam auf den Platz.</p>
Eriksens Freundin Sabrina Kvist Jensen, beide habe zusammen zwei Kinder, kam auf den Platz. | Foto: afp

Spieler und Zuschauer hielten sich im Parken-Stadion entsetzt die Hände vors Gesicht - die Schockwelle erfasste ganz Europa. Eriksens Freundin kämpfte sich auf das Feld. Die Dänen stellten sich auf Anweisung ihres Kapitäns Simon Kjaer im Kreis um Eriksen und die Notärzte auf, um einen Sichtschutz zu bilden. Die Finnen verließen mit Tränen in den Augen den Platz.

Dänemarks Trainer Kasper Hjulmand sank betend in die Knie. „Ich bin etwas emotional. Es macht etwas mit einem, wenn ein Freund leidet. Es ist eine harte Nacht“, schluchzte der 49-Jährige mit Tränen in den Augen nach dem Spiel, das trotz der dramatischen Ereignisse „auf Wunsch“ beider Teams zu Ende gespielt worden war. Dabei habe es „keinen Druck“ von der UEFA gegeben, betonte Hjulmand.

Die Alternative wäre eine Fortsetzung des Spiels am Sonntag um 12 Uhr gewesen, doch das sei nicht infrage gekommen, berichtete Hjulmand. „Die Spieler konnten sich nicht vorstellen, schlafen zu können und dann Sonntagmorgen zum Spiel in den Bus zu steigen. Es war besser, es gleich hinter uns zu bringen“, erklärte der ehemalige Mainz-Coach. Doch für diese Entscheidung geriet die UEFA ins Kreuzfeuer der Kritik. Die Spieler wurden „vor eine Wahl gestellt, die keine echte Wahl ist“, kritisierte die dänische Fußballikone Michael Laudrup. Auch Christoph Kramer schlug in die gleich Kerbe: „Das ist für mich der absolute Wahnsinn, das geht nicht. Da liegt der Fehler meiner Meinung nach bei der UEFA. Da muss irgendjemand sagen: 'Leute, jetzt schlaft mal eine Nacht drüber'“, sagte der deutsche Experte im ZDF.

<p>Bei den Fans auf den Tribünen herrschte Fassungslosigkeit.</p>
Bei den Fans auf den Tribünen herrschte Fassungslosigkeit. | Foto: afp

Die UEFA verteidigte sich mit Verweis auf die Regularien. „Wenn ein Spiel nicht beginnen oder zu Ende gespielt werden kann, wird das komplette Spiel oder die verbleibende Spielzeit nach den Regularien am kommenden Tag ausgetragen“, zitierte der Dachverband aus Regel 29.

Allerdings war es nur eine Nebensache, dass das Spiel fortgesetzt wurde, dass Joel Pohjanpalo (60.) für die Finnen traf und dass Pierre-Emile Hojberg mit einem Foulelfmeter an Lukas Hradecky scheiterte (74.). Von Bedeutung war etwas anderes. „Eriksen hat den einzig wichtigen Kampf gewonnen“, titelte etwa das dänische Boulevardblatt B.T.

„Die beste Nachricht des Tages ist, dass es ihm gut geht. Das ist das Einzige, das mir etwas bedeutet“, sagte der sichtlich bewegte Pohjanpalo. „Ich hatte eine Frau auf der Tribüne und ein Kind zu Hause, also ... ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin einfach so froh, dass es ihm gut geht. Ich hoffe, er erholt sich vollständig.“

Auch die finnische Presse nahm Anteil: „Zwei kleine Kinder waren nah daran, ihren Vater zu verlieren“, schrieb die Tageszeitung Hufvudstadsbladet und ergänzte: „Dass der Fußball und andere Dinge eigentlich ziemlich bedeutungslos sind, wenn es um Leben und Tod geht, wurde selten so deutlich.“ (sid/calü)

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