500 Jahre Widerrufsverweigerung: Worms feiert Luthers Mut

<p>Eine Frau steht in der Ausstellung „Luther in Worms 1521 - Der Ort des Geschehens“ vor Bildern von Martin Luther (rechts) und König Karl dem Fünften.</p>
Eine Frau steht in der Ausstellung „Luther in Worms 1521 - Der Ort des Geschehens“ vor Bildern von Martin Luther (rechts) und König Karl dem Fünften. | Foto: picture alliance/Uwe Anspach/dpa

Vor einem halben Jahrtausend, im April 1521, weigerte sich Luther auf dem Reichstag in Worms im heutigen Rheinland-Pfalz, seine Schriften zu widerrufen. Die Gegenrede zu Kaiser und Papst hatte revolutionäre Sprengkraft - die Reformation nahm ihren Lauf und führte zur Kirchenspaltung. An diesem Freitag (16.4.) erinnert Worms mit einem Video-Festakt mit dem deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier an das epochale Geschehen vor 500 Jahren.

Als großes Luther-Jahr hatten Rheinland-Pfalz und die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) das Jubiläum ursprünglich geplant. Dann kam Corona. Nun treffen sich Steinmeier und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer virtuell. Am Jahrestag von Luthers historischem Widerruf, an diesem Sonntag (18.4.), ist nichts geplant - bis auf einen TV-Gottesdienst mit dem katholischen Mainzer Bischof Peter Kohlgraf und EKHN-Kirchenpräsident Volker Jung. Am gleichen Tag nämlich wird die Staatsspitze in Berlin der Corona-Opfer gedenken - ein Ereignis, das wohl viele Blicke auf sich ziehen wird.

Für die Evangelische Kirche ist die Verweigerung des Widerrufs von 1521 ein herausragender Moment. „Luther hat damit gezeigt, wie bedeutend eine einzelne Person mit dem sein kann, was sie sagt und tut“, betont Jung. Das Jubiläum bleibe aber nicht in der Rückschau. „Es regt an, nach den "Luther-Momenten" heute zu fragen. Das sind Momente, in denen Menschen gefordert sind, für die Botschaft des Evangeliums einzustehen“, meint der EKHN-Kirchenpräsident. Es gehe um eine Haltung, die dafür einstehe, sowohl die Würde jedes einzelnen Menschen zu achten als auch das Wohl aller zu suchen.

In 95 Thesen verurteilte Luther (1483-1546) damals den Ablasshandel der katholischen Kirche, um sich von Sünden freikaufen zu können. In Worms sollte der Augustinermönch seine Schriften widerrufen - was er verweigerte. „Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen.“ So sind Luthers Worte überliefert. Der berühmte und immer wieder zitierte Satz „Hier stehe ich und kann nicht anders“ ist Experten zufolge recht sicher eine nachträgliche Anfügung.

Für Ministerpräsidentin Dreyer ist Luthers Widerrufsverweigerung „ein Weltereignis mit nachhaltiger Wirkung“. „Sein Mut und seine Haltung faszinieren bis heute“, sagt sie. Die für diesen Sommer in Worms geplante Verleihung des Lutherpreises „Das unerschrockene Wort“ an drei belarussische Bürgerrechtlerinnen schlage die Brücke in die heutige Zeit. „Mit ihrem friedlichen Eintreten für politische Veränderungen, für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zeigen sie heute so standhaft Haltung wie vor 500 Jahren Luther vor Kaiser und Reich. Jede Zeit braucht Menschen, die Zivilcourage zeigen.“

Wo Luther den Funken zündete, der die Welt veränderte, ist heute ein Park. Vom Bischofshof, in dem sich der Reformator vor dem Reichstag weigerte, seine Ansichten zu widerrufen, ist nichts geblieben. Seit 2017 befindet sich an dem geschichtsträchtigen Ort im heutigen Heylshofpark unter anderem die Bronzeskulptur „Luthers Schuhe“. Anders als in Wittenberg (Sachsen-Anhalt), wo Luther seine Thesen veröffentlichte, sind authentische Zeugnisse verschwunden.

In der Nacht vor der Widerrufsverweigerung wird an diesem Samstag (22.30 Uhr, SWR) in Worms spektakuläre Kunst geboten: Bei einer Multi-Media-Inszenierung soll die Dreifaltigkeitskirche zur „größten Leinwand Europas“ werden. Ein Ensemble um Schauspieler Rufus Beck will dann die Geschichte Luthers vor dem Reichstag zum Leben erwecken. Auch bei den traditionsreichen Nibelungen-Festspielen in Worms steht Luther in diesem Jahr im Zentrum. Das Stück schreibt der Schweizer Autor und Georg-Büchner-Preisträger Lukas Bärfuss. Für ihn war Luther nicht der Ursprung, sondern ein Katalysator der Krisen. (dpa/sc)

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