Was ist eigentlich Transsexualität?

<p>Transsexualität wird oft mit den Begriffen Transgender oder Transvestitismus durcheinandergebracht.</p>
Transsexualität wird oft mit den Begriffen Transgender oder Transvestitismus durcheinandergebracht. | Foto: Prostock-studio – stock.adobe.com

Transvestiten, Transgender, Transsexuelle – Begriffe, die sich zwar sehr ähnlich anhören, aber unterschiedliche Bedeutungen haben. Ein Transvestit ist jemand, der Kleidung trägt, die eigentlich einem anderen Geschlecht zugeordnet ist. Das gilt beispielsweise für Männer, die Frauenkleidung tragen.

Diese Männer werden sehr oft und sehr schnell als homosexuell eingestuft. In Wahrheit hat Transvestitismus aber nichts mit der sexuellen Orientierung zu tun. Manche haben daran einfach nur Spaß. Transgender ist ein Überbegriff für Menschen, die sich nicht mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren: Männer fühlen sich eher als Frau und andersherum. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass diese Menschen sich im falschen Körper geboren fühlen. Oftmals geht es darum, sich nicht typisch männlich oder typisch weiblich zu fühlen, zu verhalten, anzuziehen usw. Transsexuelle können als Transgender-Untergruppe verstanden werden. Sie leiden unter dem Gefühl, im falschen Körper gefangen zu sein: Die körperlichen Merkmale und die eigentliche Geschlechtsidentität stimmen nicht überein. Dabei sind beide Konstellationen möglich:

1. Frau-zu-Mann-Transsexuelle – Frauen oder Mädchen, die sich einen männlichen Körper wünschen

2. Mann-zu-Frau-Transsexuelle – Jungen oder Männer, die körperlich gern eine Frau wären

Wann merkt man, dass man transsexuell ist? Schon sehr früh in der Kindheit kann das Gefühl auftreten, im falschen Körper zu stecken. Wenn Jungs versuchen, wie Mädchen zu sein – oder umgekehrt –, wird dieses Verhalten oft als kindlich spielerisch abgetan. Transsexualität wird daher in der Kindheit häufig nicht erkannt. Richtige Probleme treten für diese Kinder spätestens in der Pubertät auf, wenn sich geschlechtsspezifische Merkmale von Männern und Frauen eindeutiger ausbilden. Schuld daran sind die Sexualhormone Östrogen und Testosteron. Bei Mädchen entwickeln sich Brüste, bei Jungs nimmt die Körperbehaarung zu. Verhaltensweisen, die vorher bei Kindern als spielerisch wahrgenommen wurden, werden nun bei Jugendlichen kritisch hinterfragt: „Warum verhältst du dich wie ein Mädchen/wie ein Junge?“ Die Veränderungen des Körpers und der soziale Druck verstärken das Gefühl, im falschen Körper gefangen zu sein. Dieses Gefühl aus eigener Kraft zu verstehen, ist sehr schwer und kann auch Angst machen. Wer an dieser Stelle keine familiäre Unterstützung und keine professionelle Hilfe bekommt, hat einen schweren Weg vor sich: Viele Transsexuelle entwickeln starke psychische Probleme. Trotzdem suchen nicht alle Betroffenen Hilfe. Männer sind durchschnittlich circa 37, Frauen 26 Jahre alt, bevor sie sich in professionelle Behandlung begeben. Manche machen es nie. Die Dunkelziffer der Transsexuellen ist dementsprechend hoch.

Wie kann man das Geschlecht verändern? Streng gesehen, gar nicht. Das Geschlecht ist durch die Chromosomen im menschlichen Körper vorgegeben. Diese kann man nicht einfach austauschen. Der Begriff Geschlechtsumwandlung ist so gesehen nicht richtig. Allerdings kann das Geschlecht auf andere Wege angepasst werden: mit Hormontherapien und geschlechtsangleichenden Operationen. Bevor irgendetwas davon erfolgen kann, muss die Transsexualität aber offiziell diagnostiziert werden. Das kann frustrierend sein. Denn während man selbst schon sehr sicher ist, was das Problem ist, müssen Ärzte und Therapeuten erst Untersuchungen durchführen und Gutachten erstellen, bevor sie endgültig grünes Licht für eine Behandlung geben können. Das kann dauern. Erst dann sind die Hormontherapie und die geschlechtsanpassende Operation möglich.

Durch die Hormontherapie kommt es bei Erwachsenen zu einer zweiten Pubertät: Männer bekommen oftmals Brüste, eine höhere Stimme, bei Frauen wird die Stimme tiefer und die Körperbehaarung nimmt zu. Wenn Transsexualität frühzeitig erkannt wird, kann die Pubertät bei Kindern mit Medikamenten vorerst verschoben werden. Außerdem können die männlichen und weiblichen Genitalien durch Hormonbehandlung geringfügig verändert werden. Damit Männer eine Scheide und Frauen einen Penis bekommen, ist allerdings die geschlechtsanpassende Operation der Genitalien nötig. Für viele Transsexuelle ist das ein wichtiger Schritt, um sich richtig als Frau oder als Mann zu fühlen. Da diese Operation jedoch unumkehrbar und kompliziert ist, lassen sie weniger als 50 Prozent aller Transsexuellen durchführen.

Neben der Verarbeitung der intensiven psychischen und körperlichen Veränderungen leiden Transsexuelle leider häufig unter Diskriminierungen in Form von Ausgrenzung, Mobbing oder körperlich gewalttätigen Übergriffen. Zwar gibt es in vielen Ländern Antidiskriminierungsgesetzte, die offiziell verbieten, Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität zu benachteiligen – trotzdem ist Diskriminierung für viele Transsexuelle alltäglich, beispielsweise in der Schule oder am Arbeitsplatz. Aus diesem Grund sprechen immer mehr bekannte Personen über ihre Transsexualität. Dazu gehören die amerikanischen Wachowski-Schwestern Lana (früher Laurence) und Lilly (vor Kurzem noch Andrew), die Regisseurinnen der „Matrix“-Filme. Auch Chaz Bono, der Sohn der bekannten Sängerin Cher, war früher eine Frau mit dem Namen Chastity. Balian Buschbaum, deutscher Sportler und früher als Yvonne bekannt, arbeitet heute als Coach für Transsexuelle und klärt in der Öffentlichkeit auf, um Vorurteile gegenüber Transsexuellen abzubauen.

Wo bekommst du Hilfe? Rede zunächst mit deinen Eltern über deine Gefühle und Ängste. Sich damit nicht allein zu fühlen, kann auch schon eine große Hilfe sein. Wer glaubt, im falschen Körper gefangen zu sein, braucht jedoch erfahrene Hilfestellung. Darum solltest du dich an spezialisierte Psychologen wenden. Wie du die richtige Stelle zur Behandlung findest, wissen die Berater und Beraterinnen von Kaleido Ostbelgien. Unter dieser Nummer kannst du jederzeit anrufen: 087 - 55 46 44. Oder schreib eine E-Mail an info@kaleido-ostbelgien.be.

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