Belgien verlängert Ausgangssperre – „Wir stehen erst am Anfang unserer Mühen“

<p>Premier Sophie Wilmès (M.) mit den Ministerpräsidenten Pierre-Yves Jeholet, Elio Di Rupo, Jan Jambon und Oliver Paasch (v.l.)</p>
Premier Sophie Wilmès (M.) mit den Ministerpräsidenten Pierre-Yves Jeholet, Elio Di Rupo, Jan Jambon und Oliver Paasch (v.l.) | Foto: belga

Die Corona-Schutzmaßnahmen sollten normalerweise bis zum 5. April gelten, aber in den letzten Tagen wurde deutlich, dass dies nicht ausreichen wird. „Wissenschaftler sagen uns, dass Indikatoren eine Verlangsamung des exponenziellen Wachstums der Epidemie anzeigen“, sagte Premierministerin Sophie Wilmès (MR) bei der Pressekonferenz nach der Sitzung des Sicherheitsrats, in dem alle Regierungen des Landes vertreten sind (die DG durch Oliver Paasch). „Das ist eine gute Nachricht. Aber die Wissenschaftler sagen auch klipp und klar, dass es viel zu früh ist, um zu behaupten, dass die Epidemie unter Kontrolle ist. Wir stehen erst am Anfang unserer Bemühungen. Wenn wir jetzt nachlassen, könnte das schwerwiegende Folgen haben.“ Wilmès rief alle Bürger auf, die Maßnahmen strikt einzuhalten. „Einige müssen ein großes Opfer bringen. Aber die Gesundheit geht vor.“

Zum Thema Aktivitäten im Freien erklärte die Premierministerin, dass man nicht stundenlang auf einer Bank im Park sitzen dürfe, sondern nach dem Jogging oder Spaziergang nach Hause gehen sollte. „Diejenigen, die sich nicht an die Regeln halten, werden bestraft“, so Wilmès. „Es geht nicht an, für einen Tag in die Ardennen oder ans Meer zu fahren.“ Auf die Frage, ob lange Radtouren erlaubt sind, meinte die Regierungschefin nur, dass sich der gesunde Menschenverstand durchsetzen müsse. Eine klare Distanzregelung, wie in Frankreich, kommt vorerst nicht. Wohl wird, auf Vorschlag von Paasch, die Autofahrt zu einem Park (zwecks Wanderung) ausnahmsweise für Personen mit eingeschränkter Mobilität erlaubt. Darüber werden jetzt noch die Polizeidienste in Kenntnis gesetzt.

Bei einer Bestrafung wird das fällige Bußgeld künftig sofort eingezogen werden können. „Wir befinden uns nicht mehr in einer Phase der Prävention“, meinte Wilmès streng. „Ich weiß, dass es sich um eine Minderheit handelt, aber es ist wichtig, dass sich alle beteiligen und die Maßnahmen ernst nehmen. Leider haben einige Leute noch nicht verstanden, in welcher Situation wir uns befinden. Sie gefährden unsere Bemühungen, indem sie weiterhin Lockdown-Partys organisieren. Solche Partys sind verboten.“ Die Premierministerin wandte sich speziell an Jugendliche: „Vielleicht fühlen sich viele junge Menschen nicht angesprochen. Wenn man jung ist, fühlt man sich unschlagbar. Aber von den Jugendlichen, die noch vor zwei Wochen in Cafés gefeiert haben, befinden sich einige heute auf der Intensivstation.“

Vom Sicherheitsrat angenommen wurde auch das Lösungsmodell von Paasch zur Rechts- und Planungssicherheit bei der Überquerung der Landesgrenzen: Demnach soll noch nächste Woche ein Dokument ausgearbeitet werden, das bei einer Grenzüberquerung (wie zwischen Ostbelgien und Deutschland) aus „essenziellen“ Gründen (berufliche Fahrt, medizinische Behandlung usw.) als Nachweis für den triftigen Grund gilt. „Das sorgt nicht nur für Planungssicherheit bei den Betroffenen, sondern vereinfacht auch die Arbeit der Polizei“, sagt uns der Eupener MP. Innenminister Pieter De Crem (CD&V) wird diesbezüglich am Montag Rücksprache mit den Bürgermeistern und Polizeidiensten nehmen.

Auf die Frage, ob die Sommerfestivals stattfinden könnten, antwortete Wilmès: „Das Wichtigste zuerst. Wir werten die Situation fortwährend aus. Wir schauen noch nicht auf den Sommer. Wir müssen auch das Ende der Krise Schritt für Schritt vorbereiten. Wir sehen noch nicht das Ende des Tunnels .“ Auch gibt es noch keine Aussagen zum Schulunterricht nach dem Ende der Osterferien.

Wenn sie den Zusammenbruch unseres Gesundheitssystems verhindern wolle, habe die Regierung keine andere Wahl, als die Ausgangssperre zu verlängern. Das ist die Schlussfolgerung von Forschern der Universität Gent nach einer eingehenden Analyse verfügbarer Daten. Hätte die Regierung den Lockdown aufgehoben, hätte es rasch einen weiteren Ausbruch mit einer neuen Infektionswelle geben. „Unsere Krankenhäuser würden in etwa einem Monat zusammenbrechen“, lautet das Fazit des Forscherteams. „Hätte die Regierung nichts unternommen, wären unsere Krankenhauskapazitäten Anfang nächster Woche in Schwierigkeiten geraten. Auf dem Höhepunkt der Pandemie, irgendwo zwischen Mai und Juni, hätten bis zu 40.000 Patienten eine Intensivpflege benötigt. Das sind fast 20 Mal mehr Patienten, als die Krankenhäuser bewältigen können." Belgien verfügt derzeit über knapp 2.100 Intensivbetten für Corona-Patienten.

Alle bisherigen Schutzmaßnahmen werden also verlängert, es kommen keine neuen bzw. strengeren hinzu. Die wichtigste Grundregel ist einfach: Bleiben Sie möglichst zu Hause und vermeiden Sie möglichst viele Kontakte.

Eine Übersicht der Maßnahmen:

1. Unterwegs

Erlaubt sind der Weg zur Arbeit, ins Lebensmittelgeschäft, zum Arzt, zur Bank, zur Post, zum Apotheker, zum Tanken oder zur Hilfe von Menschen in Not. Alle anderen (nicht wesentlichen) Fahrten und Ausgänge sind verboten.

Wandern, Radfahren und Spazierengehen im Freien ist erlaubt - mit Familienmitgliedern, die unter demselben Dach wohnen, oder mit einem einzigen Bekannten (Freund), wobei der notwendige Mindestabstand (1,5 Meter) eingehalten wird. Wichtig: Das Auto darf nicht zu einem Ort mitgenommen werden, um spazieren zu gehen.

Ansammlungen sind verboten

2. Geschäfte

Nicht notwendige Geschäfte sind geschlossen.

Lebensmittelgeschäfte bleiben geöffnet. In Supermärkten ist der Zugang jedoch auf einen Kunden pro zehn Quadratmeter beschränkt; ein Kunde darf sich nur maximal 30 Minuten im Geschäft aufhalten.

Auch Apotheken, Tiernahrungsgeschäfte und Zeitungsläden bleiben geöffnet.

Nachtgeschäfte können bis 22 Uhr geöffnet bleiben.

Friseurläden müssen schließen.

Märkte sind verboten; nur Lebensmittelstände dürfen bleiben, wenn sie wirklich unentbehrlich sind.

3. Verpflegung

Alle Cafés und Restaurants sind geschlossen; Terrassenmöbel müssen hereingeholt werden.

4. Arbeitsplatz

Telearbeit ist die Norm. Unternehmen sind verpflichtet, so viel Telearbeit wie möglich zu organisieren. Betriebe, die die Regeln nicht garantieren können, müssen die soziale Distanzierung (mindestens 1,50 Meter) respektieren. Wenn dies nicht geschieht, riskieren die Unternehmen eine hohe Geldstrafe oder sogar die Schließung.

Eine Ausnahme gilt nur für bestimmte lebenswichtige Sektoren und Dienstleistungen, aber auch hier gelten die Regeln der sozialen Distanzierung.

5. Schulen

Der Unterricht ist ausgesetzt. Die Schulen sind nicht geschlossen, weil sie eine Kinderbetreuung gewährleisten müssen (auch während der Osterferien).

Kinderkrippen bleiben geöffnet.

Universitäten und Hochschulen sollten möglichst Fernunterricht anbieten.

6. Veranstaltungen

Alle Freizeit-, Sport-, Kultur- und Folkloreveranstaltungen sind abgesagt.

Eheschließungen und Beerdigungen dürfen nur in einem kleinen Kreis stattfinden. Die katholische Kirche hat beschlossen, dass kirchliche Eheschließungen und Taufen vorerst alle gestrichen werden.

7. Öffentliche Verkehrsmittel

Der öffentliche Verkehr läuft weiter, aber auch hier gelten die Regeln der sozialen Distanzierung: Der öffentliche Verkehr ist so organisiert, dass die Fahrgäste im Abstand von 1,5 Metern sitzen können. Allerdings hat die SNCB ihre Fahrpläne eingeschränkt.

8. Reisen

Nicht unbedingt notwendige Reisen ins Ausland sind verboten.

Kommentare

  • die Leine wird ncht gelockert weil die Kriegsvorbereitungen nicht abgeschlossen sind. Noch 1 Monat, dann habt ihr erste (Kriegs-) Maßnahmen, die nicht mehr widerlegbar sind. Darf ich das sagen???

  • Ja das es Indikatoren gibt das die Ansteckungen sich verringern sehen auch normale Bürger auf den Diagrammen. Wir sehen aber auch Indikatoren für den anderen Fall. Also wenn die Politik das Volk gerne so dumm hätte.>> bitte Schule für immer schliessen.

  • Alles schön und gut, die Geschäfte die den Auflagen nicht nachkommen sollten härter bestraft werden. Delhaize in Büllingen sollte geschlossen werden, das Verhalten von den Kunden und Diejenigen die da arbeiten ist das letzte. Abstand halten kann man nicht, man kann es nur vermeiden indem man im Aldi kaufen geht. Andere Geschäfte halten sich auch an der Regelung.

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