Zweiter HIV-Patient wahrscheinlich geheilt

<p>Elektronenmikroskopische Aufnahme mehrerer HIV-Erreger der Immunschwäche-Krankheit Aids.</p>
Elektronenmikroskopische Aufnahme mehrerer HIV-Erreger der Immunschwäche-Krankheit Aids. | Foto: Hans Gelderblom/Robert Koch Institut/dpa

Es ist erst der zweite Fall weltweit: Der als „Londoner Patient“ bezeichnete HIV-Patient ist wahrscheinlich geheilt. Etwa zweieinhalb Jahre nach Beendigung der Anti-HIV-Therapie ist bei dem Patienten kein funktionsfähiges HI-Virus mehr nachweisbar gewesen, berichtet eine Gruppe um den Mediziner Ravindra Gupta von der University of Cambridge (Großbritannien) in der Fachzeitschrift „The Lancet HIV“. Der Patient, der neben HIV eine Blutkrebserkrankung hatte, hatte zuvor eine spezielle Stammzellspende erhalten. Die Forscher betonen, dass die Stammzelltherapie eine Hochrisikobehandlung sei, die für die meisten HIV-Patienten nicht infrage komme.

Eine Heilung von Aids ist bis heute grundsätzlich nicht möglich. Mit Hilfe von antiretroviralen Medikamenten kann der Erreger allerdings in Schach gehalten und der Ausbruch von Aids langfristig verhindert werden. Beim „Londoner Patienten“, wie auch beim „Berliner Patienten“ Timothy Brown, der seit 2011 als geheilt gilt, wurde das Immunsystem durch eine Stammzelltherapie neu aufgebaut. Der Stammzellspender hatte dabei jeweils eine seltene Mutation, die ihn immun gegen das HI-Virus macht. Sie führt dazu, dass die Zellen kein CCR5-Rezeptor bilden, den die meisten HI-Viren benötigen, um an eine Zelle anzudocken, in der sie sich vermehren könnten.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Erfolg der Stammzelltransplantation als Heilung für HIV, über den erstmals vor neun Jahren beim Berliner Patienten berichtet wurde, wiederholt werden kann“, sagt Gupta. Auch der Berliner Patient hatte eine Form von Blutkrebs.

Das Team um Gupta untersuchte zahlreiche Flüssigkeits- und Gewebeproben des Londoner Patienten. Die Wissenschaftler fanden in einigen Proben zwar noch Teile des Erbguts von HI-Viren. Sie gehen jedoch davon aus, dass es sich dabei um „fossile“ DNA-Stränge handelt, die nicht zu einem vermehrungsfähigen Virus gehören. Viele andere Daten, etwa die stark zurückgegangene Anzahl HIV-spezifischer Antikörper, wiesen darauf hin, dass das Virus aus dem Körper des Patienten verschwunden sei, schreiben die Forscher.

In einem Kommentar, ebenfalls in „The Lancet HIV“, stellen Sharon Lewin und Jennifer Zerbato von der University of Melbourne (Australien) die Frage, ab wann ein HIV-Patient als geheilt angesehen werden kann. Die Medizin wisse heute, dass die meisten Viren, die eine Anti-HIV-Therapie überstehen, defekt seien und sich nicht vermehren könnten. „Eine Heilung für HIV könnte besser als ‘kein intaktes Virus’ definiert werden denn als ‘kein nachweisbares Virus’“, schreiben die Medizinerinnen. Die Studie des Teams um Gupta sei ermutigend, aber am Ende müsse die Zeit zeigen, ob tatsächlich von einer Heilung gesprochen werden könne. (dpa)

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