Internationaler Frauentag: Zweitägiger Streik in Brüssel

<p>2019 fand der erste Streik des Bündnisses „Collecti.e.f 8 maars“ in Brüssel statt.</p>
2019 fand der erste Streik des Bündnisses „Collecti.e.f 8 maars“ in Brüssel statt. | Fotos: belga

„On s’arrête toutes. On arrête tout. On s’arrête partout“ (auf Deutsch etwa „Wir alle halten inne. Wir stoppen alles. Wir halten überall an“): Das ist der Streikaufruf des feministischen Bündnisses „Collecti.e.f 8 maars“, das bereits hinter dem ersten Frauenstreik im vergangenen Jahr stand.

Diesmal verteilt sich die Aktion auf zwei Tage. „Der 8. März fällt auf einen Sonntag, und wir wollen die bezahlte oder unbezahlte Hausarbeit, die Arbeit von Frauen, die – freiwillig oder nicht – zu Hause bleiben, und die Arbeit von prekäreren Frauen, die keine andere Wahl haben, als sonntags zu arbeiten, hervorheben“, erklärt Adeline, Mitglied des Kollektivs, das ausschließlich aus Frauen besteht (oder sich als solche identifizieren).

<p>Der Frauenstreik zum Internationalen Frauentag im Jahr 2019 in Brüssel.</p>
Der Frauenstreik zum Internationalen Frauentag im Jahr 2019 in Brüssel.

Der Streikaufruf erstreckt sich bis Montag, „damit auch Frauen streiken können, die sonntags nicht arbeiten“, sagt sie. „Mit der Erweiterung wollen wir auch die Nachtarbeit in den Mittelpunkt stellen.“ Die Aktion wird von der FGTB unterstützt, die eine Streikankündigung eingereicht hat. Die sozialistische Gewerkschaft weist auf das globale Lohngefälle zwischen Männern und Frauen hin, das in Belgien bei über 23 Prozent liegt. „Ganz zu schweigen von der Diskriminierung bei der Einstellung, der ungleichen Verteilung der Aufgaben oder der schwierigen Kombination von Privat- und Berufsleben, die ein echtes Hindernis für die Emanzipation der berufstätigen Frauen bleibt“, so Adeline.

<p>Der Frauenstreik zum Internationalen Frauentag im Jahr 2019 in Brüssel.</p>
Der Frauenstreik zum Internationalen Frauentag im Jahr 2019 in Brüssel.

Die Forderungen des „Collecti.e.f 8 maars“ sind identisch mit denen des letzten Jahres und beziehen sich auf Arbeit, Körper und Sexualität, Gewalt, Bildung, Ökologie und Grenzen.

Es geht um den Kampf gegen die Prekarität, von der viele Frauen betroffen sind, gegen die Lohnungleichheit, gegen Gewalt, sei es im häuslichen, sexuellen, medizinischen oder anderen Bereichen. Die Streikenden protestieren insbesondere gegen den Mangel an Kinderkrippen und prangern an, dass die Hausarbeit hauptsächlich von Frauen erledigt wird, eine Arbeit, die kostenlos oder schlecht bezahlt ist, unsichtbar ist und eine psychische Belastung darstellt.

Um den Stimmen der Frauen Gehör zu verschaffen und für ihre Rechte zu kämpfen, besetzt das „collecti.ef“ am Sonntag von 10.00 bis 14.00 Uhr den Place de l’Albertine in Brüssel. Um 14 Uhr startet ein Demonstrationszug von der Kreuzung am Europagebäude aus. Im vergangenen Jahr kamen bei der Kundgebung 15.000 Menschen zusammen. Außerdem erfolgte für Montag zwischen 11.00 und 14.00 Uhr ein Aufruf zum Protest.

<p>Der Frauenstreik zum Internationalen Frauentag im Jahr 2019 in Brüssel.</p>
Der Frauenstreik zum Internationalen Frauentag im Jahr 2019 in Brüssel.

Die Aktionen werden auch auf ganz Belgien erweitert. „Dieses Jahr haben wir beschlossen, zu dezentralisieren. Wir haben mehrere Mobilisierungsgruppen, die regional oder je nach Interessenlage gebildet werden können“, erklärt Adeline.

An der Freien Universität Brüssel beispielsweise mobilisieren sich Studentinnen und Forscherinnen, um sektorspezifische Rechte einzufordern.

Forscherin zu sein bedeutet, in einem sehr wettbewerbsorientierten Umfeld zu arbeiten. Verträge werden oft erst im Alter von 30 Jahren angeboten, erklärt Charlotte Casier, Forscherin an der ULB. Außerdem „ist es fast unmöglich, eine feste Professorenstelle zu erhalten, ohne eine gewisse Zeit im Ausland verbracht zu haben. Das ist problematisch, wenn man Kinder hat.“

<p>Der Frauenstreik zum Internationalen Frauentag im Jahr 2019 in Brüssel.</p>
Der Frauenstreik zum Internationalen Frauentag im Jahr 2019 in Brüssel.

Diese Forscherinnen sind auch solidarisch mit dem Verwaltungspersonal, den Reinigungs- und Verpflegungskräften usw. Sie kämpfen dafür, dass auch sie „Zugang zu den gleichen Leistungen wie Universitätsangestellte haben, was derzeit nicht der Fall ist“, fährt Casier fort.

Auch die Studentinnen der Brüsseler Universität schließen sich der Streikbewegung an, denn sie „sind bereits Ungleichheiten ausgesetzt“, bezeugt die Studentin Mathilde. „Wir sind der Ansicht, dass wir Arbeit leisten, die nicht als solche anerkannt wird“, argumentiert sie. Eine der Forderungen der Gruppe betrifft die Bezahlung von Praktika. „Die meisten unbezahlten Pflichtpraktika sind im Pflegebereich angesiedelt, der stark feminisiert ist. Wie die Studentinnen der Krankenpflege, die viele Stunden kostenlos arbeiten“, erklärt sie.

„Die Aktion im letzten Jahr brachte mehr Sichtbarkeit. Nun ist der 8. März ein wichtiges Datum geworden“, sagt Mathilde. Der erste Streik „hatte vor allem eine Medienwirkung“, sagt Adeline von „Collecti.e.f 8 maars“ und fügt hinzu, dass „wenn wir weitermachen, dann deshalb, weil wir immer noch auf Veränderungen warten. Die Gesellschaft bleibt weitgehend patriarchalisch.“ (belga/alno)

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