Oswald Schröder

Premier Alexander De Croo (Open VLD) machte nur eine kurze Einleitung und übergab dann an den Virologen Steven Van Gucht – beim Konzertierungsausschuss vom Donnerstag war man offensichtlich bemüht, das in den letzten Wochen zerdepperte Porzellan vergessen zu machen. Und das ist gut so. Denn in den kommenden Wochen erwartet das Land möglicherweise eine der schwierigsten Situationen der gesamten Pandemie: Es wird gelten, trotz steigender Zahlen, bei fehlendem Personal und trotz mangelnder Ausstattung, einen kühlen Kopf zu bewahren.

Was für ein Jahr. Als es begann, waren wir voller Zuversicht, dass wir Corona zu seinem Ende im Griff haben würden. Zumindest die Pandemie sollte Geschichte geworden sein. Nachher ist man immer klüger, haben wir wieder gelernt, diesmal geschah es auf die harte Tour. Das Virus alleine hätte genügt, das Jahr 2021 zu einem dieser Jahre zu machen, die man am liebsten so schnell wie möglich vergisst. Doch dann kam, zumindest für viele Menschen von der Eupener Unterstadt bis nach Lüttich und Köln und bis ins Ahrtal, eine Jahrhundertflut, die zusätzliche tiefe Narben hinterließ. Dennoch sind wir mit einem blauen Auge davon gekommen.

Wer hätte das gedacht, dass nach dem von Corona verhagelten Weihnachtsfest 2020 die Auflage 2021 auch nicht viel besser zu werden droht. Zwar sinken derzeit die Kennzahlen des Pandemiegeschehens, doch verbreitet sich auf der anderen Seite die Mutante mit Namen Omikron, von der wir immer noch nicht viel wissen, außer dass sie weitaus ansteckender zu sein scheint als beispielsweise die noch dominierende Delta-Variante und dass sie angeblich weniger schwere Krankheitsverläufe verursacht.

Die türkische Zentralbank senkt die Zinsen weiter. Die US-amerikanische Federal Reserve (Fed) kündigt ein Ende ihres Anleihekaufprogramms und drei Zinsschritte (nach oben) für 2022 an, die britische Zentralbank erhöht unerwartet die Zinsen. Derweil zögert Christine Lagarde an der Spitze der EZB weiter. Dabei galoppiert die Inflation in der Türkei längst davon, in den USA, Großbritannien wie in Europa nimmt sie langsam bedrohliche Züge an. Die These, dass all das nur vorübergehend sei, erledigt sich mit jedem Tag ein wenig mehr von selbst. Erinnerungen an 2015 werden wach. An das, was vor 100 Jahren in Deutschland geschah, mag man sich erst gar nicht erinnern.