Anwalt von Spionagevorwurf freigesprochen

<p>Am Dienstagmorgen verurteilte das Zürcher Bezirksgericht den deutschen Anwalt Eckart Seith zu einer Geldstrafe. Vom Anklagepunkt der Wirtschaftsspionage wurde Seith dagegen freigesprochen.</p>
Am Dienstagmorgen verurteilte das Zürcher Bezirksgericht den deutschen Anwalt Eckart Seith zu einer Geldstrafe. Vom Anklagepunkt der Wirtschaftsspionage wurde Seith dagegen freigesprochen. | Foto: dpa

Der Stuttgarter Anwalt Eckart Seith kann seine Wut im Bezirksgericht Zürich kaum in Zaum halten: „Ein Skandalurteil, ein schmutziges Urteil“, wettert er Minuten später. Dabei hat Richter Sebastian Aeppli die Anklage wegen Wirtschaftsspionage gegen ihn gerade verworfen. Aber was Seith empört: nach seiner Lesart hat das Gericht einfach einen Seitenaspekt des Verfahrens aufgebauscht, um an einem vollen Freispruch vorbeizukommen.

Die Details rund um den Prozess hören sich wie ein Wirtschaftskrimi an: Ein reiches Schweizer Bankhaus und ein geprellter deutscher Milliardär. Konspirative Treffen „hinter verschlossener Weinkellertüre“ und Spionagevorwürfe. Versprechen von Millionengagen und anonym hinterlegte Dokumente. Seith soll mit zwei Komplizen die Schweizer Bank S. Safran Sarasin ausspioniert haben, um für einen geprellten Kunden der Bank, den deutschen Milliardär und Drogerieunternehmer Erwin Müller, Schadenersatz zu erstreiten.

Die Anklageschrift war drehbuchreif: „Im März 2013 trafen sich die Beschuldigten (...) in Schaffhausen im Untergeschoss des Restaurants (...) hinter verschlossener Weinkellertüre. Die drei Beschuldigten waren alleine. Nach zehn Minuten war man per Du.“

Doch der Richter zerreißt die Anklage: die von Seith benutzten internen Bank-Dokumente hätten keine Geschäftsgeheimnisse enthalten - also auch keine Spionage. Ende des Krimis, könnte man meinen, aber der Richter hat eine Überraschung parat: wegen einer Liste mit Namen von Bankkunden, die an Journalisten übergeben wurden, kommt er doch noch zu einem Schuldspruch, wegen Verstoßes gegen das Bankgeheimnis. Seith wittert niedere Motive. Mit fadenscheinigen Begründungen habe das Gericht um einen Freispruch herumkommen wollen, um keine Entschädigung zahlen zu müssen. „Darum geht es in der Schweiz: es geht um's Geld“, sagte er. Und schürt Ressentiments, die in Sachen Bankgeheimnis und Steuerstreit seit Jahren zwischen den Nachbarländern stehen.

Aus deutscher Sicht: Hier die rechtschaffenen Deutschen, die Steuerbetrug aufdecken wollen, dort die geldgierigen Schweizer, die ihre reichen Banken schützen wollen. Aus Schweizer Sicht: hier die rechtschaffenen Schweizer, die den Bankkunden versprochene Diskretion bewahren, dort die rücksichtslosen Deutschen, die mit Gesetzesbrüchen Datendieben Vorschub leisten. Wie kommt es zu so unterschiedlichen Sichtweisen?

Jahrelang haben die Schweizer die Schotten dicht gemacht, wenn Steuerfahnder auf der Suche nach Millionenvermögen waren, die Deutsche am Fiskus vorbei über die Grenze geschafft hatten. Die EU drohte mit einer schwarzen Liste, auf der die Schweiz als Steueroase landen könnte. Als sie das Bankgeheimnis bei Steuerhinterziehung deshalb lüftete, brüstete sich der damalige deutsche Finanzminister Peer Steinbrück 2009, man müsse den „Indianern“ eben mit der Kavallerie drohen, damit sie spurten. Diese Verbalattacke haben die Schweizer bis heute nicht verziehen.

Dass deutsche Steuerfahnder weiter CDs mit vertraulichen Bankkundendaten kauften, um deutschen Steuersündern auf die Schliche zu kommen, empört die Schweizer auch. Sie stifteten Bankangestellte geradezu zum Rechtsbruch an. Die Schweizer spionierten ihrerseits die deutschen Steuerfahnder aus, die an dem CD-Kauf beteiligt gewesen sein sollen. Der Spion flog aber auf und wurde 2017 in Frankfurt zu einer Bewährungsstrafe von fast zwei Jahren verurteilt.

Für den Stuttgarter Anwalt ist die Tatsache, dass der schwere Vorwurf der Wirtschaftsspionage gegen ihn vom Tisch ist, alles andere als ein gütlicher vorläufiger Schluss der Auseinandersetzungen. „An den Angeklagten sollte ein Makel hängen bleiben“, sagt er nach dem Urteil. Er will das Urteil weiterziehen: „an das Obergericht, das Bundesgericht, und notfalls die europäische Gerichtsbarkeit“.

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