„Großartiger Mensch“: Lobinger nach Krebsleiden „friedlich eingeschlafen“

<p>Der deutsche Stabhochspringer Tim Lobinger (hier zu sehen im Jahr 2002) ist verstorben.</p>
Der deutsche Stabhochspringer Tim Lobinger (hier zu sehen im Jahr 2002) ist verstorben. | Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Tim Lobinger führte seine Tochter Fee noch zum Traualtar, er knipste Fotos bei der Einschulung seines Sohnes Okkert und spielte mit seiner Enkelin Fia. Es waren wunderschöne Stunden mit seinen Liebsten. Nun ist Lobinger, Stabhochsprung-Star von einst, Vater und Opa, „friedlich eingeschlafen“, wie seine Familie mitteilte: „Er hat den Kampf nicht verloren, sondern auf seine Weise gewonnen.“ Lobinger wurde nur 50 Jahre alt, der Krebs gab ihm nicht mehr Zeit - Leukämie lautete 2017 die Diagnose der Ärzte. Lobinger kämpfte um das Leben, er gab nie auf, so, wie er es immer getan hatte. Nach fünf Chemotherapien und einer Stammzellentransplantation schien der Krebs schon besiegt, doch die Krankheit kam zurück. Im vergangenen Herbst ging er nicht mehr von einer Heilung aus. „Mein Krebs ist zu aggressiv“, sagte Lobinger damals der Bild-Zeitung. Ans Aufgeben dachte er dennoch nicht: „Für jeden Tag, den ich lebe und mit meiner Familie verbringen darf, lohnt es sich zu kämpfen.“

Nun ist die Trauer riesig. Mit Lobinger „verlieren wir nicht nur einen großartigen Menschen, sondern auch einen Sportler, der sich immer für die Leichtathletik eingesetzt hat“, sagte Jürgen Kessing, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Und Vorstandschef Idriss Gonschinska meinte: „Ein großartiger Mensch und begnadeter Stabhochspringer hat uns für immer verlassen. Bis zuletzt haben wir gehofft, dass er den Kampf gegen den Krebs gewinnt“. Bei den deutschen Hallen-Meisterschaften am Wochenende in Dortmund wird es eine Schweigeminute für Lobinger geben, dem spätestens im Sommer 1997 die Herzen der Fans zugeflogen waren. Mit seiner wilden Mähne übersprang er damals in Köln als erster Deutscher im Freien die magische Sechs-Meter-Marke. Er war cool, irgendwie wild, ein echter Typ, laut, entschlossen, sagte seine Meinung und hob den Stabhochsprung in Deutschland auf eine neue Stufe.

„Kritikfreudig, nicht angepasst, nicht ruhig“, so beschrieb sich Lobinger selbst. Der Boulevard nannte ihn einmal „Tim Tobinger“, weil er auch aneckte, sich nicht wegduckte, wenn es ungemütlich wurde. Langweilig wurde es mit Lobinger jedenfalls nie, einmal zog er beim Jubeln sogar seine Hose runter und zeigte den Fans seinen blanken Hintern. Vielen gefiel das, für die Funktionäre übertrieb er ein bisschen mit der Show. Aber Lobinger hatte seinen Spaß, auch bei TV-Formaten wie „Let's Dance“. Und er sprach offen über seine Krankheit, seine Ängste, sein Hoffen, sein Leiden. Das machte vielen ebenfalls Erkrankten Mut. „Verlieren ist keine Option. Mein Kampf gegen den Krebs“, heißt das Buch des Hallen-Weltmeisters von 2003. “Jetzt hast du keine Schmerzen mehr“, schrieb die ehemalige Langstreckenläuferin Sabrina Mockenhaupt bei Instagram. Nach seiner Karriere, die ihn vier Mal zu Olympischen Spielen führte, arbeitete Lobinger unter anderem als Athletiktrainer beim Fußball-Klub RB Leipzig und als Personal Trainer - Nationalspieler Joshua Kimmich war einer seiner Kunden. Doch am liebsten verbrachte er Zeit mit seiner Familie, bei der er nun friedlich eingeschlafen ist. (sid/sc)

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