Klinkenberg betont im Fall Raxhon: „Uns waren die Hände gebunden“

<p>Ministerin Lydia Klinkenberg</p>
Ministerin Lydia Klinkenberg | Foto: David Hagemann

„Es handelt sich bei der Suche nach einer verfassungskonformen Lösung nicht um Paragraphenreiterei, sondern eine notwendige Voraussetzung, um die uns anvertrauten Kinder zu schützen. Hintergrund ist ein realer Fall von Kindeswohlgefährdung“, schreibt die Ministerin in einer Mitteilung. Am 13. Februar 2023 sei sie auf die verfassungswidrige Situation von zwei durch das RZKB anerkannten Tagesmüttern hingewiesen worden, die ihre Tätigkeit auf dem Gebiet der Französischen Gemeinschaft (FG) ausübten. „Man teilte mir mit, dass die Staatsanwaltschaft von Verviers wegen Kindeswohlgefährdung ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren im Haus einer der beiden Tagesmütter eingeleitet hat. In diesem Zusammenhang stellte die Tatsache, dass die Inspektionsdienste des Ministeriums der DG nicht befugt sind, auf dem territorialen Gebiet einer anderen Gemeinschaft ihrer Verantwortung nachzukommen, ein ernst zu nehmendes Problem dar“, so die Ministerin.

„Uns waren aufgrund der verfassungswidrigen Situation die Hände gebunden: Wir konnten nicht intervenieren, um die Sicherheit der Kinder zu garantieren. Im Ernstfall können wir nur Verantwortung übernehmen, wenn die territorialen Zuständigkeiten berücksichtigt werden. Und so endet die Zuständigkeit der DG dort, wo die Französische Gemeinschaft beginnt“, schreibt Lydia Klinkenberg. „Dass Frau Raxhon sich nichts hat zuschulden kommen lassen, ändert nichts daran, dass die Situation zum Schutz aller rechtssicher geregelt werden muss, denn die Sicherheit und der Schutz der Kinder haben oberste Priorität. Wir können von Glück reden, dass nie etwas Schlimmeres passiert ist.“ Von Anfang an sei es ihr aber ein Anliegen gewesen, für Arlette Raxhon eine Lösung finden. „Ich habe ihr im März 2023 in einem persönlichen Gespräch verschiedene Lösungsoptionen aufgezeigt. So habe ich ihr unter anderem angeboten, in der DG in verschiedenen Kinderbetreuungsstrukturen an einem Standort ihrer Wahl als Tagesmutter zu arbeiten. Außerdem habe ich ihr zugesichert, dass ich mich für ihre Anerkennung durch die ONE, den zuständigen Dienst in der Französischen Gemeinschaft, einsetzen werde. Ich habe meine Amtskollegin in der FG zudem mehrfach brieflich dazu aufgefordert, dies ebenfalls zu tun. Mein Kabinett hat sich dazu bereits im März letzten Jahres mit der Französischen Gemeinschaft ausgetauscht. Diese hat uns zugesichert, dass sie bereit wäre, Frau Raxhon anzuerkennen, notfalls mit einer Ausnahmegenehmigung, wissend, dass sie nicht über die in der Französischen Gemeinschaft erforderliche Ausbildung verfügt.“

Zu gleicher Zeit – im März 2023 – habe sie zudem die Initiative ergriffen und der FG den Vorschlag eines Kooperationsabkommens unterbreitet. „Den entsprechenden Entwurf haben wir der Französischen Gemeinschaft im September 2023 vorgelegt.“ Da der juristische Dienst der DG und die Finanzinspektion der FG jedoch zu dem Schluss kämen, dass der Staatsrat ein negatives Gutachten zu dem Abkommen wegen Verstoß gegen die Verfassung ausstellen werde, würde Arlette Raxhon nicht nur lange warten müssen, sondern dennoch nicht weiterarbeiten können. Deshalb habe sie ihrer Amtskollegin Bénédicte Linard (Ecolo) am 8. Januar zwei Alternativvorschläge unterbreitet: In einem ersten Schritt eine administrative Vereinbarung zwischen der ONE und dem ZKB treffen. „Die ONE würde Frau Raxhon als Tagesmutter auf ihrem Gebiet offiziell anerkennen. Somit könnte sie ihre Tätigkeit kurzfristig wieder aufnehmen. Von unserer Seite bieten wir an, uns an den Kosten für die Kinder aus der DG, die Frau Raxhon betreut, zu beteiligen. In diesem Szenario könnte Frau Raxhon zeitnah legal weiterarbeiten und die Eltern aus der DG könnten weiterhin von Frau Raxhon ihre Kinder betreuen lassen. Das Kabinett Linard wird laut meinen Informationen diese oder nächste Woche auf Frau Raxhon zugehen. (...) Einen Entwurf eines solchen administrativen Abkommens habe die DG ausgearbeitet und Linard unterbreitet. In einem zweiten Schritt soll es ein „verfassungskonformes globales Abkommen“ zwischen den Regierungen der DG und der FG geben, das weit über die Kinderbetreuung hinaus geht.

<p>FG-Ministerin Bénédicte Linard</p>
FG-Ministerin Bénédicte Linard | Foto: belga

Sie verschließe sich keiner Lösung, sondern habe im Februar 2023, als sie von der Situation von Arlette Raxhon erfahren habe, „umgehend alle Hebel in Bewegung gesetzt“, um ihr berufliche Perspektiven in der DG oder alternativ in der FG zu bieten und zum anderen die Betreuungsplätze zu erhalten, betont Ministerin Klinkenberg. „Natürlich brauchen wir in gleich welcher Gemeinschaft jeden Betreuungsplatz und Frau Raxhon ist eine geschätzte Tagesmutter.“ Das Angebot, in Kelmis zu arbeiten, habe Arlette Raxhon leider ausgeschlagen. Die Wahrung des Territorialprinzips bedeute nicht, dass Tagesmütter nicht arbeiten können, wo sie möchten, oder dass Eltern nicht ihre Kinder betreuen lassen könnten, wo sie möchten.

Und die Berücksichtigung des Territorialprinzips stehe keinesfalls im Widerspruch zum sprachgrenzenüberschreitenden Zusammenleben und -arbeiten. „Dass Kinder aus der Französischen Gemeinschaft hier betreut werden und Kinder aus der DG in der Französischen Gemeinschaft betreut werden, ist überhaupt nicht das Problem. Das ist möglich und auch gut so und das soll auch weiterhin so bleiben. Allerdings muss dies, wie in allen anderen Bereichen, auch unter Berücksichtigung der Zuständigkeiten und der jeweils vor Ort geltenden Regeln geschehen.“ Es sei „kein Geheimnis“, dass die Kinderbetreuung in der DG „besser bezuschusst“ werde und auch die Arbeitsbedingungen sowie finanziellen Entschädigungen der Tagesmütter in Ostbelgien deutlich günstiger seien als in der FG. „Voraussetzung ist, dass man in Ostbelgien arbeitet. Die Kindergärtner, die in der Französischen Gemeinschaft arbeiten und dort auch deutschsprachige Kinder unterrichten, müssen ebenfalls nach den Regeln der Französischen Gemeinschaft arbeiten und profitieren beispielsweise nicht von den günstigeren Personalnormen, die bei uns gelten“, so Klinkenberg.

„Dass Frau Raxhon vor 18 Jahren vom RZKB anerkannt wurde und es jahrelang offenbar toleriert wurde, das Territorialitätsprinzip zu umgehen, ändert nichts daran, dass die Situation seit Jahren verfassungswidrig ist.“ Das sei keine Frage „des Empfindens“, wie RZKB-Verwaltungsratspräsident Patrick Meyer, der jetzt auch ZKB-Vorsitzender ist, in einem Interview gesagt hatte. „Wie gefährlich die Folgen sein können, ist spätestens seit dem Verdachtsfall der Kindeswohlgefährdung von Februar 2023 klar, der zu einer Neubewertung der Situation führen musste.“ Zudem habe mit dem ZKB am 1. Januar 2024 ein neuer Arbeitgeber die Kinderbetreuung der DG übernommen, was dazu führe, dass es neue Regeln gebe. „Dass das für viele trotzdem schwer nachzuvollziehen ist, kann ich verstehen, aber als Politikerin ist es meine Verantwortung, eine rechtssichere Lösung zu finden, die es erlaubt, in allen Situationen die Sicherheit der Kinder zu gewährleisten. Das ist meine Aufgabe als Aufsichtsministerin.“ Sie setze sich für Rechtssicherheit für die Kinder und eine Lösung für Arlette Raxhon ein.

In ihrer ausführlichen Stellungnahme ging Ministerin Lydia Klinkenberg auch noch einmal auf das Territorialprinzip ein. Dieses schließe sprachgrenzüberschreitende Zusammenarbeit nicht aus:

„Die Berücksichtigung des Territorialprinzips steht keinesfalls im Widerspruch zum sprachgrenzenüberschreitenden Zusammenleben und -arbeiten. Allerdings muss dies, wie in allen anderen Bereichen auch unter Berücksichtigung der Zuständigkeiten und der jeweils geltenden Regeln geschehen. Ein Beispiel: Altenheime auf dem Gebiet der Französischen Gemeinschaft werden selbstverständlich gemäß den Dekreten der FG anerkannt, inspiziert und finanziert. Altenheime in der DG werden nach den Regeln der DG anerkannt, inspiziert und finanziert. Das ist das Territorialitätsprinzip. Es wäre völlig undenkbar, dass ein Altenheim auf dem Gebiet der FG nach den Regeln der DG anerkannt oder finanziert wird. Natürlich dürfen Senioren der DG in Altenheimen der FG untergebracht werden und umgekehrt. Gleiches gilt für die Schulen, natürlich können Schüler aus der FG in der DG zur Schule gehen und umgekehrt, es gelten dann aber die Regeln der jeweils zuständigen Gemeinschaft. So lernen die ostbelgischen Kinder, die in der Französischen Gemeinschaft unterrichtet werden, was in den Rahmenplänen der Französischen Gemeinschaft steht. Die Schule wird von der Französischen Gemeinschaft finanziert und es gelten die dortigen Normen. Umgekehrt werden die Schüler aus der Französischen Gemeinschaft, die in unseren Schulen unterrichtet werden, auch nach den bei uns geltenden Rahmenplänen unterrichtet und es gelten unsere Kontroll- und Finanzierungsmechanismen. Gleichermaßen kann ein Lehrer aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft zwar in der Französischen Gemeinschaft unterrichten, er wird dann aber auch nach den dortigen Baremen bezahlt und unterrichtet Klassen, die den dortigen Normen entsprechen. Genauso verhält es sich in der Kinderbetreuung und bei Frau Raxhon. Sie muss in der FG nach den Dekreten der FG anerkannt, inspiziert, finanziert werden. Nichts spricht aber dagegen, dass Kinder aus der DG bei ihr betreut werden. Tagesmütter auf dem Gebiet der DG wiederum müssen nach den Regeln der DG anerkannt, inspiziert, finanziert werden. Es wäre umgekehrt völlig undenkbar, dass eine Tagesmutter, die auf dem Gebiet der DG arbeitet, nach den Regeln der FG finanziert wird. Aber nichts spricht dagegen, dass Kinder aus der FG bei Tagesmüttern in der DG betreut werden.“

Sie betont auch, dass der ursprüngliche Lösungsvorschlag verfassungswidrig gewesen sei: Bereits im März 2023 habe sie der Französischen Gemeinschaft den Vorschlag eines Kooperationsabkommens unterbreitet, das von den jeweiligen Regierungen und Parlamenten gebilligt werden sollte. „Den Entwurf des Abkommens hat die Deutschsprachige Gemeinschaft der Französischen Gemeinschaft im September 2023 vorgelegt. Es handelt sich um jenes Abkommen, das die Französische Gemeinschaft nun unterzeichnen möchte. Es erwies sich aber im Nachhinein als nicht möglich, das Problem über dieses Abkommen zu lösen. Der juristische Dienst der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist nach gründlicher Überprüfung des Textes zu der gesicherten Überzeugung gelangt, dass der Text verfassungswidrig ist und vom Staatsrat negativ begutachtet würde. Durch ein solches Abkommen, durch das Frau Raxhon für das ZKB auf dem Gebiet der FG arbeiten würde, entstünde eine Rechtsunsicherheit, die weder im Interesse der Tagesmutter noch im Interesse der Kinder und ihrer Eltern wäre. Auch die Finanzinspektion der Französischen Gemeinschaft hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Abkommens geäußert. Außerdem schließt der Text in seiner aktuellen Fassung eine Betreuung von Kindern aus, deren Wohnsitz sich in der Französischen Gemeinschaft befindet. Das wiederum wäre ein großes Problem für Frau Raxhon, weil die Mehrheit der Kinder, die sie betreut hat, ihren Wohnsitz in der Französischen Gemeinschaft hat. Daher wird die Ministerin dieses Abkommen – auch wenn das inzwischen sogar durch eine Petition eingefordert wird – nicht unterzeichnen können. Es ist rechtlich nicht möglich, Kompetenzen – in diesem Fall die Anerkennung einer Tagesmutter – gänzlich an eine andere Gemeinschaft zu übertragen. Zu diesem Schluss ist ebenfalls die Ombudsfrau der DG im Fall Raxhon gelang. Da das besagte Abkommen durch den Staatsrat abgesegnet werden müsste, um überhaupt rechtskräftig zu sein, ergäbe sich zudem eine lange Wartezeit von mehreren Monaten. Das bedeutet, dass Frau Raxhon in der Zwischenzeit ihre Tätigkeit nicht wieder aufnehmen dürfte. Da zudem die Juristen beider Gemeinschaften zu dem Schluss kommen, dass der Staatsrat ein negatives Gutachten ausstellen wird, würde Frau Raxhon letztlich dennoch nicht weiterarbeiten können.“ (red/sc)

Kommentare

  • Wie sieht es mit den Notaufnahmewohnungen und der Tagesstätte am Garnstock aus, die von der DG anerkannt, kontrolliert und subsidiert werden, obwohl sich der Garnstock auf dem Gebiet der Gemeinde Baelen befindet? (siehe Kommentar von N. Schleck an anderer Stelle). Inwieweit wird das Territorialitätsprinzip hier berücksichtigt bzw. welche Maßnahmen wurden ergriffen, damit diese Situation verfassungskonform ist? Wodurch unterscheidet sich diese Situation von einem Altenheim oder dem Betätigungsort einer Tagesmutter? Danke!

  • Der Wortschwall der fünfseitigen Pressemitteilung der Ministerin beantwortet zwar einige Fragen und gibt Details zur unmittelbaren Vorgeschichte, lässt aber weiterhin im Dunkeln, wieso es dazu kommen konnte, dass zwei Tagesmütter jahrelang (18 für Frau Raxhon) ihre Tätigkeit in völliger Illegalität ausüben konnten, mit Wissen des RZKB und auch des übergeordneten Ministeriums und also auch der verantwortlichen Ministerin, seit 2020 Frau Klinkenberg.

    Erst am 13. Februar 2023 habe sie davon erfahren, als man (Wer?) ihr mitteilte, „dass die Staatsanwaltschaft von Verviers wegen Kindeswohlgefährdung ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren im Haus einer der beiden Tagesmütter eingeleitet hat.“

    Weiter: „Uns waren aufgrund der verfassungswidrigen Situation die Hände gebunden: Wir konnten nicht intervenieren, um die Sicherheit der Kinder zu garantieren!“
    Aber das waren sie doch schon seit 2005. Wie kann das sein, dass niemand sich vorher Gedanken darüber gemacht hat, „wo doch der Schutz und die Sicherheit der Kinder für sie an erster Stelle stehen“, wie die Ministerin eingangs betont?
    Wie viele Inspektionen wurden eigentlich in all den Jahren durchgeführt? Keine? Wenn doch, dann allesamt natürlich illegal.

    Noch ein Punkt: Laut der Ministerin hat Frau Raxhon acht Kinder betreut, deren Eltern in der FG wohnen. Nur vier kamen aus der DG , also zwölf insgesamt.
    Da stellt sich doch die Frage: Wer finanzierte das? Die FG über das ONE bestimmt nicht, da Frau Raxhon dort nicht anerkannt war und die Bedingungen auch nicht erfüllt hätte.
    Entweder hatte Frau Raxhon diese acht Kinder gratis betreut, oder deren Eltern zahlten den vollen Tagespreis… oder die DG zahlte für alle, was auch wieder eine eklatante Kompetenzüberschreitung gewesen wäre.
    Und wie ist eigentlich die Höchstnorm in der DG? 4 oder 6 Kinder? Oder auch 12?

    Im März erfolgte dann der Vorschlag eines Kooperationsabkommens, also einer Art „Lex Raxhon“ (der zweite Fall wurde ohne jedes Aufsehen „bereinigt“) ... für eine Person und vier Kinder (!)
    Im September lag dann der Entwurf vor, der der FG im September zugestellt wurde, obwohl der juristische Dienst der DG zu dem Schluss gekommen war, „dass der Staatsrat ein negatives Gutachten zu dem Abkommen wegen Verstoß gegen die Verfassung ausstellen wird.“
    Und trotzdem übermittelt man den Entwurf der Gegenseite, deren Finanzinspektion natürlich ebenfalls zu einem negativen Urteil kommt.
    Und jetzt soll es ein (legales?) „administrativen Abkommen“, richten, das man am 8. Januar so aus dem Ärmel schüttelt, nachdem man die andere Seite dazu "aufgefordert" (!) hat, Frau Raxhon per Ausnahmegenehmigung anzuerkennen.

    Man wird den Eindruck nicht los, dass in dieser Sache seit 2005 (und nicht erst seit März 2023) überaus dilettantisch verfahren wurde. Man darf gespannt sein, wie es weitergeht.

  • Wer sich auf dem Webportal des ONE (Office de la Naissance et de l’Enfance) der FG umschaut, kann unter « Crèches, accueillantes et accueillants » Folgendes lesen :
    « Tous les milieux d'accueil ont dû impérativement recevoir une autorisation de fonctionnement avant de pouvoir s'ouvrir. L'ONE s'est préalablement assuré que chaque milieu d'accueil autorisé respecte bien dès son ouverture les conditions minimales de sécurité en matière de locaux et de compétences du personnel. »

    « Tous les milieux », also auch eine Tagesmutter aus der DG nach ihrem Umzug in die FG.
    “impérativement », ohne Wenn und Aber.
    „avant de pouvoir s’ouvrir. L’ONE s’est préalablement assuré… » In diesem Fall hier kann das nicht erfolgt sein, denn wieso müsste die FG sonst jetzt von Ministerin Klinkenberg „aufgefordert“ (?!?) werden, diese Anerkennung (rückwirkend?) per Ausnahmegenehmigung nachzureichen?
    Sehen die Bestimmungen denn überhaupt so eine Ausnahme vor?

    Im Internet findet sich eine vierzigseitige Broschüre „Circulaire relative à l’arrêté du 2 mai 2019 fixant le régime d‘autorisation et de subvention […] des (co)acueillant(e)s d’enfants indépendant(e)s»
    Mit der anzuwendenden Prozedur «en cas d’activité d’accueil sans autorisation"

    Man darf festhalten: Frau Raxhon hat jahrelang außerhalb jeder Legalität - sowohl was die FG wie auch die DG betrifft - Kleinkinder aus beiden Gemeinschaften betreut.

    Könnte die wallonische Ministerin so einfach durch ein „administratives Abkommen“ darüber hinweggehen?
    Auch da darf man gespannt sein.

  • Der „Fall Klinkenberg-RZKB-Raxhon“ im Spiegel der (im weiteten Sinne) ostbelgischen Presse:

    + Das GE brachte insgesamt acht Artikel zum Thema mit vier Aufmachern auf Seite eins. Alle Beteiligten kamen ausführlich zu Wort.
    Leider wurde vermieden, „tiefer zu bohren“ und nach den Ursachen für diesen seit 18 Jahren andauernden illegalen Zustand zu forschen.
    Auf GE-net gab es 21 Kommentare von 9 verschiedenen Verfassern.

    + Der BRF reagierte erst am 10. Januar auf seiner Webseite mit einen Beitrag: „Klinkenberg: Ein Abkommen wird den Fall Raxhon nicht lösen.“
    (Inzwischen hat sie ihre Meinung geändert: ein „administratives Abkommen" ist anscheinend formuliert und ein „globales“ in Arbeit!)
    Der Beitrag steht inzwischen unter der Rubrik „Regional“ auf Seite 6.
    Das war’s.

    + Das Medium für „Nachdenker, Vordenker und Querdenker“ brachte am 5. Januar einen inzwischen mehrfach aktualisierten Beitrag, der sich allerdings größtenteils auf die Wiedergabe von Zitaten beschränkt, also wie üblich ein bloßer Aufhänger ist für die nicht weniger als 233 Kommentare, davon 90 Prozent anonym und vielfach vom dort üblichen Niveau.
    A propos anonym: 233 gegen 21. Das lässt tief in die ostbelgische Seele blicken...

    Die Medien als Vierte Gewalt, als die man sich gerne feiern lässt?
    "Diese Kontrolle der Regierenden durch die freien Medien ist ein wesentlicher Grundzug von demokratischen Gesellschaften." (bpb)

    + Sudinfo-La Meuse-Verviers berichtet am 05.01. :
    « Accueillante d’enfants depuis 20 ans, Arlette vient d’être virée parce qu’elle habite à Plombières, du mauvais côté de la frontière linguistique - Après avoir travaillé pendant 20 ans en tant qu’accueillante d’enfants, Arlette Raxhon se retrouve sans emploi… à cause d’un conflit entre les Communautés française et germanophone. »

    + La Dernière Heure bringt dazu: « Imbroglio incroyable : Arlette, gérante d'une crèche depuis 20 ans, doit stopper ses activités en pleine pénurie.
    Arlette, gardienne d’enfants depuis 20 ans, doit stopper ses activités pour un conflit de territoire entre communautés. »

    Der Rest des jeweiligen Artikels steht hinter einer Schranke, aber die Einleitung genügt, um festzustellen, das diese Berichterstattung reiner Unsinn ist.
    Es handelt sich keineswegs um einen Konflikt zwischen den beiden Gemeinschaften und erst recht nicht um einen solchen territorialer Natur.
    Journalismus vom Feinsten…
    Und das in unmittelbarer Nachbarschaft zur DG… also sozusagen in „Ostbelgien“, Pardon „Belgique de l’Est“.

  • Hallo Herr Schleck,

    Meinen Respekt für ihr Interesse in dieser Angelegenheit und die berechtigten Fragen und Bemerkungen.
    Der Ausschuss III des PDG befasst sich Do. 18. Januar in zwei Interpellationen an die zuständige Ministerin mit dem Thema, in der Hoffnung, dass die 26 von Frau Huppertz und Pauels gestellten Fragen, Licht in das nach wie vor vorherrschende Dunkel bringen.
    Auch die Frage des Territorialitätsprinzips wird dort angesprochen… leider nicht in Bezug auf den Garnstock. Vielleicht ist die Antwort hierzu ja ganz einfach, aber es scheint niemanden zu interessieren.

    Ihr Unverständnis über die „oberflächliche“ Berichterstattung der Medien hierzu ist berechtigt. Und dass 2 Oppositionsfraktionen im PDG hierzu scheinbar weder Fragen noch Bemerkungen haben umso erstaunlicher.

    Gespannt bin ich, ob irgendein Verantwortlicher, sei es vom RZKB oder der Regierung den Mut aufbringt einzugestehen, dass hier wohl in den vergangenen 18 Jahren Fehler begangen wurden, deren Folgen zu dem jetzigen Chaos geführt haben und ob irgendjemand die Verantwortung hierfür übernimmt.
    Es müssen ja nicht - wie von Übereifrigen gerne gefordert - gleich Köpfe rollen.

    Lassen wir uns überraschen…

  • Ja, Herr Leonard, mein Interesse für den juristischen Aspekt dieser Angelegenheit dürfte die Langzeitfolge einer Berufskrankheit sein, wobei ich keineswegs die menschliche Seite der Angelegenheit verkenne.
    Aber Recht muss Recht bleiben, und ein überhasteter „tour de passe- passe“, wie er etwa in der jetzt kursierenden Petition und in namentlichen oder anonymen Kommentaren gefordert wird, wäre keine gute Lösung in einem Rechtsstaat, zumal ja die juristischen Dienste der zuständigen Ministerien zu einem negativen Urteil diesbezüglich gekommen waren.
    Ironischerweise hatte die Ministerin vorher selbst ein solches Abkommen ausgeschlossen. Man darf wirklich gespannt sein, weshalb das nun plötzlich doch anders sein sollte.

    Verantwortung übernehmen?
    Ja, in Sonntagsreden klingt das so: „„Als Ministerin für Bildung, Forschung und Erziehung in der Deutschsprachigen Gemeinschaft übernehme ich Verantwortung für wichtige Zuständigkeitsbereiche.“
    Aber wenn etwas schiefläuft, liest das sich in dem Wust von - zum Teil widersprüchlichen - Erklärungen so:
    „Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die konventionierten Tagesmütter vom Tagesmütterdienst des RZKB zugelassen wurden. So auch die betroffene Tagesmutter. Dementsprechend wäre diese Frage an das RZKB zu richten. Nichtsdestotrotz hätte Frau Raxhon ihre Aktivität damals wie heute nicht in der Französischen Gemeinschaft ausüben dürfen. Der dort zuständige Dienst ist die ONE. Ich habe das Ministerium daher gebeten, der Situation genauestens auf den Grund zu gehen, damit sich so etwas nicht wiederholt.“
    So, als habe man vorher nie etwas damit zu tun gehabt, dass das eigene Ministerium und das von ihm kontrollierte RZKB 18 Jahre lang außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches agiert haben.

    Patrick Mayer: „Arlette Raxhon habe zur vollsten Zufriedenheit aller als Tagesmutter gearbeitet und freiwilligen Inspektionen zugestimmt, fügt er hinzu. 2020 habe sie noch eine neue Anerkennung erhalten. „Und die Anerkennung durch das RZKB wurde ja auch durch das Ministerium abgesegnet“, spielt Patrick Meyer in gewissem Sinne den Ball wieder zurück.“

    Die gute Frau Raxhon mag in gutem Glauben gehandelt haben, „alles sei in Ordnung“, aber in Wirklichkeit war ihre Tätigkeit illegal, da sie über keine Anerkennung seitens der FG verfügte und diejenige der DR wertlos war, ebenso wie die „freiwilligen“ Inspektionen.

    Dass niemand bei den zuständigen Stellen das bemerkt hat, bis im März 2023 die Bombe platzte (Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in einem zweiten ähnlichen Fall), müsste doch eigentlich ein gefundenes Fressen für die Opposition sein.

    Mal sehen, was die Interpellationen der CSP und der parteilosen Frau Huppertz erbringen…
    Wo bleibt eigentlich VIVANT?

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