„Herbst und Winter könnten erneut sehr schwierig werden“

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Die Anzahl Krankenhauseinweisungen ist weiterhin zu hoch. | Foto: epa

Die Zahlen für Samstag, 25. April:

Infektionen: Es wurden 809 Neuinfektionen registriert: Insgesamt wurden in Belgien bis dato 46.134 Infektionen identifiziert.

Todesfälle: 178. Davon starben 75 Patienten im Krankenhaus (allesamt bestätigte Fälle) und 103 in einem Alten- und Pflegeheim (58% bestätigte Fälle durch Labortests). Insgesamt starben in Belgien seit dem Ausbruch der Epidemie 7.094 Menschen an den Folgen von Covid-19: 45% in einem Krankenhaus, 53% in einem Altenheim (davon nur 10% bestätigt).

Krankenhäuser: 204 neue Einweisungen (nach 217 am Vortag). Gleichzeitig aber konnten 368 Patienten das Krankenhaus genesen verlassen (insgesamt seit dem 15. März: 10.785). Insgesamt befinden sich derzeit 3.959 Corona-Patienten im Krankenhaus. Auf der Intensivstation liegen 891 Erkrankte (minus 43).

Schon seit einigen Tagen liegt die Anzahl Krankenhausaufnahmen bei etwas mehr als 200; sie fällt nicht weiter wie an den Tagen zuvor, was Experten auf das Verhalten von Bürgern zurückführen, die an Ostern mit Grillfesten, Gartenpartys und Picknicks gegen die Regeln verstießen. Am Freitag hatte der interföderale Sprecher für Covid-19, Steven Van Gucht, gemeint: „Die Fallzahlen sind nicht gestiegen, aber man kann nicht wissen, ob sie nicht noch niedriger wären, wenn es keine Verstöße gegeben hätten.“ Sein Kollege, der Virologe Marc Van Ranst, legte am Samstagabend im VTM-Fernsehen unmissverständlich nach: „Wenn die Zahl der Krankenhausaufnahmen nicht unter 100 sinkt, können wir nicht mit dem Ausstieg aus dem Lockdown beginnen; dann ist eine Öffnung der Geschäfte ab dem 11. Mai nicht drin.“

Premierministerin Sophie Wilmès (MR) betonte am Sonntag, dass am 4. Mai mit dem langsamen Exit nur dann begonnen werden könne, wenn die Zahlen dies erlauben. Eine Sicherheit für den am Freitag vom Sicherheitsrat beschlossenen Fahrplan in drei Phasen gebe es nicht. Der liberale Vizepremier Alexander De Croo (Open VLD) meinte seinerseits, dass man für die Lockerung der Beschränkungsmaßnahmen vor allem nach den Zahlen in den Krankenhäusern, die relevant für das gesellschaftliche Leben (und somit die Öffnung der Geschäfte) seien, und weniger nach denen in den Altenheimen schauen sollte.

Wenn es eine Sicherheit nach den Beschlüssen von Freitag gibt, dann die, dass unsere Freiheit noch sehr lange durch Maßnahmen gegen Corona eingeschränkt sein wird. Als ob dies noch nicht reichen würde, warnte Steven Van Gucht am Wochenende abermals vor einem Wiederaufflammen des Virus und einem neuen Höhepunkt der Epidemie (mit einem neuen Lockdown) nach dem Sommer. „Herbst und Winter könnten erneut eine schwierige Zeit sein“, sagt der Virologe bei der Vorstellung der Fallzahlen am Samstag. Auch der deutsche Virologe Christian Drosten warnte eindringlich vor einer möglichen zweiten Infektionswelle, die mit voller Wucht zuschlagen könnte.

Die Angst vor einem Höhepunkt im Herbst ist rein spekulativer Natur, aber Virologen wissen, dass Grippe und andere Atemwegserkrankungen jahreszeitlich bedingt sind. „Unter winterlichen Bedingungen können sie sich leichter ausbreiten. Wir leben mehr in Innenräumen, es gibt weniger Luftzirkulation und es gibt weniger UV-Licht. Bei niedrigeren Temperaturen können die Viruströpfchen auch länger verweilen“, erläuterte Van Gucht. Ob sich Sars-CoV-2 bei wärmerem Wetter wirklich weniger ausbreitet, konnte bisher nicht nachgewiesen werden“, räumte er allerdings ein und zeigte sich zuversichtlich, dass „wir das Virus in den kommenden Monaten gut unterdrücken können, ohne dass es ganz verschwindet“.

Wenn das so ist, kann man sich fragen, warum dann nicht wenigstens der Sommer erträglicher gestaltet wird, indem mehr soziale Kontakte und Veranstaltungen zugelassen werden. Van Gucht: „Wenn wir dem Virus erlauben, sich im Sommer homogen zu verbreiten, kann es sich für den Winter mit größerer Kraft in Position bringen. Es gibt nur eine Alternative: Auch im Sommer auf die Bremse drücken.“ Kurzum: Soziale Distanzierung wird auch im Sommer die Norm bleiben, es sei denn, es gelingt bis dahin, das Virus in Belgien ganz auszurotten. Für den Herbst setzt Van Gucht seine Hoffnungen auf die Wissenschaft. Nicht für einen Impfstoff, das wäre zu früh. Aber für wirksame virale Medikamente. (gz)

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