Behörden und Atomfabrik in Deutschland streiten über Nuklearexport nach Belgien

<p>Blick auf ein Zugangstor vom Werk der Advanced Nuclear Fuels GmbH (ANF) in Lingen. Das Werk der Framatome-Tochter fertigt Brennelemente für Druckwasser- und Siedewasserreaktoren von Atomkraftwerken.</p>
Blick auf ein Zugangstor vom Werk der Advanced Nuclear Fuels GmbH (ANF) in Lingen. Das Werk der Framatome-Tochter fertigt Brennelemente für Druckwasser- und Siedewasserreaktoren von Atomkraftwerken. | Foto: Friso Gentsch/dpa

Zwischen der deutschen Nuklearaufsicht und der Atomfabrik in Lingen an der Ems gibt es Streit über den Export von Brennelementen an das Kernkraftwerk Doel in der Nähe von Antwerpen im Januar. Die Sicht des Bundesumweltministeriums: Die Transporte hätten warten müssen, weil seit 7. Januar ein Widerspruch der Umweltorganisation Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) vorlag. Das teilte das Ministerium in Berlin mit.

Argument: Angesichts des Widerspruchs darf der Export trotz Genehmigung nicht vollzogen werden.

Das Ministerium und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hätten das Unternehmen auf das „Risiko strafbarer Handlungen“ hingewiesen, sollten die Transporte unzulässig auf den Weg gegangen sein. Der Brennelemente-Hersteller Advanced Nuclear Fuels (ANF) in Lingen, eine Tochter der französischen Framatome, äußerte sich zu Details der Exporte nicht.

Das Unternehmen stellte aber fest, „dass alles, was wir getan haben, in vollem Einklang mit den Vorschriften und Vorgaben der zuständigen Behörden steht", wie eine Sprecherin sagte. Das BAFA in Eschborn bei Frankfurt verdeutlichte nach eigenen Angaben dem Unternehmen ANF am 15. und am 18. Januar seine Rechtsauffassung: Angesichts des Widerspruchs vom BUND Nordrhein-Westfalen dürfe der Export trotz Genehmigung nicht vollzogen werden. Trotzdem wurden am 18., 20. und 21. Januar und nach Ministeriumsangaben auch am 25. Januar Brennstäbe von Lingen nach Doel gebracht.

Grundsätzlich hat ANF seit März 2020 eine Genehmigung des BAFA, 52 Kernbrennelemente nach Doel zu liefern. Das Atomkraftwerk liegt im Hafen von Antwerpen. Kernkraftgegner halten das Werk für unsicher. Umweltgruppen nutzen in ihrem Widerstand gegen die Atomindustrie das Verbandsklagerecht, das ihnen im deutschen Umweltrecht eingeräumt wird.

Abschließend geklärt ist die Frage aber nicht, ob der Widerspruch von Umweltgruppen die Exportgenehmigungen aushebeln kann. Auch das Bundesumweltministerium sprach vorsichtig nur davon, dass der Widerspruch „nicht offensichtlich unzulässig" sei. Ein Musterfall liegt derzeit beim Verwaltungsgericht Frankfurt.

Dort ficht ANF den Widerspruch des BUND Baden-Württemberg gegen Atomexporte an das Atomkraftwerk Leibstadt in der Schweiz an. Diese Transporte haben schon im vergangenen Jahr stattgefunden. Das Gericht will nach Auskunft einer Sprecherin kommende Woche entscheiden.

Der Vorwurf: unerlaubter Umgang mit radioaktiven Stoffen

Weil sich ANF über den Exportstopp hinweggesetzt habe, erstatteten der BUND Nordrhein-Westfalen und andere Gruppen vergangene Woche Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück. Der Vorwurf: unerlaubter Umgang mit radioaktiven Stoffen. Auch das BAFA wurde angezeigt. Anti-Atomgruppen aus dem Emsland zeigten auch die Transportfirmen an. Sie riefen das niedersächsische Umweltministerium auf einzugreifen. Framatome/ANF sei nicht zuverlässig, dies sei aber Voraussetzung für eine atomrechtliche Genehmigung. (dpa/sc)

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