Wenn das Sprechen nicht fließt

<p>Bei manchen Betroffenen verschwindet das Stottern, wenn sie Hilfe bekommen.</p>
Bei manchen Betroffenen verschwindet das Stottern, wenn sie Hilfe bekommen. | Foto: Helen Ahmad/dpa

„Guten T-t-t-t-t-tag, zwei B-b-b-b-Brötchen b-b-bitte.“ Puh geschafft! Für jemanden, der stottert, kann etwas Einfaches wie der Gang zum Bäcker eine Herausforderung sein. Obwohl der Mensch genau weiß, was er sagen möchte, kommen die Worte nicht so über die Lippen. Das Sprechen fließt nicht. „Für Betroffene stellt das oft ein großes Problem dar“, sagt Martin Sommer. Er ist Arzt und beschäftigt sich viel mit dem Thema. Nicht nur, weil er selber stottert, sondern weil er darüber forscht.

„Es gibt unterschiedliche Arten des Stotterns. Zum Beispiel Wi-wi-wi-wiederholungen, Deeeeehnungen oder gespannte Sprechpausen, die "Blocks" genannt werden“, erklärt der Experte. Darum herum entwickeln sich für Stotterer verschiedene andere Probleme: „Das können Sprechangst oder Scham sein. Die Vermeidung von Situationen, wo man sprechen muss oder das Vermeiden von bestimmten Wörtern. Das kann bis zu der Angst führen überhaupt mit anderen Menschen in Kontakt zu treten„, sagt Martin Sommer. Einige Kinder zögen sich völlig zurück, damit die Mitschüler nicht merken, dass sie stottern. Andere würden zum Klassenclown. „Da lassen sich Kinder die verrücktesten Sachen einfallen“, erzählt der Arzt.

Dabei können die Betroffenen nichts dafür. Stottern ist eine Krankheit. In Deutschland sind davon mehr als 800.000 Menschen betroffen. Meist beginnt das Stottern im Alter von drei bis sechs Jahren und verschwindet bis zur Pubertät wieder. Aber bei manchen Menschen eben nicht. Trotzdem ist nur wenig über die Krankheit bekannt. Klar ist nur, dass Stottern veranlagt ist, also in manchen Familien häufiger vorkommt. Wieso einige Menschen stottern und andere nicht und was genau im Körper passiert, ist den Forschern noch unklar. Aber es gibt Möglichkeiten, das Stottern zu verbessern oder sich zumindest wohler damit zu fühlen. Dabei helfen etwa Stotter-Therapeuten. Das sind speziell ausgebildete Leute, die Techniken zeigen, die fließendes Sprechen ermöglichen. Martin Sommer weist aber darauf hin: Dabei sei es sehr wichtig, dass der Betroffene damit auch im Alltag klar kommt. Denn es bringt nichts, wenn beim Singen oder gleichmäßigen Sprechen nicht gestottert wird. Man braucht solche Techniken ja vor allem, um etwa Brötchen zu bestellen oder ein Referat zu halten.

Übrigens: Jemand in deiner Klasse stottert. Du weißt aber nicht genau, wie du dich im Gespräch verhalten sollst. Vielleicht verunsichert es dich, wenn das Mädchen oder der Junge beim Sprechen stockt oder über Wörter stolpert. Wichtig ist dabei Geduld, rät ein Experte: „Am besten einfach warten, bis die Person fertig ist. Auch wenn es manchmal schwerfällt, weil es länger dauert oder ungewohnt ist.“ Mit einem Sprachfehler vor Publikum zu sprechen, ist eine besonders große Herausforderung. Da ist aber möglich, und man kann auch als stotternder Mensch berühmt werden. Das zeigt zum Beispiel der Youtuber Rezo. Er spricht offen über sein Stottern und ist mittlerweile für sein schnelles wortgewandtes Reden bekannt. Auch berühmte Schauspieler wie Bruce Willis und der als Mr. Bean bekannte Rowan Atkinson hatten Probleme mit dem fließenden Sprechen. Und auch der Sänger Ed Sheeran spricht darüber, dass er stottert und wie er damit umgeht.

Versuche nicht, die Sätze für den anderen zu beenden. Rate also nicht die Worte, die derjenige vermutlich sagen möchte. Das kann ihn verunsichern und stressen. Dann wird das Stottern eher schlimmer. Auch gut gemeinte Ratschläge helfen überhaupt nicht weiter. Das wären so Sätze wie „Hol doch mal Luft“ oder „Denk doch erst mal darüber nach, was du sagen willst“.

Stotternde Menschen wissen ebenfalls, was sie sagen wollen und auch wie sie atmen. Deshalb ist es gut, einfach entspannt zuzuhören. Das merkt auch dein Gegenüber. Falls du etwas nicht verstehst, kannst du ruhig nachfragen. Der stotternde Mensch kennt ja sein Problem beim Sprechen. Und lieber einmal mehr nachfragen als etwas falsch verstehen. (dpa)

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