In der Coronakrise wird Ostbelgien schon mal zum Wilden Westen

<p>Erst vor wenigen Monaten besuchte das belgische Königspaar Schengen. Das 25jährige Jubiläum des Schengen-Vertrages ging jetzt in der Coronakrise unter: Kleinstaaterei feiert wieder Hochkonjunktur.</p>
Erst vor wenigen Monaten besuchte das belgische Königspaar Schengen. Das 25jährige Jubiläum des Schengen-Vertrages ging jetzt in der Coronakrise unter: Kleinstaaterei feiert wieder Hochkonjunktur. | Foto: Photo News

In einem Rechtsstaat wird vorausgesetzt, dass der Bürger die Gesetze kennt. Das gilt unter Rechtsgelehrten aber schon lange als die „lächerlichste aller Fiktionen“.

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Kommentare

  • Es fehlte noch dieser einleitende Satz, Herr Schumacher:
    "Da von "Führern" die Rede ist und immer wieder von einem E.U. Superstaat, der diese Rolle einnehmen sollte, ..."

  • Sie sollten wirklich die Funktionsweise der Regierung, die Rolle eines Premiers und die gesetzliche Zusammensetzung und Funktionsweise eines „Conseil national de sécurité“ einmal nachschlagen.

    Die Ministerpräsidenten haben in diesem Rat nicht mehr Stimmrecht als die Bodenkosmetikerin, sehen bei Pressekonferenzen aber vielleicht besser aus.

    Die Beschlüsse werden von der Regierung getroffen und zumeist durch einen ministeriellen Erlass des Innenministers offiziell. Der Premier trägt die politische Verantwortung für seine Regierung und für alle Minister.

  • Ja, Herr Schumacher, ich bin ich als überzeugter Demokrat allergisch gegen solche Forderungen nach „starken Führern“, bin also „vorbelastet“, was immer Sie darunter an Negativem verstehen mögen.

    Was Sie zur Regierung Wilmès schreiben, stimmt zum Teil, aber:

    - Sie wird nur von drei Parteien (MR, Open-VLD und CD&V) gebildet und repräsentiert ganze 38 von 150 Abgeordneten! Weder die PS noch die N-VA sind darin vertreten,
    „un gouvernement minoritaire de plein exercice avec des pouvoirs spéciaux", ein Kuriosum, wie es wohl nur in Belgien möglich ist.

    - Das unrühmliche Gezerre um die Bildung dieser Regierung ist bekannt.

    - Zwar haben 6 weitere Partien ihr das Vertrauen ausgesprochen, aber „du bout des lèvres“. Die stärkste Partei des Landes, die N-VA hat ihr dieses Vertrauen nicht gewährt.

    - Die Sondervollmachten gelten nur für begrenzte Bereiche und sind auf 3 Monate befristet, können aber um weitere 3 Monate verlängert werden. In Flandern hört man aber schon, dass es zweifelhaft sei, ob man einer solchen Verlängerung zustimmen werde.

    - An sich steht diese Regierung also auf sehr tönernen Füßen. Es stimmt definitiv nicht, dass Frau Wilmès nun schalten und walten könnte, wie sie wollte. Es ist die Regierung als Ganzes, die sich das Vertrauen erhalten hat und die Sondervollmachten anwenden muss bzw. kann, nicht die Premierministerin allein. Wilmès wurde nicht zur Diktatorin ernannt, wie es im antiken Rom in Krisenzeiten vorkam.

    - Regionen und Gemeinschaften behalten ihre Zuständigkeiten und haben deshalb ihre jeweiligen Regierungen mit ebensolchen Sonderrechten ausgestattet. Die DG tat das am 6. April.

    - Wenn Sie auf das verweisen, was diese Woche „mehr als deutlich“ wurde, so spielen Sie wohl auf das Problem der Besuche in Alten- und Pflegeheimen an.

    - Die Erlaubnis zur Ermöglichung solcher Besuche wurde im Nationalen Sicherheitsrat ausgesprochen, unter Mitwirkung der Vertreter der Regionen. Wilmès hat da keine einsame Entscheidung getroffen. Sie konnte es nicht, weil die Regionen für die Alten- und Pflegeheime zuständig sind.
    Bei der Pressekonferenz sprach die Premierministerin ausdrücklich von „en concertation avec les ministres-présidents“. Alle saßen sie bei der Pressekonferenz in einer Reihe: Paasch, Vervoort, Di Rupo, Jambon, Jeholet. Als Proteste von der Basis kamen, wollte es wohl keiner gewesen sein…
    https://www.youtube.com/watch?v=euc5XF3n15M&feature=youtu.be (ab 14. Minute)

    Bis auf Yves Jeholet:
    « 1) je suis au CNS et j'assume totalement la décision qui a été prise, 2) il n'y a pas eu de réaction au niveau des Régions. Je dois bien vous avouer que je pensais que la mesure proposée avait été concertée en amont avec le secteur des maisons de repos. Il faut avoir l'humilité de reconnaître que cette cacophonie aurait pu être évitée. J'ai l'humilité de le reconnaître aujourd'hui. »
    https://www.rtl.be/info/magazine/c-est-pas-tous-les-jours-dimanche/pierr...

    - Zum Schluss: Es allen recht zu machen, ist unmöglich: Heute im ZDF-Morgenmagazin: Große Diskussion in D wegen Öffnung der Schulen und mancher Geschäfte:: „Höchste Zeit, viel zu langsam“, so die einen, „Unverantwortlich" tönen die anderen. Warum Autohäuser? Warum keine Möbelgeschäfte? Dazu noch unterschiedliche Lockerungen in 16 Bundesländern

    -. Übrigens: Auch Frankreich erlaubt jetzt Besuche in Altenheimen!

  • Ach, Herr Schumacher, ich bleibe dabei: Der König als Haupt der Exekutive und damit die Regierung als Ganzes haben Sondervollmachten erhalten, nicht die Premierministerin alleine.

    Im Artikel 5 des entsprechenden Gesetzes heißt es: "Le Roi peut, par arrêté délibéré en Conseil des ministres, prendre des mesures pour
    1° combattre la propagation ultérieure du coronavirus..."
    In der Verfassung steht nirgends etwas von einer besonderen Verantwortung oder Machtfülle des Premierministers. Außer in Absatz 2 von Artikel 96 ist immer nur von "den Ministern" die Rede.

    Wenn Wilmès ausdrücklich von "concertation avec les ministes-présidents" spricht und alle Beteiligten schön in einer Reihe dabeisitzen, so kann man doch wohl davon ausgehen, dass diese Maßnahme nach Rücksprache und mit dem Einverständnis mit eben diesen direkt dafür Zuständigen getroffen wurde. Oder wie soll man das sonst verstehen?

    Jeholet hat das ja auch offen zugegeben. Herr Paasch als ebenfalls Beteiligter könnte da Auskunft geben.

    Noch was zu dem von Ihnen herbeigesehnten "starken Führer":
    Als weitere Beispiele fallen mir noch in Europa der "Conducator" (!) Ceaucescu ein, Milosevic, Tito. Ausserhalb nimmt die Liste kein Ende: Mao, Kim Jong-un, Pol Pot, Mobutu, Pinochet, Videla, Castro, Duvalier, Saddam Hussein, Khomeini,....
    Da wären dann noch Putin, Erdogan, Saddat, und in Ungarn profitiert gerade ein kleiner Môchtegerndiktator von der Coronakrise, um sich zeitlich unbegrenzte Vollmachten zu sichern, Presse und Justiz hat er schon vorher geknebelt. In Polen bastelt Kaczinski eifrig an ähnlichem. Mal sehen, wie weit sie es noch bringen werden.
    In den USA erleben wir gerade das Musterbeispiel eines "starken Führer"s, der die Bevölkerung unverhohlen zu nichts weniger als zu einem Bürgerkrieg aufruft: "Befreit Virginia!" und der unbegrenzte Vollmacht für sich beansprucht.

    Da ist mir Frau Wilmès lieber.

  • Ach Herr Schleck. Wir kommen der Sache langsam näher. Wer „sanktioniert“ die Reden des Königs? Erdogan? Nein, und Putin auch nicht, sondern der Premier. Wer schlägt Minister zur Ernennung vor oder entlässt sie? Nein, nicht Trump oder Saddat sondern der belgische Premier.

    Natürlich ist es die Regierung die die Vollmachten erhalten hat, aber wer ist der Big Boss einer Regierung? Der Premier, jawohl. Wir haben eine vollwertige Regierung die mit Sondervollmachten ausgestattet ist und auch voll in der Verantwortung steht, allen voran der Premier.

    Und wenn Sie wirklich glauben, dass die MP’s die da bei der Pressekonferenz dabei sitzen im Sicherheitsrat eine andere als konzertierende Stimme haben, so sagen Sie mir doch bitte welches Stimmgewicht hat der Elio die Rupo? Hat der Herr Paasch ein Vetorecht? 2 % oder 0,2 % der Stimmen? Welches Stimmgewicht hat Herr Jambon? Keiner dieser Herren hat Stimmrecht, sie dürfen die Maßnahmen, die von der Regierung unter Vorsitz und Verantwortung der Premierministerin, beschlossen werden in „konzertierter“ Aktion umsetzten und dürfen fürs Foto lächeln, sonst nichts. Verantwortlich ist und bleibt die Regierung und an erster Stelle der Premier.

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