Auf eine Diskussion über den Relegationsmodus will sich der Stuttgarter Sportdirektor Fabian Wohlgemuth gar nicht erst einlassen. Schließlich könnte der VfB mit einem Erfolg in den beiden Entscheidungsspielen gegen den Zweitliga-Dritten Hamburger SV „noch einmal das korrigieren, was uns in 34 Spielen zuvor nicht gelingen wollte“, sagte Wohlgemuth der Deutschen Presse-Agentur vor dem heutigen Hinspiel in Stuttgart (20.45 Uhr). „Die Relegation ist unser Bundesliga-Rettungsboot.“
Ein Abstieg aus der Fußball-Bundesliga sei aus finanzieller Sicht eine „Breitseite“, meinte Wohlgemuth angesichts der Rechnung, die der Vorstandsvorsitzende Alexander Wehrle bereits im vergangenen Dezember aufgestellt hatte. Um rund 40 Millionen Euro würden die Umsatzerlöse des ohnehin schon angeschlagenen Traditionsvereins einbrechen. Deswegen sei ein Abstieg in dieser Saison auch nicht vergleichbar mit jenem Gang in die 2. Bundesliga vor vier Jahren. Damals zog der VfB in der Relegation gegen den 1. FC Union Berlin den Kürzeren.
Medienberichten zufolge würde der VfB bei einem Verbleib in der Beletage knapp 44 Millionen Euro aus den TV-Geldern erhalten. Der HSV bei einem weiteren Jahr in der 2. Liga nur 17,503 Millionen Euro.
Nicht nur wegen der wirtschaftlichen Aussichten wollen die Hamburger zurück. Der gefühlte Noch-immer-Erstligist schloss seine mittlerweile fünfte Saison in der Zweitklassigkeit als Tabellendritter ab. Die Mannschaft musste das Drama am Sonntag in Sandhausen verkraften. Nach dem 1:0 beim Absteiger feierten Spieler und Fans bereits die Rückkehr in die Bundesliga. Doch der 1. FC Heidenheim fing durch den Last-Minute-Sieg in Regensburg den HSV noch ab.
„Das war extrem dramatisch, der Sport kann brutal sein“, sagte VfB-Coach Sebastian Hoeneß einen Tag vor dem Duell, nachdem er das Spiel des Gegners verfolgt hatte. „Von mir gibt es da keine Häme, das wünscht man keinem. Aber auch mein Mitleid werden sie nicht brauchen.“ HSV-Trainer Tim Walter wollte sich mit dem Tiefschlag ohnehin nicht lange beschäftigen und machte bei sich und seiner Mannschaft eine „Jetzt erst recht„-Stimmung aus. Auch für den 47-Jährigen geht es gegen seinen Ex-Club um sehr viel. Kein Verein ging so offensiv mit dem Ziel Aufstieg um - allen voran Walter. „Wir haben 66 Punkte erreicht, wir haben 70 Tore geschossen - die beste Bilanz, die wir als HSV in der Zeit hatten“, wies er auf die Statistik hin als Beleg für eine erfolgreiche Arbeit.
Wohlgemuth gibt sich nach außen hin gewohnt ruhig. „Ich spüre eine positive Anspannung, aber keine besondere Belastung durch solche Spiele. Solange ich sicher bin, dass wir in der Vorbereitung nichts schuldig geblieben sind“, sagt der 44-Jährige. „Und ich habe Vertrauen in die Arbeit von Sebastian Hoeneß.“
Als der Coach vom glücklosen Bruno Labbadia übernahm, lagen die Schwaben auf dem letzten Platz. Der Relegationsplatz war damals zwei Punkte entfernt. Seither hat Hoeneß in der Liga nur ein Spiel verloren und drei Siege einfahren können. „Als ich hier übernommen habe, waren wir auf Platz 18“, sagte Hoeneß. „Hier und da war zu hören, dass das ein Himmelfahrtskommando sei. Jetzt sind wir 16. und haben es in der eigenen Hand.“
Anders als in Stuttgart stoßen die HSV-Verantwortlichen die Modus-Diskussion an. Der Verein kennt sich mit der Relegation schließlich bestens aus, denn schon dreimal bestritten die Hamburger eine Relegation. Als Erstligist entschieden sie die Duelle für sich, in der Vorsaison reichte es gegen Hertha BSC nicht.
Der Erstligist habe als Tabellen-16. mehr zu gewinnen, sagte Walter. Der Bundesligist bekäme die Möglichkeit, über zwei Spiele doch noch die Liga zu halten. „Dass der Dritte, der übers ganze Jahr hinweg in der 2. Liga fast alles oder vieles gewonnen hat, nicht automatisch den Weg nach oben antritt“, darüber müsse man sich Gedanken machen.
Wohlgemuth hat noch keine Erfahrungen mit der Relegation gemacht. „Eine Modus-Diskussion fangen wir jetzt ganz sicher nicht an“, sagte er.
Kommentare
Kommentar verfassen
0 Comment
Sie müssen angemeldet sein, um zu kommentieren.
AnmeldenRegistrieren