„King“ Modeste lässt Köln an Europa denken

<p>Anthony Modeste erzielte im ersten Spiel nach einer Corona-Infektion seinen 15. Saisontreffer.</p>
Anthony Modeste erzielte im ersten Spiel nach einer Corona-Infektion seinen 15. Saisontreffer. | Foto: dpa

In der erneuten Euphorie um „King“ Anthony Modeste vergaß so mancher Kölner die vereinbarte öffentliche Zurückhaltung beim Thema Europa. „Träumen ist doch schön“, sagte Mark Uth nach dem 1:0 des FC gegen Eintracht Frankfurt: „Noch ein Sieg, dann schauen wir nach oben und sehen, wie weit es geht.“ Und Torhüter Timo Horn, wie Uth gebürtiger Kölner, erklärte: „Die Chance, uns endgültig von unten abzusetzen, haben wir genutzt. Jetzt gucken wir, was möglich ist. Mit der Art und Weise können wir noch viel erreichen.“

2017 schoss er Köln mit 25 Toren zur ersten Europacup-Teilnahme nach 25 Jahren

Kurz vor Karneval hat in Köln also endgültig das Träumen von Europa begonnen. Und alles andere wäre auch unglaubwürdig. Der FC hat nach 23 Spielen die beste Punkteausbeute in der Fußball-Bundesliga seit der Vizemeister-Saison 1990 unter Christoph Daum. Er hat daheim nacheinander die Europa-Konkurrenten Freiburg und Frankfurt besiegt. Und er hat vor allem in Modeste eine personifizierte Torgarantie, die man braucht, um den Europacup zu erreichen.

„Das ist Wahnsinn. Wir arbeiten hart und er macht das Ding am Ende rein“, sagte Uth lachend, nachdem Modeste nach einwöchiger Krankheit ein halbstündiger Joker-Einsatz reichte, um wie zuvor gegen Freiburg das goldene Tor zu erzielen (84.). Doch ausgerechnet der wieder einmal umjubelte Held, von dem der gegnerische Trainer Oliver Glasner mutmaßte, er werde jetzt „wahrscheinlich bis Rosenmontag durch Köln getragen“, ließ sich von der Europa-Euphorie nicht erfassen. An den Mikrofonen blieb der 33-Jährige genauso cool wie vor dem Tor und widerstand jeder Verlockung, eine Kampfansage rauszuhauen.

„Wir träumen erst mal von 40 Punkten“, sagte er. Obwohl noch elf Spiele anstehen und die jetzigen 35 Zähler meist schon zum Klassenerhalt reichten. „Die Frans träumen. Das ist immer so hier“, sagte der Franzose: „Wenn wir zwei Spiele gewinnen, träumen sie von der Europa League. Wenn wir zweimal verlieren, haben sie Albträume.“ Und auch die Lobeshymnen, mit denen er nahezu Woche für Woche überschüttet wird, beurteilt er ähnlich nüchtern. „Im Fußball geht es immer schnell“, sagte Modeste: „Heute bist du ein King. Morgen bist du etwas anderes, das ich nicht aussprechen will.“

Er spricht aus Erfahrung. 2017 schoss er Köln schon mal mit 25 Toren zur ersten Europacup-Teilnahme nach 25 Jahren und wurde hymnisch verehrt. Er ging für 35 Millionen Euro nach China, kehrte knapp anderthalb Jahre später zurück, fand aber zunächst nicht zu alter Form und wurde in seiner torlosen letzten Saison im Winter sogar verliehen. Erst Steffen Baumgart führte ihn zurück zu alter Stärke.

Und fand auch am Samstag die richtige Ansprache. Erst erklärte er ihm, dass er ihn für nicht fit genug für 90 Minuten halte, obwohl Modeste unbedingt von Beginn an spielen wollte. Dann gab er ihm bei der Einwechslung in der 61. Minute die richtigen Worte mit. „Der kennt mich mittlerweile“, berichtete Modeste lachend: „Er hat mir gesagt: Du weißt, was du machen musst. Und ich habe gesagt: Ja, das weiß ich.“ 23 Minuten später lieferte er.

Wobei: Bei öffentlichen Aussagen ist Baumgart offenbar etwas vorsichtiger geworden. Er hatte früh angekündigt, das Pokalfinale erreichen zu wollen. Nach dem Achtelfinal-Aus nach großer Rotation gegen Zweitligist Hamburger SV wurde er in Köln zum bisher einzigen Mal kritisiert. Vollmundige Aussagen Richtung Europa gibt der 50-Jährige wohl auch deshalb erstmal nicht ab. „Das Thema ist da, und das werden wir nicht aufhalten, wenn wir weiter punkten“, sagte er: „Mir geht es nur zu schnell.“ Er wolle nicht „von was reden und am Ende schaffen wir es nicht. Ich denke da an den DFB-Pokal.“ Intern, da kann man sicher sein, wird Baumgart sein Team einschwören, die große Chance zu nutzen. (dpa/hegen)

Kommentare

Kommentar verfassen

0 Comment