Fake News: Senator Alexander Miesen schlägt Alarm

<p>Dieses Bild entstand bei einer Demonstration von Gegnern der Corona-Maßnahmen vor dem Reichstagsgebäude in Berlin. Bill Gates steht immer wieder im Mittelpunkt von Verschwörungstheorien.</p>
Dieses Bild entstand bei einer Demonstration von Gegnern der Corona-Maßnahmen vor dem Reichstagsgebäude in Berlin. Bill Gates steht immer wieder im Mittelpunkt von Verschwörungstheorien. | Foto: dpa/Christophe Gateau

Seine Analyse: „Jeder kann sich im Internet als Medium betätigen und egal was publizieren. Für gewisse Menschen ist dabei die Wahrheit weniger wichtig als die Auffälligkeit einer Nachricht, bis hin zu gezielten Falschmeldungen, um ganze Gruppen zu manipulieren. Wissend, dass für immer mehr Menschen das Internet die wichtigste Informationsquelle ist, sind für viele Internetnutzer die vielen Falschmeldungen von der Wahrheit kaum mehr zu unterscheiden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Publikation von Nachrichten im Internet anonym vonstattengehen kann. Das heißt, derjenige, der im Internet eine Behauptung aufstellt, muss dafür nicht geradestehen. Das ist eine gefährliche Entkoppelung von Freiheit und Verantwortung“, wird der Gemeinschaftssenator in einer Pressemitteilung zitiert. „Viele Bürger stellen sich im Internet ihre Informationen zusammen ohne zu wissen, ob es der Wahrheit entspricht. Anschließend wird dieses selbst beisammen gegoogelte Weltbild durch ihr Nutzerverhalten, zum Beispiel von Facebook oder YouTube, erkannt und durch Computer gesteuerte Algorithmen dieser Plattformen immer und immer wieder beim Surfen durchs Netz wiederholt und bestätigt. Das ist ein brandgefährliches Tunnelblick-System.“

Doch damit noch nicht genug, der Gemeinschaftssenator stellt auch eine Gefahr in den digitalen Chaträumen fest: „Menschen, die dasselbe Weltbild teilen, können sich heute zu Dutzenden oder gar Hunderten in digitalen Chaträumen zusammenfinden. In diesen Räumen wird sich dann gegenseitig bestätigt, die vermeintliche Wahrheit erkannt zu haben, es werden entsprechende Fake News geteilt und Menschen, die dieses Weltbild nicht teilen, als dumme Schlafschafe betitelt, da diese ihre Augen vor der angeblichen Wahrheit verschließen oder eben Teil des angeblich gesteuerten Systems sind. Die Diskussionen in diesen Chaträumen finden beinahe ausschließlich unter Gleichgesinnten und unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das heißt, dass dort keine Gegenrede mehr stattfindet. Demokratie kann aber nur funktionieren, wenn es Rede und Gegenrede gibt.“

Dazu Alexander Miesen: „In meiner politischen Arbeit begegnen mir die Auswirkungen dieser Entwicklung mittlerweile tagtäglich. Hier nur einige Beispiele, mit denen ich bereits konfrontiert wurde: Die Kondensstreifen von Flugzeugen seien in Wirklichkeit eine Giftkampagne gegen die Menschheit. Donald Trump sei um seine Wiederwahl vom System betrogen worden, das Coronavirus sei harmlos, und ein paar Vitamintabletten reichen zur Vorbeugung aus. Die Impfung sei von Bill Gates oder einem geheimen Bund der Mächtigen gesteuert. Es existiert eine geheime Weltregierung aus Großkapitalisten wie den Rothschilds. Die klassischen Medien sind die reine Lügenpresse, usw.“

Ostbelgien sei auch in diesem Zusammenhang keine Insel: „Ich habe vor einigen Wochen Einblick in eine solche Chatgruppe von Ostbelgiern erhalten und ich muss sagen, ich war schockiert. Es ist sicher falsch, alle Beteiligten über einen Kamm zu scheren. Nichtsdestotrotz wurden in dieser Gruppe Fake News bis hin zu antisemitischen und rechtsradikalen Inhalten geteilt, ohne dass sich jemand dagegen ausgesprochen hätte. Auch die gefährlich Q-Anon-Bewegung aus den USA hat in Ostbelgien Wurzeln geschlagen.“ Das Plenum des Senates habe sich in der Sitzung am Freitag ausführlich mit der Thematik auseinandergesetzt. Mit Ausnahme der radikalen Parteien, Vlaams Belang und PTB/PVDA, seien sich die Senatoren im Grunde einig, dass es so nicht weiter gehen könne, so Alexander Miesen. Es gehe natürlich nicht darum, eine Zensur einzuführen oder eine Art „Wahrheitsministerium“ zu schaffen. „Solcherlei Ideen sind das Gegenteil von dem, was ich vertrete“, meint der PFF-Politiker. Die Empfehlungen der Senatoren fußen den Angaben zufolge auf zwei Pfeilern: Zum einen Fehlinformationen erkennen, enttarnen und entkräften und zum anderen Menschen über diese Entwicklung aufklären und vorwarnen. Zudem sollen aber auch die Anbieter wie Facebook und Co. mehr Verantwortung für das übernehmen, was auf ihren Plattformen geschieht.

„Wir Politiker haben uns selbst aber auch infrage gestellt und schlagen einen Ausweitung des Verhaltenskodex vor. Volksvertreter sollen selbst auch dazu angehalten werden, keine Desinformation zu betreiben oder für sich zu nutzen. Leider passiert das nämlich auch, in einigen Parteien besonders“, so Alexander Miesen.

Des Weiteren ist aus dem Bericht des Senats zu entnehmen, dass die Vielfalt der Medien und qualitativer Journalismus gestärkt werden soll, zum Beispiel durch eine Gesetzesanpassung, um den Beruf des Journalisten attraktiver zu gestalten. Auch verweisen die Senatoren auf die Möglichkeiten im Bereich der journalistischen Ausbildung. „Dem Unterrichtswesen kommt in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle zu. Die Vermittlung von guter Allgemeinbildung, Medienkompetenz und politischer Bildung sind für mich Schlüsselfaktoren, um dem Problem entgegen zu wirken. Hier muss sich noch vieles tun. Mittlerweile ist der Kampf gegen Fake News nämlich ein Kampf um unsere Demokratie“, so Miesen. (red/sc)

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