EU-Parlament ebnet Weg für Bürgerdialog zur Zukunft Europas

<p>David-Maria Sassoli ist seit dem 3. Juli 2019 der Präsident des Europäischen Parlaments.</p>
David-Maria Sassoli ist seit dem 3. Juli 2019 der Präsident des Europäischen Parlaments. | Foto: belga

Der Bürgerdialog zur Zukunft der Europäischen Union kann nach monatelangem politischen Streit starten. Spitzenvertreter des EU-Parlaments stimmten am Donnerstag einer in den vergangenen Wochen ausgehandelten Erklärung zu dem Projekt zu, wie Parlamentspräsident David Sassoli mitteilte. Die Regierungen der Mitgliedstaaten und die EU-Kommission hatten bereits zuvor grünes Licht für das Gründungsdokument gegeben.

Der Bürgerdialog, der offiziell „Konferenz zur Zukunft Europas“ heißt, soll den Menschen in der EU in den kommenden Monaten die Gelegenheit geben, sich zu ihren Erwartungen an die Politik zu äußern. Zudem will das Europaparlament auch institutionelle Fragen auf die Tagesordnung bringen - also zum Beispiel die, ob es länderübergreifende Listen für die Europawahlen und Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten geben sollte.

Ziel sei es, Bereiche anzusprechen, in denen die EU handeln könne oder in denen ein Handeln der EU zum Nutzen der europäischen Bürger wäre, heißt es in der Erklärung zum Start des Bürgerdialogs. Als Beispiele werden Themen wie der Klimawandel, Migration und soziale Gerechtigkeit genannt. Organisiert werden soll der Dialog zum Beispiel über eine mehrsprachige digitale Plattform. Sobald es die Corona-Pandemie wieder zulässt, sind dann auch in allen EU-Ländern physische Konferenzen und Debatten vorgesehen. Dass alle Regionen, Altersgruppen, Geschlechter und Bildungsniveaus ausgewogen repräsentiert sind, sollen sogenannte Bürgerpanels gewährleisten.

Die Konferenz zur Zukunft Europas hatte eigentlich bereits im vergangenen Mai beginnen sollen. Über die vergangenen Monate gab es allerdings Streit um die politische Führung. Der Kompromiss sieht nun vor, die Konferenz von einem Dreierteam führen zu lassen. Dieses soll aus EU-Parlamentspräsident Sassoli, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem jeweiligen Staats- oder Regierungschef des Landes mit dem rotierenden EU-Ratsvorsitz bestehen.

Das Tagesgeschäft wird dem Kompromiss zufolge von einem Exekutivausschuss mit je drei Vertretern der Institutionen geführt werden. In ihn könnte dann auch der liberale Spitzenpolitiker Guy Verhofstadt einziehen. Nach dem Willen des Europaparlaments hätte der frühere Brexit-Beauftragte der Abgeordneten eigentlich die Leitung der Konferenz übernehmen sollen. Der Belgier Verhofstadt war bei einigen Regierungen von EU-Mitgliedstaaten allerdings nicht durchsetzbar gewesen.

Der Abschluss der Konferenz ist für das Frühjahr 2022 unter französischer EU-Ratspräsidentschaft geplant. Ihre Ergebnisse sollen dann laut dem Text für die Erklärung „Orientierung für die Zukunft Europas“ geben.

Der Chef der liberalen Renew-Fraktion, Dacian Cioloş, bezeichnete die Konferenz als einzigartige demokratische Übung ohne Tabus. „Alle Probleme Europas werden auf den Tisch gelegt. Es werden alle Lösungen in Betracht gezogen“, kommentierte der rumänische Abgeordnete. (dpa/calü)

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