Ägypten kündigt Initiative für Libyen an - Waffenruhe ab Montag?

<p>Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi (M.), der libysche Kommandeur Khalifa Haftar (r.) und der Sprecher des libyschen Parlaments Aguila Saleh (l.) treffen zu einer gemeinsamen Pressekonferenz in der Hauptstadt Kairo ein.</p>
Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi (M.), der libysche Kommandeur Khalifa Haftar (r.) und der Sprecher des libyschen Parlaments Aguila Saleh (l.) treffen zu einer gemeinsamen Pressekonferenz in der Hauptstadt Kairo ein. | Foto: - / EGYPTIAN PRESIDENCY / AFP / belga

14 Monate nach Beginn seiner Offensive auf Libyens Hauptstadt Tripolis ist der einflussreiche General Chalifa Haftar offensichtlich zu einer Waffenruhe bereit. Haftar habe einem entsprechenden Vorschlag zugestimmt, kündigte Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi am Samstag nach Gesprächen in Kairo an. Al-Sisi, der Haftar im Nachbarland Libyen militärisch unterstützt, will die Kämpfe nach eigener Aussage mit einer politischen Initiative beenden. Die Waffenruhe soll ab Montag 6.00 Uhr gelten.

Al-Sisi kündigte den Vorstoß nach einem Treffen mit Haftar und Aquila Saleh an, dem Präsidenten des Parlaments mit Sitz in Ost-Libyen, das Haftar unterstützt. Bei den Gesprächen war aber kein Vertreter der international anerkannten Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch anwesend. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die Ankündigung aus Kairo die Kämpfe in Libyen zu einem raschen Ende führen wird.

Ein Sprecher der Sarradsch-Regierung reagierte ablehnend. „Wir haben nicht die Zeit, um den Ketzereien eines Kriegsverbrechers über Satellitenkanäle zuzuschauen“, sagte Mohammed Gnunu mit Blick auf Haftar. „Wir haben diesen Krieg nicht begonnen, aber wir sind diejenigen, die Zeit und Ort seines Endes bestimmen.“ Unterdessen rückten die Regierungstruppen weiter auf die Küstenstadt Sirte vor.

Haftars Truppen und verbündete Milizen kämpfen in dem ölreichen Land gegen die Anhänger der Sarradsch-Regierung. Haftar hatte im April 2019 eine Offensive auf Tripolis befohlen, verlor zuletzt aber strategisch wichtige Gebiete. Am Donnerstag hatte Al-Sarradsch erklärt, dass ganz Tripolis wieder unter Kontrolle der Regierung sei. Am Freitag nahm sie die Stadt Tarhuna ein, von wo aus Haftar den Nachschub für seine Offensive auf Tripolis organisiert hatte.

Haftar wird in dem Konflikt von Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Russland unterstützt. Beobachter führen die militärischen Erfolge der Regierung wiederum auf militärische Hilfe der Türkei für deren Truppen zurück. Mit Hilfe türkischer Kämpfer und Drohnen konnten die Regierungstruppen Haftars selbst ernannte Libysche Nationalarmee (LNA) aus wichtigen Gebieten vertreiben.

Al-Sisi warnte davor, nach einer militärischen Lösung für den Konflikt zu suchen. Seine als „Kairoer Erklärung“ bezeichnete Initiative beinhaltet auch den Abzug „ausländischer Milizen“, womit der ägyptische Präsident auf die türkischen Truppen abzielen dürfte. Er rief die UN auf, die Friedensgespräche in Genf wieder aufzunehmen. Seine Initiative stehe im Einklang mit UN-Resolutionen und den Ergebnissen der Libyen-Konferenz in diesem Frühjahr in Berlin.

Der Vorstoß sieht auch die Bildung eines Präsidialrates vor, der unter Leitung der UN gewählt und 18 Monate an der Macht bleiben soll. Saleh erklärte, es solle eine neue Verfassung ausgearbeitet werden, um den Weg für Wahlen vorzubereiten. Die derzeitige international anerkannte Regierung geht auf ein 2015 unter UN-Schirmherrschaft ausgehandeltes Abkommen zurück, das Haftar jedoch ablehnt.

Beobachter werteten die Erklärung als möglichen Vorboten für weitere Kämpfe. Die Ankündigung einer Waffenruhe sei eine „Warnung“, dass Ägypten bei einem weiteren Vormarsch der Regierungstruppen mit Kampfflugzeugen eingreifen könnte, schrieb der Libyen-Experte Wolfram Lacher von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) bei Twitter. Haftar sei bei der Erklärung von Ägypten „zurechtgestutzt“ worden. Lacher sprach auf Twitter von einer „Demütigung“ für den General.

Experte Tarek Megerisi vom European Council on Foreign Relations (ECFR) schrieb, dass eine „unerbittliche Kampagne“ von Haftars ausländischen Unterstützern zu erwarten sei, um Libyens Regierung und ihre Gewinne zu untergraben. Der Politikprofessor Abdulchalik Abdulla aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) schrieb, Ägypten werde die Türkei abschrecken und den Vormarsch türkischer Kämpfer aufhalten. Ägypten verfügt über eines der stärksten Militärs im arabischen Raum und Afrika.

Libyen war nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 ins Chaos abgeglitten. Zahlreiche Milizen kämpfen um Macht und Einfluss. Alle politischen und diplomatischen Initiativen für ein dauerhaftes Ende der Kämpfe blieben bislang erfolglos. (dpa)

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