Wer sein Bier nur beim Händler bezieht und von einem Bierbuch lediglich erwartet, über Aromen, Fruchtnoten, Hopfenarten und Nuancen informiert zu werden, hat Pech gehabt. Denn die kommen in Jef Van den Steens Buch „Belgische Trappisten & Abteibiere. Himmlisch gut!“ gar nicht vor. Die Geschmacksnuancen soll der Genießer gefälligst selbst erschmecken und das am besten vor Ort. Und dazu bietet das Buch die Hilfe und das Hintergrundwissen.
Der als „Bierguru“ bekannte Flame führt die Leser an die Orte, an denen das Bier seinen Ursprung hat. Es sind Geschichte und Geschichten aller sechs Trappistenbrauereien, der 22 anerkannten und sechs nicht anerkannten Abteibiere. Dazu kommt noch ein Anhang mit sechs kurzen Texten über ostbelgische Brauereien wie etwa Grain d’Orge oder Cabane.
Es sind die Abteien mit ihrer eigenen Geschichte und Hintergrund, die Van den Steen zeigt. So gilt Westvleteren 12 nicht nur als das weltbeste Bier, der Leser erfährt auch, dass die Abtei trotz streng kontemplativer Lebensweise eine Volksschule betrieben hatte. Denn in der Westhoek waren vor 180 Jahren die Wege weit.
Touristische Tipps, ergänzt durch sinnvolle Internetadressen
Interessant zu wissen ist auch, dass der erste Boom der Brauerei ausgerechnet im Ersten Weltkrieg stattfand. Denn dieses kleine Stückchen Belgien hinter der Yser war unbesetzt, und die alliierten Truppen wollten sich hinter der Front erholen und hatten Durst. Und dann setzte der Hype mit ewig langen Autoschlangen vor der Pforte ein. Van den Steen gibt touristische Tipps und ergänzt durch sinnvolle Internetadressen. Denn manche Brauerei ist nicht zu besichtigen, Trappisten wollen ihr Leben in Gebet und harter Arbeit verbringen, manche Abtei ist vom zugehörigen Bier getrennt wie etwa Leffe, bei anderen gehört die Brauereibesichtigung zum Programm wie etwa in Val Dieu. Zu jeder Abtei gehört auch ein mit „Ein Tag in…“ überschriebenes Unterkapitel mit Tipps zur Besichtigung und auch zu den anderen Produkten wie etwa Käse.
Die Geschichte der Brauer und ihrer Familien, die hinter dem Bier stecken
Manchmal bezieht sich ein Abteibier auf eine längst vergangene Abtei wie etwa Ten Duinen bei Koksijde. Mönche haben dort nur bis 1566 gebraut. Doch 2003 hat man das verfallene Kloster touristisch erschlossen, also musste auch ein Abteibier her, das inzwischen bei Huyghe in Melle gebraut wird.
Van den Steen geht sowohl auf die alte Brauerei und das zum Café umgebaute alte Fischerhaus ein als auch auf den Klosterkomplex. Auch in Val Dieu geht der Autor auf die recht komplizierte Geschichte ein, die endlich in eine Brauerei innerhalb der Abteimauern mündete. Das erste „Val Dieu“ hat man 1984 in Westflandern gebraut.
Eine weitere Stärke dieses Buches, das von Liebe zu Land und Leuten zeugt, sind die zahlreichen Bilder von Andrew Verschetze, die dazu verlocken, einmal die Abteien, die Brauereien und die umliegenden Landschaften zu besuchen, und die vom landschaftlichen Reichtum unseres Landes zeugen. Es sind ausdrucksstarke Aufnahmen aus den Ardennen, dem Polderland, aus Limburg oder wo immer sich die Abtei befindet, es sind Fotos, die einfach verführen, die Schönheit Belgiens zu entdecken.
Ein wenig ist das Buch auch die Geschichte der Brauer und ihrer Familien, die hinter dem Bier stecken. Denn bekanntlich brauen die wenigsten Abteien selbst. Neben den Trappisten ist es Val Dieu. Hinter manchem Abteibier wie „Leffe“ steckt ein Großkonzern, hinter anderen eine Familienbrauerei, die manchmal wie in Ename in der 14. Generation braut.
„Belgische Trappisten & Abteibiere. Himmlisch gut!“ ist nicht nur ein Buch für Liebhaber von Hopfen und Malz, sondern vor allem für Leute, die gerne reisen, das Land lieben und in Belgien das Besondere entdecken wollen.
Informationen:
Jef Van den Steen (Text) & Andrew Verschetze (Fotos):
448 Seiten, leinengebunden, Festeinband, 49,95 Euro. ISBN 978-3-86712-148-4
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