Rumänin Kövesi wird Chefin der EU-Staatsanwaltschaft

<p>Der Kampf gegen Finanzkriminalität in Europa hat ein neues Gesicht.</p>
Der Kampf gegen Finanzkriminalität in Europa hat ein neues Gesicht. | Foto: dpa

Der Kampf gegen Finanzkriminalität in Europa hat ein neues Gesicht. Die Rumänin Laura Kövesi wird Chefin der geplanten Europäischen Staatsanwaltschaft - obwohl die eigene Regierung alles versucht hat, die 46-Jährige zu verhindern. Die Botschafter der 22 beteiligten EU-Länder sprachen sich am Donnerstag mit großer Mehrheit für die ehemalige Chefin der rumänischen Anti-Korruptionsbehörde aus. Bislang hatten sie für den Franzosen Jean-François Bohnert geworben, das Europaparlament bestand jedoch auf Kövesi.

Kövesi wertete das Votum als „Erfolg aller Rumänen, die in den letzten Jahren den Kampf gegen Korruption unterstützt und den Rechtsstaat verteidigt haben, vor allem in schwierigen Momenten“.

Sie war wegen ihrer Ermittlungen gegen rumänische Politiker massiv unter Druck der sozialliberalen Regierung in Bukarest geraten. Die EU-Kommission hatte Rumänien erst kürzlich erhebliche Defizite bei Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung und Unabhängigkeit der Justiz bescheinigt.

Der Ministerpräsidentin Viorica Dancila von den Sozialdemokraten ist sie seit langem ein Dorn im Auge. Kövesis Ermittlungen führten unter anderem zur Verurteilung des mächtigen Ex-Chefs der Sozialdemokraten, Liviu Dragnea. Dass Kövesi im Sommer 2018 auf Betreiben der Regierung vorzeitig als Chefin der Antikorruptionseinheit DNA abgesetzt wurde, führen Kritiker auf Dragneas Druck zurück.

Doch auch danach ließen die Angriffe nicht nach. Eine neue Einheit der Staatsanwaltschaft überschüttete die Juristin mit Verfahren: „24 Jahre lang habe ich als Staatsanwältin gearbeitet, 23 Jahre lang gab es gegen mich kein einziges Disziplinarverfahren“, sagte Kövesi kürzlich der Deutschen Presse-Agentur. Seit ihrer Klage gegen ihre DNA-Abbsetzung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte habe sich das geändert. Abgeschreckt habe sie das allerdings nicht: „Für mich ist das ein Erfolg. Je mehr ich angegriffen werde, desto mehr bedeutet es, dass ich meinen Job gut gemacht habe.“

Rückendeckung für Kövesi kam stets aus dem Europaparlament. Entsprechend erfreut zeigten sich die Abgeordneten nach der Abstimmung am Donnerstag. Kövesi sei „mit ihrer Erfahrung und Integrität eine Kampfansage der Europäischen Union an Betrug, Geldwäsche und Korruption“, sagte der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold. Der Liberale Guy Verhofstadt schrieb auf Twitter: „Nicht nur die beste Person für den Job, sondern auch ein wichtiges Signal an die rumänische Regierung: Ihr hättet sie nicht feuern sollen.“ Und auch der Fraktionschef der christdemokratischen EVP, CSU-Politiker Manfred Weber, begrüßte das Votum für die 1973 in Siebenbürgen geborene Juristin.

Die Europäische Staatsanwaltschaft soll Ende 2020 ihre Arbeit aufnehmen und sich zunächst Straftaten mit Bezug zu EU-Geld widmen. 22 EU-Länder wollen sich daran beteiligen. 17 von ihnen votierten bei der geheimen Abstimmung am Donnerstag für Kövesi, wie dpa aus Diplomatenkreisen erfuhr. Rumäniens Regierung hatte zuvor angekündigt, gegen Kövesi stimmen zu wollen.

Kövesi sieht die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der neuen Behörde als großen Vorteil. „Alles wird schneller gehen. Der Informationsaustausch wird direkt geschehen, die Beweismittel können direkt benutzt werden“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Derzeit sei es nur nach langwierigen bilateralen Rechtshilfe-Vereinbarungen zu jedem Einzelfall möglich, ein Beweismittel aus einem Land in einem Verfahren eines anderen Landes Gericht zu nutzen.

Politisch ist die Personalie damit durch – formal allerdings noch nicht ganz. Kommende Woche wollen sich die Verhandlungsteams der EU-Staaten und des Parlaments noch einmal treffen. Anschließend müssten beide Seiten die Einigung noch formell abnicken. (dpa)

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