Mangel an Toleranz: Jean-Claude Juncker spricht an der belgischen Küste Deutsch

<p>Nimmt nur selten ein Blatt vor den Mund: Jean-Claude Juncker.</p>
Nimmt nur selten ein Blatt vor den Mund: Jean-Claude Juncker. | Foto: belga

In einem Interview mit den beiden Tageszeitungen „L’Echo“ und „De Tijd“ teilte Jean-Claude Junker mit, dass er bei seinen privaten Besuchen an der Küste, genauer gesagt in Middelkerke, wo er „einige Tage im Jahr verweilt“, Deutsch spricht – und das, weil nach seiner Auffassung Französisch dort nicht toleriert wird. „Vor dreißig Jahren konnte ich beim Metzger oder Bäcker etwas auf Französisch bestellen. Heute wird das nicht mehr akzeptiert, also spreche ich einfach Deutsch“, sagte der 64-jährige Politiker. Einen Zustand, den er als „absurd und skandalös“ betitelte.

Luxemburgs Ex-Premier, der dafür bekannt ist, das zu sagen, was er denkt, bedauerte in dem Interview außerdem, dass Belgien nicht „das Modell für ein erfolgreiches Zusammenleben“ sei. „Ich habe noch nie einen Belgier getroffen, der stolz auf sein Land ist“, sagte Junker und fügte hinzu: „Belgien ist ein Staat, aber die Gemeinschaften verstehen sich als Nationen – damit meine ich zumindest Flandern. Denn die Wallonie hat kein nationales Selbstbild. Es ist für mich auch noch immer noch ein Wunder, diese beiden Einheiten, die doch so unterschiedlich sind, zusammenleben zu sehen, ohne das sie wirklich zusammenzuleben.“

Alles in allem sei er aber „stolz auf das belgische Belgien“. „Weil es eben ein schönes Land ist, mit talentierten, genialen Menschen“, so Junker, der am 1. November nach fünf Jahren in seinem Amt als EU-Kommissionschef von Ursula von der Leyen abgelöst wird. (belga/calü)

Kommentare

  • ... und noch nicht vor langer Zeit, wären Sie als Sale Bosch betitelt worden, wenn Sie Deutsch gesprochen hätten...und viel Belgier wissen noch nicht mal das es auch eine Ecke gibt die deutsch spricht.. schon erbärmlich... oder.. wir sind doch in Europa.. aber Belgien ist ein Europa für sich, das sich auch nicht immer einigen kann... noch sehr viel Arbeit an dem " EUROPA"..

  • Soviel zum Verständnis von "Toleranz" bei Juncker: "Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt" ("Die Brüsseler Republik", in: Der Spiegel, 27. Dezember 1999, Hamburg).

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