Freddy Mockel über mögliche Vierer-Koalition: „Alibi-Rundfrage bei Ecolo“

<p>Ministerpräsident Oliver Paasch (ProDG) erklärte: „Als Zweites wäre die Möglichkeit da gewesen, Vivant mit ins Boot zu holen. Sie können sich aber sicherlich vorstellen, dass wir daran nicht mehr als eine Sekunde gedacht haben.“</p>
Ministerpräsident Oliver Paasch (ProDG) erklärte: „Als Zweites wäre die Möglichkeit da gewesen, Vivant mit ins Boot zu holen. Sie können sich aber sicherlich vorstellen, dass wir daran nicht mehr als eine Sekunde gedacht haben.“ | Foto: David Hagemann

Am Mittwoch hat die Deutschsprachige Gemeinschaft nach den Wahlen am Sonntag als erster Teilstaat in Belgien eine Regierung präsentiert. Das GrenzEcho war vor Ort und fragte bei den verschiedenen Akteuren nach.

Der alte und neue Ministerpräsident Oliver Paasch (ProDG): „Die Ausgangslage für die Bildung dieser Koalition war schwierig. Einerseits hatten wir öffentlich gesagt, dass wir diese Koalition fortsetzen, wenn wir eine Mehrheit der Mandate im Parlament erringen würden. Auf der anderen Seite nehmen wir auch zur Kenntnis, dass diese Mehrheit einen Sitz verloren hat. Ein Ausweg aus diesem Dilemma habe ich darin gesehen, diese Mehrheit zu erweitern. Dazu kamen theoretisch drei Partner in Frage. Zunächst die CSP, wobei wir aber da ein Problem der Glaubwürdigkeit gehabt hätten – nach der vergangenen Legislaturperiode, den vielen Vorwürfen und dem sehr intensiven Wahlkampf. Deshalb erschien uns und unseren Gremien eine Koalition mit der CSP als nicht denkbar. Als Zweites wäre die Möglichkeit da gewesen, Vivant mit ins Boot zu holen. Sie können sich aber sicherlich vorstellen, dass wir daran nicht mehr als eine Sekunde gedacht haben. Es blieb die Möglichkeit übrig, den Versuch zu unternehmen, die Mehrheit um einen vierten Partner Ecolo zu erweitern. Im Auftrag unserer Gremien habe ich Freddy Mockel kontaktiert und gefragt, ob wir Verhandlungen dazu führen könnten. Relativ schnell hat man mir mitgeteilt, dass man nicht bereit sei, eine Vierer-Koalition einzugehen, sondern nur eine Dreier-Koalition.“

Freddy Mockel, Spitzenkandidat von Ecolo: „Das war die schnellste Regierungsbildung, die Belgien je gesehen hat. Es ist enttäuschend und schade, wie hier vorgegangen wurde, weil man sich dazu entschlossen hat, weiterzumachen, obschon die Verluste groß sind. Dass wir keine Viererkoalition unterstützen wollen, haben wir bereits im Wahlkampf gesagt. Ich habe darauf mein Wort gegeben, und auf so etwas Grundsätzliches komme ich nicht mehr zurück. Wie es danach gelaufen ist, war es aber noch lächerlicher. Zunächst gab es eine SMS vom Ministerpräsidenten. Und dann gab es einen telefonischen Kontakt, als die Mehrheitspartner bereits in der letzten Verhandlungsrunde waren. Das Einzige, was da noch zählte, war die Frage, ob wir in eine Viererkoalition einsteigen, in der wir zahlenmäßig nicht benötigt wurden. Die drei anderen Parteien hatten praktisch alles fertig verhandelt. Ich finde es absolut unseriös, wenn ein Ministerpräsident so die Zukunft der DG gestalten möchte. Die Mehrheit ist so knapp bestätigt worden, dass der kleinste Koalitionspartner die Ehre an sich hätte haben sollen und in die Opposition gehen sollte. Ecolo wird weiter kritische, aber konstruktive Opposition machen. Die Koalition wird das durchziehen bis 2024, man war sich ja schon vor den Wahlen einig, auch wenn dann noch eine Alibi-Rundfrage bei Ecolo gemacht worden ist. Jetzt hat es für die Mehrheit noch gereicht, aber wir werden dafür sorgen, dass es in fünf Jahren nicht mehr reicht.“

Ministerin Isabelle Weykmans (PFF): „Wir wollen weiter ein verlässlicher Partner in der Mehrheit sein und dazu beitragen, dass sich Ostbelgien gut entwickelt.“

Minister Harald Mollers (ProDG): „In der Politik gibt es eine wichtige Währung, und das ist Vertrauen. Wir haben in den letzten Jahren sehr vertrauensvoll miteinander gearbeitet, und ich freue mich darüber, dass wir das auch in den nächsten fünf Jahren tun können. Ich bedauere es, dass Ecolo nicht bereit war, der Koalition beizutreten.“

Minister Antonios Antoniadis (SP): „Wir haben Edmund Stoffels auch gefragt, ob er Parlamentspräsident werden möchte. Er hat aber abgelehnt, unter anderem auch, weil er einen unbezahlten Sonderauftrag bekommt, um die Ausgestaltung der neuen Kompetenzen Raumordnung, Wohnungswesen und Teile der Energiepolitik voranzutreiben.“

Der neue Parlamentspräsident Karl-Heinz Lambertz: „Ich erlebe diesen Morgen hier aus einer ganz besonderen, persönlichen Perspektive. Ich habe nach einem halben Jahrhundert aktiver Arbeit in der Ostbelgienpolitik, nach neun Wahlen und acht Koalitionsverhandlungen beschlossen, 2024 nicht mehr anzutreten. Warum mache ich überhaupt weiter? Dafür gibt es einen ganz einfachen Grund, den ich auch vor den Wahlen erwähnt habe: Ich bin der festen Überzeugung, dass die Erfahrung, die ich in diesem halben Jahrhundert habe sammeln können, auch und vielleicht gerade für die nächsten Jahre eine gewisse Bedeutung hat.“

ProDG-Co-Vorsitzende Lydia Klinkenberg: „Nachdem uns mitgeteilt wurde, dass eine Vierer-Koalition mit Ecolo nicht möglich sein würde, haben wir die Gespräche mit den beiden Partnern SP und PFF beschleunigt, weil wir zu dieser Konstellation keine andere Alternative mehr gesehen haben – vor dem Hintergrund, dass wir unbedingt unserem Wort treu bleiben wollten.“

SP-Präsident Matthias Zimmermann: „Die SP geht in die Koalition mit einem ganz bestimmten Ziel vor Augen: Wir wollen inhaltlich noch sehr viel in der DG umsetzen. Die Grundlage ist das Regionale Entwicklungskonzept.“

PFF-Präsidentin Kattrin Jadin: „Wir haben eine Wahlniederlage eingesteckt. Wir sind das schwächste Glied in der Mehrheit sowie die schwächste Fraktion im Parlament.“

Kommentare

  • Jetzt bleibt nur zu hoffen, sie einen, warum nicht zwei, -unnötigen und irrationalen- Ministerposten streichen.

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