Perfekt unperfekt: ZFP-Schüler und Grafikdesignerin machen gemeinsame Sache


Marianne Frankens Schüler lernen langsamer und manches gar nicht. Ihre Jobaussichten sind bereits jetzt festgelegt. Schon bald werden die Meisten von ihnen eine wichtige Aufgabe in einer Tages- oder Werkstätte für Menschen mit Beeinträchtigung übernehmen, so auch Cédric. Er ist 21 Jahre alt und wird demnächst ins Berufsleben entlassen. Und darauf ist der junge Mann bestens vorbereitet.

Gerade klebt er kleine Geschenkanhänger auf Schachteln aus Kraftkarton. Darauf steht in pinker Schrift: „Von Herzen“. Sobald er einen aufgeklebt hat, gibt er die Schachtel an seinen Mitschüler rechts von ihm weiter, der den nächsten Arbeitsschritt übernimmt, sodass am Ende eine fertige Geschenkschachtel entsteht, zum Beispiel für Gutscheine. Die aktuelle Produktion umfasst drei verschiedene Modelle: zwei Glückwunschkarten und eine Geschenkschachtel.

Jeder Schüler macht, was er am besten kann.

Entworfen hat sie Grafikdesignerin Ah-Young Betsch aus Kettenis, die auch bei der Umsetzung mithilft. Der Kontakt kam vor ein paar Monaten zustande, erzählt Marianne Franken: „Ich habe damals in der Zeitung einen Artikel über Ah-Young gelesen und war beeindruckt von ihrer Arbeit. Ich habe sie kontaktiert und sie war direkt begeistert von meinem Vorschlag, ein gemeinsames Projekt in Angriff zu nehmen.“ Vor einiger Zeit haben die Schüler die Grafikdesignerin in ihrem Atelier in Kettenis besucht, gemeinsam mit ihr alle benötigten Einzeltteile ausgestanzt und sie nach dem sogenannten Letterpress-Verfahren bedruckt – ein Druckverfahren, bei dem das Papier geprägt wird. Jetzt geht es ans Eingemachte: Alles muss zusammengebastelt werden.

Jeder Schüler führt genau einen Arbeitsschritt durch, immer und immer wieder. Zwischendurch wird getauscht, so verhindert die Lehrerin, dass die Konzentration nachlässt. Mit jeder Karte geht den Schülern die Arbeit leichter von der Hand. Das erfüllt Franken mit Stolz. „Und wenn ich sehe, dass ein Schüler mit seiner Aufgabe nicht gut zurechtkommt, dann bekommt er eine andere.“ So einfach. Im Klassenzimmer der 42-Jährigen macht nämlich jeder, was er am besten kann. Und Stärken haben ihre Schüler reichlich zu bieten.

Albin ist besonders flink im Abziehen der Schutzfolie von kleinen, doppelseitigen Klebepünktchen. Sein Mitschüler Noah kommt mit dem nächsten Arbeitsschritt kaum hinterher. Dafür hat wohl kein anderer im Raum ein so gutes Fingerspitzengefühl wie der 16-Jährige. Akribisch positioniert er das Quadrat aus weißem Natur-Baumwollpapier mittig auf den braunen Kraftkarton, überprüft noch einmal und drückt dann fest. „Er ist ein Perfektionist“, sagt Marianne Franken. Noah grinst breit, das heißt wohl, dass ihm das Lob seiner Lehrerin gefällt.

<p>Cédric hält stolz die drei Kartenmodelle in die Kamera.</p>
Cédric hält stolz die drei Kartenmodelle in die Kamera.

Die Lehrerin überprüft die allermeisten Arbeitsschritte nochmal. Hier und da passieren Fehlerchen, nicht immer ist alles perfekt. So wie gerade bei Cédric, der übers Quasseln wohl die Konzentration verloren hat. „Das ist ja schief und scheel“, rüffelt die 42-Jährige ihn. Cédric rümpft die Nase und fasst sich mit einem verschmitzten Lächeln an den Kopf. „Das stimmt“, räumt er ein und rückt das fliederfarbene Papierfähnchen auf der halbfertigen Glückwunschkarte zurecht.

Um kleinere Missgeschicke möglichst zu vermeiden, hat die Lehrerin jeden Arbeitsschritt so vorbereitet, dass ihren Schülern die Umsetzung möglichst leicht fällt. So hat sie beispielsweise Schablonen aus dicker Pappe gebastelt, in die die Karten zunächst eingelegt werden. Eine zweite Schablone sorgt dafür, dass jeder Bestandteil der Glückwunschkarten an der immergleichen Stelle aufgeklebt wird. „Den Schülern einen visuellen und räumlichen Rahmen stecken“, nennt sie das. So sieht – im Prinzip – jede Karte gleich aus. Trotzdem kann es passieren, dass hier und da eine Glückwunschkarte optisch aus der Reihe tanzt. Das macht die Karten zu etwas Besonderem. So besonders wie die Schüler, die sie hergestellt haben.

Bislang haben die Schüler Selbstgemachtes im Lehrerzimmer verkauft.

Regelmäßig stecken Lehrer im Vorbeigehen neugierig die Nase in Marianne Frankens Klassenzimmer. „Ich bin immer ganz begeistert, sie macht so tolle Sachen mit den Schülern“, schwärmt eine.

Bislang haben die Schüler ihre Schätze ausschließlich im Lehrerzimmer verkauft. Das soll sich nun ändern: 150 Exemplare je Modell haben sie produziert und diese sollen nun auch außerhalb der Schule verkauft werden. Mit dem Erlös möchten die Schüler einen mehrtägigen Ausflug auf einen pädagogischen Bauernhof finanzieren.

Die Glückwunschkarten kosten 2,80 Euro pro Stück, die Geschenkverpackung gibt es zum Preis von je 3,50 Euro. Erhältlich sind sie bei Binckom (Aachener Straße 81), Zeitschriften Lollipop (Auf’m Bach 15) und bei Allerlei (Paveestraße 31) in Eupen.

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