Pascal Arimont: „Unsere Landwirte sind systemrelevant“

<p>Pascal Arimont im Plenarsaal des EU-Parlamentes</p>
Pascal Arimont im Plenarsaal des EU-Parlamentes | Foto: EU-Parlament

Der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont (CSP-EVP) bewertet das Ergebnis in Hinblick auf die Situation in Ostbelgien als „ausgewogen“: „Zwar hat das Parlament sich nicht mit allen Forderungen durchsetzen können, aber das Resultat schafft Planungssicherheit für unsere Landwirte, denn die Einigung wird es ihnen in Zukunft weiter ermöglichen, wirtschaftlich zu arbeiten. Trotz ehrgeiziger neuer Anforderungen in Bezug auf den Klima- und Umweltschutz wurde dieser Ausgleich erreicht“, so Arimont.

„Das Parlament hat dafür gesorgt, dass die Anforderungen in Bezug auf den Umweltschutz mit den sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnissen der Landwirte vereint wurden. Für mich war wichtig, dass die Vorgaben für die Landwirte berechenbar bleiben. Wenn wir für die Bauern eine Zukunft bei uns wollen, dann muss sich die harte Arbeit lohnen. Denn davon hängt ab, ob wir auch morgen noch hochwertige Lebensmittel aus der eigenen Region auf dem Teller oder im Glas haben. Wenn Anforderungen zu unrealistisch gestaltet werden, wie von einigen gefordert, verstärken wir nur unsere Abhängigkeit von Importen von außerhalb der EU oder überlassen riesigen Agrarfirmen, z.B. aus Südamerika, das Feld, anstatt unsere kleinen familiären Betriebe zu unterstützen. Ich habe immer wieder betont, dass unsere kleinen landwirtschaftlichen Betriebe mindestens genauso systemrelevant für uns sind wie man das oft von den Banken behauptet. Und das berücksichtigt diese Reform zum Glück auch“, erklärt der EU-Abgeordnete.

„Dabei bleibt es beim Kampf gegen den Klimawandel natürlich wichtig, dass auch die Landwirtschaft einen Beitrag leistet. So sollen in Zukunft 35 Prozent der Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums und 25 Prozent der Säule der Direktzahlungen, das sind insgesamt 48 Milliarden Euro, an ökologische und umweltpolitische Maßnahmen gebunden werden. Landwirte werden Prämien erhalten, wenn sie sich an so genannten ‚Öko-Regelungen‘ beteiligen. Als ein Beispiel für solche ‚Öko-Regelungen‘ wird von der Kommission die Weidehaltung genannt, die bei uns in Ostbelgien stark praktiziert wird. Effektiver Klimaschutz geht in diesem Sinne nur mit den Landwirten – durch konkrete Anreize – und nicht gegen sie“, so Arimont. „In Bezug auf den Umweltschutz und einen fairen globalen Wettbewerb fordern wir als Parlament, dass die Gesundheits- und Umweltstandards der EU auch auf eingeführte Agrarerzeugnisse und Lebensmittel angewendet werden. Bis spätestens Juni 2022 soll die EU-Kommission dazu eine Bewertung abgeben. Für uns als Parlament ist klar, dass wir nur mit denjenigen Staaten handeln sollten, die den gleichen Anforderungen genügen wie die Europäische Union, alles andere würde zu unlauterer Konkurrenz führen“, macht Arimont deutlich.

„Zudem soll durch die neue GAP der familiäre landwirtschaftliche Betrieb, wie wir ihn in Ostbelgien kennen, stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Diese Betriebe sollten das Modell sein – nicht der Agrarriese, der keinen Bezug mehr zu den Tieren und der Arbeit auf dem Feld hat. Über 90 Prozent der europäischen Bauernhöfe werden aktuell tatsächlich noch als Familienbetriebe aufgeführt. In diesem Sinne hat das Parlament sichergestellt, dass eine Umverteilung der GAP-Mittel von größeren auf kleinere Betriebe erfolgt. Mitgliedstaaten sollen zum Beispiel mindestens zehn Prozent der Direktzahlungen für die Umverteilung an kleinere Betriebe vorsehen oder andere Methoden einsetzen, um die EU-Mittel gerechter zu verteilen. Sie können auch einen Mechanismus einführen, um die jährlichen Direktzahlungen an Landwirte auf 100.000 Euro zu begrenzen oder ab 60.000 Euro progressiv zu senken. So sollen Mittel, die aktuell an Landwirte mit sehr viel Land fließen, gedeckelt werden und es bleibt mehr Geld aus dem Topf für Betriebe übrig, die es wirklich zum Wirtschaften brauchen“.

„Ebenfalls wird zum ersten Mal der Begriff des ‚aktiven Landwirten‘ in den Texten definiert. Das war auch etwas, das das Parlament durchgeboxt hat. Die Mitgliedstaaten sollen demnach nur die Landwirte unterstützen, die ein Mindestmaß an landwirtschaftlicher Tätigkeit ausüben. Ein weiterer wichtiger Punkt für das Parlament war die Krisenreserve. Diese wird zur Unterstützung der Landwirte bei Preis- oder Marktschwankungen als Instrument mit einem jährlichen Budget von mindestens 450 Millionen Euro dauerhaft eingerichtet“, so Arimont weiter.

„Ein weiterer wichtiger Punkt, der durch die Reform angegangen werden soll, ist die Förderung junger Landwirte. Wir brauchen in dem Sektor unbedingt junge Leute, um die Zukunft unserer landwirtschaftlichen Produktion in Europa zu sichern. Mindestens drei Prozent des Budgets für Direktzahlungen eines Mitgliedstaates muss daher von nun an für Maßnahmen zur Unterstützung von Junglandwirten ausgegeben werden. Das ist aber eigentlich noch nicht ambitioniert genug, denn wir haben es wirklich mit einer besorgniserregenden Generationenkluft in diesem Bereich zu tun. Fast ein Drittel der Betriebsleiter in den europäischen Familienbetrieben ist 65 Jahre oder älter. In der Wallonie sind nur sechs Prozent der Landwirte jünger als 35 Jahre. Innerhalb von 25 Jahren ist dort die Hälfte der Landwirte und der landwirtschaftlichen Betriebe verschwunden. Die Wallonische Region kann in diesem Sinne auch deutlich mehr Unterstützung vorsehen, was ich für absolut notwendig halte“, fordert Arimont.

Die neuen GAP-Vorschriften sollen ab dem 1. Januar 2023 gelten. Belgien wird voraussichtlich etwas mehr als 3,6 Milliarden Euro an Direktbeihilfen für Landwirte und 647,4 Millionen für die Entwicklung des ländlichen Raums erhalten. „Durch die Reform liegt die Verantwortung noch stärker als zuvor bei den Mitgliedstaaten selbst. In Belgien müssen die für Landwirtschaft zuständigen Regionen mit ihren Strategieplänen die Leitlinien für die Umsetzung der GAP festschreiben. Bis zum 31. Dezember muss die Wallonische Region ihre Pläne bei der EU-Kommission einreichen, die diese dann validieren muss. Das ist immer noch nicht geschehen. Es ist aber wichtig, dass die Landwirte bei uns vor Ort vorab transparent und offen über die Ausrichtung ihrer Landwirtschaftspolitik informiert werden, zum Beispiel was die geförderten ‚Öko-Regelungen‘ angeht, für die man Prämien erhält. In Flandern und Frankreich liegt dieser Plan bereits vor. Hier drängt also die Zeit und die Wallonische Region steht mehr denn je in der Verantwortung“, so der ostbelgische EU-Abgeordnete. (red/sc)

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